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Länderberichte

Krise in Bolivien und 3. Kabinettsumbildung der Regierung Banzer

von Dr. Hildegard Krüger
Vor dem Hintergrund der sozialen Unruhen, die in Bolivien vor wenigen Wochen ausbrachen und zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen "campesinos" und dem Militär - mit 5 Toten und 42 Verletzten auf beiden Seiten - führten und den Staatspräsidenten veranlaßten, den Ausnahmezustand auszurufen, fand am 25. April die dritte Kabinettsumbildung der Regierung Banzer statt.

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Wenngleich bis zur letzten Minute ein Wechsel dementiert wurde und Banzer noch am 21. April offiziell bekannt gab, daß von einer Regierungskrise keine Rede sei, wurde er am 24. April durch den Außenminister Murillo mit der Tatsache konfrontiert, daß sein gesamtes Kabinett zurückgetreten war.

Die politische Krise hatte sich seit Jahresbeginn langsam aber sicher zugespitzt und gipfelte nun, als die Polizei wegen miserabler Bezahlung den Aufstand probte und das Militär eingesetzt wurde, um den von keiner Seite respektierten Ausnahmezustand einzuhalten. Nicht nur von der Opposition, die sogar Banzers Rücktritt wegen Unfähigkeit verlangte, sondern auch aus Regierungsreihen wurde sein Vorgehen scharf kritisiert.

Verantwortlich für das Chaos wurde in der Öffentlichkeit der Finanzminister, die Minister für Wirtschaftliche Entwicklung und Außenhandel und vor allem der Innenminister gemacht. Unter dem starken Druck seiner beiden noch verbleibenden Koalitionspartner MIR und UCS bildete Banzer sein Kabinett am 25. April um, mit dem Hinweis, daß er eine neues, schlagkräftiges Team für die zweite Hälfte seiner Regierungszeit, die im Februar unter schlechten Vorzeichen angebrochen ist, brauche.

Es ist bekannt, daß Präsident Banzer kein großer Freund von personellen Veränderungen in seiner Umgebung ist. Dies ist auch der Grund dafür, daß vieles beim Alten blieb: Für die sozialen Unruhen wurden der Verteidigungsminister Jorge Crespo (MIR) und der parteiunabhängige Finanzminister Herbert Müllerverantwortlich gemacht. Beide mußten gehen.

Gleichfalls gehen mußte der Minister im Präsidialamt Franz Ondarza (ADN), ein alter Weggefährte Banzers. Er wurde durch den Innenminister Walter Guiteras ersetzt, der öffentlich um eine Versetzung gebeten hatte. Als neuer Innenminister fungiert nun Guillermo Fortún (ADN), ehemaliger Vizeminister für Parlamentsangelegenheiten und führender Kopf der ADN-Traditionalisten. Das Verteidigungsministerium wurde mit einem ADN-Anhänger besetzt: General im Ruhestand Oscar Vargas Lorenzetti, während der erst kürzlich ernannte Minister für Kommunikationswesen und ehemaliger Bürgermeister von La Paz, Ronald MacLean (ADN), nun dem Finanzministerium vorsteht. Die restlichen Minister wurden in ihren Ämtern bestätigt. Von den insgesamt 15 Ministerien besetzt z. Zt. ADN 8, MIR 5 und UCS 2.

In 32 Monaten Regierungszeit hat Präsident Banzer es insgesamt auf 31 Minister gebracht, davon gelten der Außen- und Erziehungsminister bereits als Kabinettfossilien, da beide seit dem 6. August 1997 an dazu gehören.

Kaum waren die neuen Amtsinhaber in ihren Ämtern bestätigt, als bereits die ersten Stimmen der Unzufriedenheit der Koalitionspartner MIR und UCS laut wurden, die stärkere Machtanteile beanspruchen. Jaime Paz Zamora (MIR) beharrte öffentliche darauf, für seine Partei die Präsidentschaft des Senats, die z. Zt. von ADN besetzt ist, zu bekommen. Gleichzeitig machte der Generalsekretär des MIR deutlich, daß es an der Zeit ist, die Präfekten auszutauschen und schlug eine kollektive Niederlegung der Ämter vor.

Nur so würde der Präsident in Zusammenarbeit mit seinen Koalitionspartnern entsprechende Reformen in den Regionen durchführen können, argumentierte er. Es ist bekannt, daß Jaime Paz Zamora bereits im Hinblick auf das Jahr 2002 eine mehr oder weniger verdeckte Wahlkampagne führt und sich aus dem Dunstkreis Banzers und seiner Partei entfernen will. Die Besetzung der Präfekturen Chuquisaca, Potosí und Tarija würde ihm im Landesinneren zahlreiche Stimmen sichern.

Der Parteivorsitzende der UCS kündigte an, er hoffe, im August die Präsidentschaft der Abgeordnetenkammer, einige Vizeministerien und ebenfalls einige Präfekturen besetzen zu können, schließlich wisse der Präsident, daß sich seine Partei jederzeit aus der Koalition zurückziehen könne. Diese Drohung dürfte ihre Wirkung nicht verfehlen, da die UCS inzwischen über die Regierbarkeit der einstigen Megakoalition entscheidet.

Auch die Opposition äußerte sich kritisch gegenüber dem neuen Kabinett, das sich entgegen den Erklärungen der Regierung weiterhin überwiegend politisch zusammensetzt und in dieser Form die gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes nicht lösen wird können. Die Kabinettsumbildung wurde nicht als positives Zeichen für die von Banzer für die 2. Halbzeit seiner Regierung proklamierte Politik "weg von Projekten, hin zu Taten" gewertet. Einen effektiven Kampf gegen Armut wird es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geben.

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