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Länderberichte

Reaktionen aus Peru nach gescheitertem Rückkehrversuch Fujimoris

von Dieter Konold
Lange hatte der im selbstgewählten japanischen Exil weilende Ex-Präsident Alberto Fujimori seine Rückkehr nach Peru angekündigt. Zumindest bis ins Nachbarland Chile ist er nun gekommen. Dort erfolgte seine Verhaftung. In Peru sind die Reaktionen darauf gespalten.

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Die Nachricht von der überraschenden Ankunft des ehemaligen peruanischen Präsidenten Alberto Fujimori in Chile und seiner anschließenden Festnahme löste durchaus unterschiedliche Reaktionen in Peru aus. Während sich nach Bekanntwerden der Ereignisse einige hundert Menschenrechtler vor der chilenischen Botschaft in Lima versammelten, um die sofortige Auslieferung des Ex-Diktators zu fordern, fand im Zentrum eine Kundgebung von Fujimori-Anhängern statt. Auch aus anderen Städten des Landes wurden spontane Sympathie-Bekundungen für den Rückkehrer gemeldet. Wieder einmal wird deutlich, wie uneinheitlich der Blick der Peruaner auf ihre jüngste Geschichte ist und welche Gräben sich auftun, sobald das Thema der Vergangenheitsbewältigung auf die Tagesordnung kommt. Das zeigt sich in der Beurteilung der Wahrheitskommission und ihrer Ergebnisse, im Umgang mit deren Vorsitzendem und auch jetzt im Fall des lange flüchtigen Fujimori. Der zwischen 1990 und 2000 amtierende Präsident war vor fünf Jahren nach Japan - das Heimatland seiner Eltern – geflohen, um der drohenden Strafverfolgung zu entgehen. Insgesamt 20 Verfahren wegen Menschenrechtsverbrechen und Korruption sind gegen Fujimori anhängig, darunter die Anklage, für die Ermordung von 25 Menschen durch Todesschwadronen Anfang der neunziger Jahre verantwortlich zu sein. Trotz des Verbots, sich bis zum Jahr 2011 politisch zu beteiligen, hatte Fujimori bereits in den letzten Monaten angekündigt, für die Präsidentschaftswahlen im kommenden April zu kandidieren und zu diesem Zweck nach Peru zurückzukehren. Am vergangenen Sonntag, dem 6. November 2005, wurde Fujimori in einem Hotel in Santiago de Chile festgenommen. Zuvor war er über die USA und Mexiko eingereist und hatte sich bereits zwölf Stunden in der chilenischen Hauptstadt aufgehalten hatte – unbehelligt von Interpol, die ihn mit internationalem Haftbefehl suchen ließ. Die Reaktion der peruanischen Verantwortlichen ließ nicht lange auf sich warten. Noch vor der Verhaftung des Gesuchten erging ein Auslieferungsantrag an die chilenischen Behörden. Am folgenden Tag machte sich eine hochrangige Delegation, angeführt von Innenminister Pizarro und dem in Korruptionsfragen zuständigen Prozessbevollmächtigten Maldonado, auf den Weg in das Nachbarland, um die Auslieferung voranzutreiben. Nicht nur in der politischen Klasse besteht die Befürchtung, um die Überstellung des Verhafteten an die peruanische Justiz könne ein ähnlich zähes Ringen bevorstehen wie in anderen Fällen, in denen Chile eine schnelle Auslieferung nicht zuließ. Nicht zuletzt wegen der anstehenden Endphase sowohl des chilenischen als auch des peruanischen Wahlkampfs wäre ein langwieriges Verfahren aber einem späteren Prozess wenig zuträglich und politisch äußerst problematisch. Schon werden Stimmen laut, denen zufolge allein die physische Nähe des ehemaligen Diktators eine Bedrohung für das demokratische System in Peru darstellen könnte. Derartige Befürchtungen mögen übertrieben sein, sollten aber angesichts des starken Rückhalts, den Fujimori nach wie vor in Teilen der Bevölkerung genießt, durchaus ernst genommen werden. Ein Präsidentschaftskandidat Fujimori könnte mit ungefähr 20 Prozent der Stimmen rechnen. Einer Umfrage der Universidad de Lima zufolge kommen die drei Fujimorista-Parteien in Lima zusammen auf 16 Prozent und vereinigen damit mehr Stimmen auf sich als jede andere Gruppierung. Inzwischen haben die drei Parteien angekündigt, sich zusammenzuschließen und bei den Wahlen als Bündnis anzutreten. Eine solche Allianz besitzt das Potenzial, im nächsten Kongress einen nicht zu unterschätzenden Machtfaktor darzustellen. Hinzu kommt, dass die Unterstützung für Fujimori in den Provinzen noch höher einzuschätzen ist als in der Hauptstadt. Der Grund hierfür liegt in den unbestreitbaren Verbesserungen, mit denen seine Amtszeit für Teile der Landbevölkerung einherging. Neben der ökonomischen Erholung, die die ersten Jahre der Regierung Fujimori kennzeichnete – insbesondere der erfolgreiche Kampf gegen die Hyperinflation – verbinden viele Menschen die Person Fujimori bis zum heutigen Tag mit dem Ende des Terrorismus und dem Beginn eines besseren Lebens. Das gilt in besonderem Maße für das Landesinnere, wo die Bevölkerung am meisten unter dem Terror des Leuchtenden Pfades zu leiden hatte. Angesichts dieser Spaltung des Landes erscheint es um so wichtiger, dass sich die gemäßigten Parteien jetzt geschlossen um eine zügige Auslieferung und einen sauberen Prozess im Anschluss bemühen. Der Verzicht auf Profilierungsversuche in dieser Angelegenheit mag in Zeiten des Wahlkampfs schwer fallen. Ein demokratischer Konsens wäre aber das beste Mittel, Fujimori die Möglichkeit zur Selbstdarstellung zu entziehen und seiner Bewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Spätestens die Wahlen werden zeigen, ob mit der Verhaftung des Ex-Diktators ein Märtyrereffekt einsetzte, der sich in starken Stimmengewinnen für die Fujimoristas niederschlägt, oder ob nun engültig das letzte Kapitel der Ära Fujimori begonnen hat und Peru einer ruhigeren Zukunft entgegensieht.

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Sebastian Grundberger

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Direktor Regionalprogramm Parteiendialog und Demokratie /Länderprogramm Uruguay

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