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Länderberichte

Robert Jackson wechselt zu Labour

von Thomas Bernd Stehling

In Zentrum seiner Kritik steht die immer feindseliger gewordene Europakritik der Konservativen

Der britische Unterhausabgeordnete Robert Jackson, seit 1979 für die Konservativen im Parlament, hat Fraktion und Partei verlassen und die Aufnahme bei Labour beantragt. In einem ersten Telefongespräch hat ihn Premierminister Blair in seiner Partei willkommen geheissen und Jackson als einen „anständigen und fairen“ Mann gepriesen, der über die Parteigrenzen hinaus Respekt und Anerkennung genießt.

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Die Tories versuchen, den Wechsel herunterzuspielen und verweisen darauf, daß Robert Jackson ohnehin seine politische Arbeit praktisch beendet habe und bei den anstehenden Wahlen zum Unterhaus nicht mehr kandidieren werde.

Gleichwohl ist die Entscheidung des gebildeten und weltläufigen Parlamentariers, der mit der britischen Europaabgeordneten Caroline Jackson verheirat ist, ein Schlag für Michael Howard. Sie überschattet die Präsentation der steuerpolitischen Vorschläge mit der Ankündigung von Steuersenkungen im Falle eines Tory-Wahlsieges. Sie verstärkt den Eindruck, daß Tony Blair trotz des dramatischen Ansehens- und Glaubwürdigkeitsverlustes, den er aus innenpolitischen Gründen, vor allem aber wegen seiner Irak-Politik erlitten hat, gegenwärtig ohne Alternative ist.

Wenn Jackson sagt, er glaube die Interessen des Landes bei Blair in besseren Händen, als bei Michael Howard, gibt er damit eine verbreitete Stimmung wieder, die sich auch in allen Meinungsumfragen niederschlägt. Jackson ist im Grunde genommen zu Blair übergelaufen, nicht zu Labour, die als Partei nur noch ein Instrument der Machtausübung des Premierministers ist und ein eigenständiges Profil weitgehend verloren hat.

Gegen Blair´s Charisma, Führungskraft und Ausrichtung auf eine Politik der Mitte rennen die Tories seit dem Verlust ihrer Macht unter John Major mit immer neuen Vorsitzenden und Konzepten an, und es sieht nicht so aus, als ob ihnen nach zwei desaströsen Wahlniederlagen mehr Zustimmung beschieden sein wird, wenn voraussichtlich im Mai die britischen Wähler ihr Votum abgeben werden. Nach jüngsten Umfragen droht ihnen das schlechteste Ergebnis seit 1906 und damit noch größere Verluste als 1997, das als „Blutbad“ in die Tory-Geschichte eingegangen ist.

Robert Jackson hat seit langem seine Partei dafür kritisiert, daß sie zu vordergründig auf vermeindlich populäre Alternativen zur Regierungspolitik setze, ohne dabei ein konsistentes Konzept zu haben. Der frühere Bildungsminister unter Magaret Thatcher hat es als vollständig verantwortungslos angesehen, daß die Tories der auch in den Reihen von Labour höchst unpopulären Entscheidung der Regierung Blair, die Studiengebühren an den Universitäten zu erhöhen, die Ankündigung entgegenstellten, unter ihrer Regierung würden Studiengebühren ganz abgeschafft.

Im Zentrum der Kritik von Jackson aber steht die Europapolitik der Konservativen. In der Begründung seines Parteiwechsels sagt er, die Haltung der Konservativen zu Europa sei über die Jahre hinweg immer feindseliger geworden. Dies schade britischen Interessen, wenn es zur Regierungspolitik würde. Michael Howard habe bereits angekündigt, unter einer konservativen Regierung würde man einseitig Abkommen in der EU aufkündigen. Das könnte – so Jackson – zu einer verhängnisvollen Krise im Verhältnis zu den übrigen Partnern in Europa und letztlich zu einer Aufkündigung der britischen Mitgliedschaft in der EU führen.

Werdegang und Interessen machten Robert Jackson von vorn herein unempfänglich für nationalistische Töne, wie sie – heute vielleicht mehr, als noch unter Thatcher und Major - die Rhetorik der Tories bestimmen. Geboren in Rhodesien, erzogen in Oxford, wo er Fellow am All Souls College wurde, empfand er früh die Faszination der Idee eines geeinten Europas. Sie brachte ihn in die Politik und später in das Europäische Parlament. Seit Anbegin gehörte er zum Kreis der deutschen und britischen Parlamentarier, die sich auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung in jedem Jahr in Cadenabbia treffen. Dort bereicherte er abendliche Runden mit deutschen Gedichten und Liedgut – gleiches könnte er mit französischer Literatur tun. Eine jüngst erworbene Wohnung in Paris und regelmäßige Reisen in Deutschland, wo er als völlig unkomplizierter und stets unterhaltsamer Gast bei vielen Freunden willkommen ist, helfen, seine Neigungen und Interessen zu realisieren.

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