Der Sturz Srettha Thavisins und der Aufstieg von Paetongtarn Shinawatra
Im Mai reichte eine Gruppe ehemaliger, vom Militär ernannter Senatoren eine Petition beim Verfassungsgericht ein, in der sie die Amtsenthebung von Premierminister Srettha Thavisin von der regierenden Pheu-Thai-Partei (PTP) forderten. Der Antrag bezog sich auf die Entscheidung von Premierminister Srettha, einen Minister zu ernennen, der zuvor wegen Korruption verurteilt worden war und 2008 eine Haftstrafe verbüßte. Der in der Öffentlichkeit unbekannter Minister war zudem ein enger Mitarbeiter des ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra. Das Verfassungsgericht akzeptierte den Antrag Ende Mai, sah allerdings davon ab, Srettha Thavisin sofort von seinen Aufgaben zu suspendieren.[1] Am 14. August enthob das Gericht ihn nun seines Amtes mit der Begründung, dass es dem Premierminister an Aufrichtigkeit fehle und er mit der Ernennung einer strafrechtlich verurteilten Person ethische Standards verletzt.[2] Das Urteil führte zur sofortigen Auflösung seines Kabinetts und zu einer umgehenden Abstimmung im Parlament über seine Nachfolge. Die Absetzung eines Premierministers, der weniger als ein Jahr im Amt war, weckte erhebliche Sorgen um die politische Stabilität in Thailand.
Am 16. August wurde die 37-jährige Paetongtarn Shinawatra, Tochter des ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra, zur 31. Premierministerin gewählt. Sie ist Thailands jüngste Premierministerin, und die zweite weibliche Premierministerin nach ihrer Tante Yingluck Shinawatra, die 2014 durch einen Militärputsch gestürzt wurde.[4] Paetongtarn ist ein neues Gesicht in der thailändischen Politik. Sie gab ihr Debut während des Wahlkampfs 2023 als Anführerin der „Pheu-Thai-Familie“ und als zweite Premierministerkandidatin ihrer Partei. Später wurde sie stellvertretende Vorsitzende des „Soft Power Strategic Committee“, eines 2023 etablierten Regierungsausschusses, und ist inzwischen die Vorsitzende der Pheu-Thai- Partei. Wie ihr Vorgänger, Srettha Thavisin, war Paetongtarn nie Abgeordnete. Stattdessen hatte sie verschiedene leitende Funktionen in den Unternehmen ihrer Familie inne. Sie hat einen Bachelor in Politikwissenschaften und einen Master in Internationalem Hotelmanagement. Kurz nach der Entlassung von Premierminister Srettha trafen sich Berichten zufolge mehrere führende Vertreter der derzeitigen Regierungskoalition in der Villa von Thaksin Shinawatra in Bangkok, was den anhaltenden politischen Einfluss von Thaksin verdeutlicht. In zahlreichen Interviews hat Paetongtarn die beratende Rolle ihres Vaters offen anerkannt. Dies veranlasst Beobachter, ihren Aufstieg an die Macht als ein Wiederaufleben der Shinawatra-Dynastie zu sehen, die trotz zahlreicher Gerichtsverfahren gegen Thaksin und Yingluck sowie der Jahre im Exil ihren Einfluss auf die thailändische Politik nie wirklich verloren hat.Allerdings gibt es zwei Gründe, in Frage zu stellen, wie lange die neue Premierministerin im Amt bleiben kann:
- Politische Unerfahrenheit: Paetongtarns mangelnde politische Führungserfahrung gibt Anlass zu erheblichen Bedenken hinsichtlich ihrer Fähigkeit, effektiv zu regieren, insbesondere in einem für ihre Partei so schwierigem Umfeld. Im Gegensatz zu ihrer Tante Yingluck, die das Amt zu einer Zeit übernahm, als sich die PTP großer Beliebtheit erfreute, und zu ihrem Vater Thaksin, der bereits jahrelange Erfahrung als angesehener Abgeordneter und Parteivorsitzender gesammelt hatte, befindet sich Paetongtarn in einer komplexeren Situation. Sie übernimmt die Führung in einer Zeit, in der ihre Partei mit interner Instabilität in der Regierungskoalition und externen politischen Herausforderungen zu kämpfen hat. Ohne das gleiche Maß an Erfahrung und das Vertrauen der Wähler könnte sich die Führung des Landes für sie als noch komplizierter erweisen. Die Kombination aus persönlicher Unerfahrenheit und parteipolitischen Herausforderungen macht ihren Weg noch steiniger als den ihrer Familienmitglieder.
- Thaksins wachsender Einfluss: Thaksins jüngste politische Verstrickungen könnten die Entlassung seiner Tochter und die mögliche Auflösung der Pheu-Thai-Partei beschleunigen. Seine wachsende Rolle hat Beobachter zu der Frage veranlasst, ob er unrechtmäßigen Einfluss auf die Regierung und Parteien ausübt. Obwohl er vor kurzem begnadigt wurde, ist Thaksin noch immer mit einer Anklage wegen Majestätsbeleidigung (Artikel 112) konfrontiert. Das Majestätsbeleidigungsgesetz wird häufig eingesetzt, um politische Gegner zum Schweigen zu bringen. Politische Kommentatoren vermuten, dass diese Anklage ein Mittel sein könnte, um sowohl Thaksin als auch seine Tochter als politische Geiseln zu halten, mit der Möglichkeit, beide jederzeit von der politischen Bühne zu entfernen.[5]
Diese Faktoren verstärken die Unsicherheit darüber, wie lange Paetongtarn im Amt bleiben kann, zumal sie bereits unter intensiver öffentlicher Beobachtung steht und rechtliche Klagen gegen sie anhängig sind. Zudem sieht sich ihre Regierung einer starken Opposition gegenüber, während die Spannungen innerhalb der Regierungskoalition weiter zunehmen.
Auflösung der Move-Forward-Partei und Gründung der Prachachon-Partei
Obwohl die Move-Forward-Partei (MFP) zunächst die Wahlen im Mai 2023 gewann, war ihr Sieg nur von kurzer Dauer. Nachdem die Partei nicht in der Lage war, eine Regierung zu bilden, wurde der Partei ein Vorschlag zur Änderung von Artikel 112, der zwei Jahre zuvor von 44 Mitgliedern der MFP-Parlamentsfraktion gemacht wurde, zum Verhängnis. Der Vorschlag und die anschließende Wahlkampagne der Partei für die Änderung des Majestätsbeleidigungsgesetzes dienten als Rechtsgrundlage für ihre offizielle Auflösung. Der Artikel 112 soll das Königshaus vor jeder Art von Kritik schützen. In den letzten Jahren hat die Anwendung dieses Artikels stark zugenommen, was zu zahlreichen Verurteilungen von Zivilisten zu langen Haftstrafen führte. Internationale Kritiker hinterfragen, ob die aktive Anwendung des Majestätsbeleidigungsgesetzes gegen internationales Menschenrecht verstößt, insbesondere gegen den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR), den auch Thailand ratifiziert hat.
Im Januar 2024 urteilte das Verfassungsgericht, dass der Vorschlag zur Änderung von Artikel 112 einem Versuch, die Monarchie zu stürzen, gleichkommt. Infolgedessen wurde die MFP im August 2024 als Bedrohung für die konstitutionelle Monarchie und die nationalen Sicherheit eingestuft.[6] Dies führte zu einem zehnjährigen politischen Verbot für elf ihrer Vorstandsmitglieder, darunter Pita Limjaroenrat, dem ehemaligen Parteivorsitzenden und Kandidaten für das Amt des Premierministers. Gegen die 44 Abgeordneten, die den ursprünglichen Änderungsvorschlag einbrachten, ermittelt inzwischen die Nationale Antikorruptionskommission; ihnen droht ein lebenslanges politisches Verbot.
Trotz der Auflösung der MFP lebte der reformistische Ansatz der Partei schnell unter einer neuen Identität wieder auf: der „Prachachon-Partei“ (Englisch: People's Party, PP). Unter der Führung von Natthaphong Ruangpanyawut, der langjährige Erfahrung in der MFP und ihrer Vorgängerpartei (der Future-Forward- Partei) hat, setzt sich die PP weiterhin für Strukturreformen der thailändischen Politik ein. Die neue Partei hat schnell an Fahrt gewonnen: Nur eine Woche nach Gründung traten fast 60.000 Mitglieder bei und die Partei erhielt erhebliche finanzielle Unterstützung (ca. 650,000€).[7] Die eigentliche Herausforderung für die Prachachon-Partei besteht jedoch darin, ob sich diese Unterstützung auch in Wahlerfolgen niederschlägt, insbesondere angesichts der landesweiten Kommunalwahlen, die 2025 anstehen.
Die Parteienlandschaft in Thailand: Seriöse Kompromisse oder fragile Einigung?
Wie der jüngste Machtwechsel in Thailand zeigt, markiert das Jahr 2024 einen weiteren Wendepunkt in einem politischen Kräftemessen, das seit den Wahlen im Mai 2023 öffentlich ausgefochten wird. Wie oben beschrieben, verdeutlicht insbesondere die fragmentierte Parteienlandschaft diesen andauernden politischen Machtkampf.
Obwohl die PTP mehr als zehn Koalitionspartner hat, hatte sie Schwierigkeiten, ein neues Kabinett zu ernennen. Seit Sretthas Amtsenthebung sind die Bedenken hinsichtlich der ethischen Implikationen der Ernennung von Ministern (und jeglichen Regierungspositionen) stark gewachsen. Trotz dieser Schwierigkeiten hat die PTP die Palang-Pracharath-Partei (PPRP) aus ihrer Koalition ausgeschlossen[8] und stattdessen die Demokratische Partei (DP), eine konservative Partei, die als Erzfeind der PTP betrachtet wird, eingeladen, der Regierung beizutreten.[9] Politische Beobachter sehen darin einen zweiten Versuch[10] der PTP, eine Regierung zu bilden, die das breite politische Spektrum mit einschließt. Dies wirft Fragen nach den Prioritäten und der Integrität der Partei auf.
Diese Bereitschaft, sich mit historischen Gegnern zu verbünden, deutet darauf hin, dass der PTP mehr am Machterhalt liegt als an der Wahrung einer konsistenten politischen Identität. Die Koalition mit der DP lässt auch die Erinnerungen an die Konflikte zwischen den Rothemden (pro-demokratisch/pro-Thaksin) und den Gelbhemden (konservativ/ultraroyalistisch) der vergangenen Jahrzehnte wieder aufleben. Die Spannungen gipfelten in der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste der Rothemden 2010. Unter der von der DP geführten Regierung kamen fast 100 Demonstranten ums Leben, was bei Wählern beider Lager für Unzufriedenheit sorgte, als die Neuigkeiten über diese Koalition bekannt wurden. Es ist zu erwarten, dass langjährige Anhänger ihre Unterstützung für beide Parteien zurückziehen werden. Darüber hinaus bleibt das Engagement der DP für die neue Koalition fürs Erste fragil, da einige hochrangige Mitglieder die Zusammenarbeit mit ihren langjährigen Rivalen ablehnen.
Darüber hinaus muss Premierministerin Paetongtarn noch viel beweisen: Jüngsten Umfragen zufolge trauen ihr fast 75% der Befragten nicht zu, dass sie das Land inmitten des starken politischen Drucks ohne die Unterstützung ihres Vaters führen kann.[11] Obwohl die Politik der PTP auf wirtschaftlichen Aufschwung ausgerichtet ist, muss sie ihre Wirksamkeit in einer schleppenden Wirtschaft beweisen. Gleichzeitig muss die Partei versuchen, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen, welches nach wiederholten Koalitionsbildungen quer durch das politische Spektrum verloren ging. Darüber hinaus muss sich die PTP in der sich entwickelnden politischen Landschaft Thailands zurechtfinden und die wachsenden Forderungen nach Strukturreformen erfüllen.
Die konservative, vom Militär dominierte PPRP, die von der Koalition ausgeschlossen wurde, hat mit erheblichen internen Turbulenzen zu kämpfen. Die ehemalige Regierungspartei steht vor großen Herausforderungen, die ihre Stabilität und ihren Einfluss bedrohen. Das Wahlergebnis von 2023 machte den Plan von General Prawit, Premierminister zu werden, zunichte. Darüber hinaus verließ über die Hälfte der Abgeordneten (21 von 40) die Partei, um der PTP-geführten Regierung beizutreten.[12] Dies verdeutlichte die Konflikte zwischen der PPRP und der PTP sowie zwischen General Prawit und Thaksin.
Pirapan Salirathavibhaga von der Ruam-Thai-Sang-Chart-Partei (Englisch: United Thai Nation, UTN), einer weiteren militärisch orientierten Partei, brachte seine Unzufriedenheit sowohl mit der Regierung als auch mit der Opposition zum Ausdruck. Jedoch betrachtet er die Unterstützung der derzeitigen Regierung als das „kleinere Übel“.[13] In der Zwischenzeit hat die konservative Bhumjaithai-Partei (BJT), die von dem Baumogul Anutin Charnvirakul angeführt wird, eine sicherere Position als zweitgrößte Partei in der Koalition. Die BJT bleibt weitgehend frei von internen und externen Konflikten. Es wird vermutet, dass viele der neu gewählten Senatoren enge Verbindungen zur Partei haben, was ihren Einfluss in der politischen Landschaft weiter stärkt.
Die Rolle des Verfassungsgerichts in der thailändischen Politik
In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich das Verfassungsgericht zu einer mächtigen Instanz in der politischen Landschaft Thailands entwickelt. Das Gericht hat vier Premierminister des Amtes enthoben und drei politische Parteien, die zuvor Wahlen gewonnen hatten, aufgelöst. Kritiker sind der Ansicht, dass das Vorgehen des Gerichts ein beunruhigendes Muster aufwirft, in dem nicht gewählte Beamte unverhältnismäßig viel Macht über gewählte Politiker ausüben und damit demokratische Prozesse untergraben.[14] Die jüngste Amtsenthebung von Premierminister Srettha Thavisin und die Auflösung der Move-Forward-Partei haben diese Bedenken verstärkt und eine Debatte über die Rolle des Gerichts und seine Auswirkungen auf die thailändische Demokratie entfacht. Für viele Beobachter ist das Gericht zum mächtigsten Werkzeug geworden, um politische Akteure aktiv zu stärken oder direkt zu schwächen.
Menschenrechtsorganisationen wie Fortify Rights und ASEAN-Parliamentarians for Human Rights (APHR) haben sich alarmiert über das geäußert, was sie als richterliche Übergriffigkeit empfinden. APHR warnte in einer Erklärung vor der Auflösung der MFP, dass die Maßnahmen des Gerichts die Gefahr bergen, in die Vorrechte der Legislative einzugreifen und den Grundsatz der Gewaltenteilung zu missachten.[15] Diese Bedenken werden von 134 Akademikern und Rechtswissenschaftlern geteilt, die in einer gemeinsamen Erklärung die Entscheidungen des Verfassungsgerichts verurteilten und argumentierten, dass Gesetze, die die Rechte des Einzelnen einschränken, eng und mit großer Vorsicht ausgelegt werden sollten. Sie kritisierten, dass die Verfahren des Gerichts nicht den Grundsätzen eines ordnungsgemäßen Verfahrens entsprechen und forderten Reformen, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen des Gerichts mit demokratischen Werten in Einklang stehen.[16]
Darüber hinaus sehen viele Beobachter die Verfassungsrichter, die während des Juntaregimes (2014 – 2019) und der vom Militär dominierten Regierung (2019 – 2023) ernannt wurden, kritisch. Im August richtete iLaw, eine lokale NRO, die sich für Rechtsreformen einsetzt, einen offenen Brief an die Venedig-Kommission des Europarats. Sie forderte diese auf, ihre Teilnahme an einem vom thailändischen Verfassungsgericht veranstalteten Treffen zu überdenken. Die NRO kritisierte, dass das Gericht nicht wie eine unabhängige, sondern eher wie eine politische Instanz agiere, die die Machtstruktur des ehemaligen Juntaregimes stärke.[17] Die jüngsten Urteile führten darüber hinaus zu Forderungen nach Verfassungsänderungen als erstem Schritt zur Lösung der politischen Krise in Thailand. Einige Akademiker bezeichnen die derzeitige Situation als „juristischen Staatsstreich“ und argumentieren, dass Thailand mit einer „Juristokratie“ konfrontiert ist - einem System, in dem die Justizorgane unter dem Einfluss bestimmter politischer Interessengruppen die Macht der Exekutive und Legislative an sich reißen [18]. Auch die neu gegründete Prachachon-Partei, die nach der Auflösung der MFP entstand, schloss sich dieser Meinung an. Nach der Entlassung von Premierminister Srettha brachte die PP ihre Ablehnung des Gerichtsurteils zum Ausdruck und argumentierte, dass Fragen der Ethik und Integrität auf Grundlage des Volkswillens und nicht durch das Gericht entschieden werden sollten. Die Partei betonte die dringende Notwendigkeit, die Verfassung zu ändern, um die Befugnisse des Verfassungsgerichts und anderer sogenannter unabhängiger Organisationen zu überprüfen und möglicherweise einzuschränken.[19] Die Änderung der Verfassung ist jedoch ein komplizierter und langwieriger Prozess. Das Gesetz verlangt, dass mindestens ein Drittel der Senatoren einem Änderungsvorschlag zustimmen muss. Angesichts der jüngsten Senatswahlen hat das konservative Establishment im thailändischen Senat weiterhin die Vormachtstellung inne. Dies macht signifikante Verfassungsänderungen, zumindest in naher Zukunft, unwahrscheinlich. Experten gehen davon aus, dass eine neue Verfassung, sollte sie zustande kommen, frühestens 2027 in Kraft treten wird, was die Komplexität und den potenziellen Widerstand in diesem Prozess widerspiegelt.
Fazit
Die Auflösung einer großen politischen Oppositionspartei und die Amtsenthebung eines Premierministers aufgrund von fraglichen Rechtsauslegungen haben das Vertrauen der Wähler untergraben und Gefühle der Verzweiflung und des Misstrauens genährt. Der Weg vor der 37-jährigen Premierministerin Paetongtarn Shinawatra ist voller Herausforderungen. An der Spitze einer bröckelnden Koalition in einem angespannten politischen Klima steht Paetongtarn vor zahlreichen Schwierigkeiten, darunter die Wiederbelebung der schleppenden thailändischen Wirtschaft und die Wiederherstellung der sinkenden Popularität der Pheu-Thai-Partei. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass Thailands politische Unruhen und häufige Regierungswechsel den Verhandlungsprozess für das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Thailand sowie wie die Bewerbung des Landes um die Mitgliedschaft in der OECD verzögern werden. Eine weitere große Herausforderung für die Regierung besteht darin, inmitten der politischen Instabilität das Vertrauen ausländischer Investoren wiederherzustellen, um seine wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit in der Region zu erhalten. Nicht zuletzt erfordern Thailands Bemühungen um einen Sitz im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen für die Amtszeit 2025-2027 erhebliche Anpassungen, um das Engagement des Königreichs für die rigorose Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten zu demonstrieren. Die jüngsten Entscheidungen des Verfassungsgerichts haben dessen Einfluss auf die thailändische Politik erheblich gestärkt und sowohl in Thailand als auch im Ausland ernsthafte Bedenken darüber hervorgerufen, inwieweit diese Entwicklung die Bemühungen des Landes um die Wahrung demokratischer Werte untergräbt. Zur Zeit gibt es wenig Argumente dafür, die Stimmen zu ignorieren, die vor der Übergriffigkeit der Justiz warnen und deren Einfluss auf die Gestaltung der politischen Landschaft Thailands in den kommenden Jahren voraussagen.
Quellenangaben
[1]Zum Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen Premierminister Srettha Thavisin und einer Analyse der Stabilität der Koalition zwischen der PTP und der konservativen Elite siehe: Dr. Céline-Agathe Caro, Sarita Piyawongrungruang, „Thailands Streben nach Demokratie und Rechtsstaatlichkeit”, 09.07.2024, Länderberichte, Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
[2]Al Jazeera, “‘Big shock’: Thailand faces political upheaval as PM removed from office”, 15.08.2024, https://www.aljazeera.com/news/2024/8/15/big-shock-thailand-faces-political-upheaval-as-pm-removed-from-office
[3]Frankfurter Allgemeine, “Südostasien wird für Investoren brenzlig“, 14.08.2024, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/hoffen-und-bangen-in-suedostasien-19919873.html
[4]Helen Regan and Kocha Olarn, “Paetongtarn Shinawatra to become Thailand’s youngest prime minister in new political shake-up”, CNN, 16.08.2024, https://edition.cnn.com/2024/08/16/asia/thailand-paetongtarn-shinawatra-prime-minister-intl-hnk/index.html
[5]Voranai Vanijaka, “Thailand’s new PM: from heiress to ‘hostage’”, Prachatai English, 02.09.2024, https://prachataienglish.com/node/11100
[6]Bangkok Post, “Court dissolves Move Forward Party”, 07.08.2024, https://www.bangkokpost.com/thailand/politics/2843182/court-dissolves-move-forward-party
[7]Post Today, “People’s Party discloses its membership subscription almost reaches 60,000 with 25 million donations (in Thai)”, 18.08.2024, https://world.thaipbs.or.th/detail/54506
[8]Thai PBS World, “Pheu Thai drops Palang Pracharath party from coalition”, 27.08.2024, https://world.thaipbs.or.th/detail/54506
[9]Bangkok Post, “Democrat joins Pheu Thai-led government amid rifts”, 29.08.2024, https://www.bangkokpost.com/thailand/politics/2856078/democrat-joins-pheu-thai-led-government-amid-rifts
[10]Zum ersten Versuch, eine Koalition über das politische Spektrum hinweg zu bilden, siehe: Dr. Céline-Agathe Caro, Sarita Piyawongrungruang, „Thailands neue Regierung – Koalition der Erzfeinde gegen politischen Wandel”, 11.09.2023, Länderberichte, Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
[11]Nation Thailand, “Most doubt Paetongtarn can work as PM without help from Thaksin: poll”, 25.08.2024, https://www.nationthailand.com/news/politics/40040890?fbclid=IwY2xjawE9PjhleHRuA2FlbQIxMAABHcjIp9iIRLrKvEJEzUyC1JILCS0Iqyi5wovd_tLLbpP3SUtT8pf4E5CByg_aem_8BFCZJ5egsrKgmoOM5vSew
[12]Bangkok Post, “Thamanat gathers support, row splits Palang Pracharath”, 20.08.2024, https://www.bangkokpost.com/thailand/politics/2850408/thamanat-gathers-support-row-splits-palang-pracharath
[13]The States Time, “Pirapan clarifies the reason UTN joining the government to move forward important agenda, ensuring supporting the government is a better option than standing with the ‘opponent of the country and monarchy (in Thai)”, 19.08.2024, https://thestatestimes.com/post/2024081927
[14]Napat Kongsawad and Grant Peck, “Thai courts that have disbanded multiple governments are accused of setting back democracy”, AP News,16.08.2024, https://apnews.com/article/constitutional-court-thaksin-move-forward-electiosn-23a603247e7e28066a0e75828b86ddfc
[15]APHR, “Southeast Asian MPs urge international community to monitor potential dissolution of largest party in Thai parliament”, 13.06.2024, https://aseanmp.org/publications/post/southeast-asian-mps-urge-international-community-to-monitor-potential-dissolution-of-largest-party-in-thai-parliamen
[16]Matichon Online, “134 legal scholars release a joint statement opposing the court’s rulings on the MFP dissolution and Srettha’s removal (in Thai)”, 19.08.2024, https://www.matichon.co.th/politics/news_4744404
[17]iLaw, “iLaw submits letter to the Venice Commission requesting the Commission to refrain from a meeting with the Thai Constitutional Court until the constitution is amended and the judges selection process is free and fair (in Thai), 05.08.2024, https://www.ilaw.or.th/articles/40800
[18]Prachatai, “Prajak Kongkirati: Building political consensus to stop ‘juristocracy’ (in Thai)”, 17.08.2024, https://prachatai.com/journal/2024/08/110368
[19]Khaosod English, “PM Srettha’s Removal After MFP Dissolution Highlights Need for New Constitution”, 14.08.2024, https://www.khaosodenglish.com/politics/2024/08/14/pm-sretthas-removal-after-mfp-dissolution-highlights-need-for-new-constitution/