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Länderberichte

Wird Simbabwe nun vergessen?

von Dr. Dr. Anton Bösl
Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hat sich die geopolitische Landschaft verändert. Die internationale Aufmerksamkeit und Berichterstattung gilt den USA und einem möglichen Vergeltungsschlag gegen Afghanistan. Der Terror und die Kriege in Afrika, die zum Teil seit Jahren toben und Millionen von Menschenleben gekostet haben, scheinen paradoxerweise vergessen. Wird Afrika einmal mehr zum vergessenen Kontinent?

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Seit einem Verfassungsreferendum im Februar 2000 und den Parlamentswahlen im Juni 2000 hatte Simbabwe ein hohes Maß an internationaler Medienaufmerksamkeit erfahren. Ob dies im Verhältnis stand zu der politischen und wirtschaftlichen Krise, die das Land immer mehr in den Abgrund bringt, braucht hier nicht beantwortet werden. Signifikant ist jedoch das offensichtlich geschwundene Interesse der Medien seit Mitte September, über die substantielle Krise, in der sich Simbabwe nach wie vor und mehr denn je befindet, zu berichten.

Erschwerend kommt hinzu, dass als Konsequenz der Terroranschläge in den USA das Treffen der Regierungschefs des Commonwealth (CHOGM), das vom 6. - 9. Oktober in Brisbane, Australien, stattfinden sollte, auf den 2. - 5. März nächsten Jahres verschoben worden ist. Der Druck, den viele sich von Brisbane versprochen hatten, bleibt nun aus und damit schwindet die Hoffnung auf eine gravierende Veränderung und Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Situation des Landes noch vor den Präsidentschaftswahlen, die zwischen Januar und März 2002 laut Verfassung stattfinden müssen (und an denen auch die Ausrufung eines Ausnahmezustands nichts ändern kann).

Dabei hatte es vor dem 11. September 2001 gut für Simbabwe ausgesehen, insofern der internationale Druck stetig und von allen Seiten stieg. So hatte das Europäische Parlament am 6. September eine Resolution verabschiedet, in der es den Europäischen Rat und die Kommission auffordert, nunmehr nach Art. 96 des Abkommens von Cotonou zwischen der EU und den AKP-Ländern bis Ende Oktober Maßnahmen einzuleiten, welche bis hin zum Ausschluss als Begünstigter und zum damit verbundenen Verlust von Handelsprivilegien und Entwicklungshilfeleistungen führen können. Die Europäische Investitionsbank und die Weltbank werden aufgefordert, Darlehen auszusetzen.

Darüber hinaus ist ein Einreiseverbot für Mugabe, seine Familie und enge Vertraute für EU-Länder gefordert - ein deutliches Signal des Europäischen Parlaments, welches allerdings nur den Status einer Empfehlung hat und vom Europäischen Rat und damit den Mitgliedsländern erst noch angenommen und umgesetzt werden muss.

Auch das Commonwealth und die britische Regierung lässt kaum eine Gelegenheit aus, Mugabe wegen der Menschenrechtsverletzungen und der staatlich organisierten Anarchie zu tadeln. Bei einem eigens wegen der Krise in Simbabwe anberaumten Treffen von sieben Commonwealth Ministern (einschließlich des britischen Außenministers Jack Straw) in Abuja, Nigeria am 6. September, wurde unter Federführung des nigerianischen Staatspräsidenten Obasanjo eine Vereinbarung getroffen, bei der Simbabwe einer ordentlichen Landreform zustimmte.

Im "Abuja Agreement", das vom simbabweschen Außenminister unterzeichnet worden ist (es gibt kontroverse Informationen darüber, ob Mugabe das Dokument überhaupt später akzeptiert hat), verpflichtete sich die Regierung von Simbabwe, dass keine weiteren Farmen besetzt, willkürlich besetzte Farmen zurückgegeben und die Besetzer von diesen Farmen abgezogen werden.

Man verpflichtete sich ferner, einen Vorschlag zur Landreform von UNDP vom Dezember 2000 aufzugreifen, das den Kriterien einer effektiven, transparente Landreform entspricht und der die Prinzipien von Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu Grunde liegen. Großbritannien erklärt sich im Gegenzug (erneut) bereit, einen signifikanten finanziellen Beitrag für eine derartige Landreform zu leisten. Allerdings sind seit Unterzeichnung des Abuja Agreements vor einem Monat bereits 20 Farmen neu besetzt, mindestens drei Personen getötet und Eigentum von Farmern ist unter Mithilfe und Aufsicht der Polizei geplündert worden. Politische Analysten haben das Abuja Agreement daher als "as dead as a dodo - völlig überholt" (John Makumbe) bzw. "much ado about nothing - viel Lärm um Nichts" (Masipula Sithole) bezeichnet.

Sehr wichtig und effektiv in der Einflussnahme auf afrikanische Regierungen schien bisher der Druck aus benachbarten Ländern und der Region. Nachdem der südafrikanische Präsident Mbeki eingestehen musste, dass seine "leise Diplomatie" gegenüber Simbabwe erfolglos war und der südafrikanische Rand aufgrund der Krise in Simbabwe im letzten Jahr um 25% verloren hat, erhofften sich viele Beobachter deutliche Aussagen vom Treffen der Regierungschefs der Southern African Development Community (SADC) am 10./11. September in Harare.

Tatsächlich - vor allem unter Berücksichtigung von Protokoll und afrikanischen Gepflogenheiten - kam es zu einer überaus deutlichen und demütigenden Rüge für Mugabe und einem Ultimatum, die Anarchie in Simbabwe innerhalb von einem Monat zu beenden. Das Ultimatum wurde vom SADC-Vorsitzenden, dem malawischen Präsidenten Muluzi, im Namen der Präsidenten von Südafrika, Mosambique, Botswana, Malawi und Namibia vorgetragen, nachdem Vertreter der sog. Kriegsveteranen, die maßgeblich hinter den Farmbesetzungen stecken, das Treffen gestört hatten. Diese weigerten sich, die Vereinbarungen von Abuja zu akzeptieren. Zugleich wurden Berichte von neuen Gewalttaten auf Farmen bekannt. Muluzi und seine Kollegen betonten in Interviews, dass das eigentliche Problem nicht die Landreform sondern die Art ihrer Umsetzung durch die simbabwesche Regierung sei. Man fürchtet nicht nur das negative und abschreckende Image für ausländische Investitionen, sondern vor allem einen Schneeballeffekt, der die gesamte Region des südlichen Afrikas ins Chaos stürzen könne.

Der internationale Druck auf Simbabwe hatte beim SADC-Treffen Mitte September einen vorläufigen Höhepunkt erfahren, der beim CHOGM in Brisbane Anfang Oktober verstärkt werden sollte. Seit den Terroranschlägen in den USA befürchten viele Beobachter in Simbabwe, dass die Regierung Mugabes im Windschatten der weltpolitischen Veränderungen mit einem blauen Auge davon kommen könnte. Es muss jedoch festgehalten werden, dass sich auch trotz zunehmender internationaler Kritik an Mugabe und monatelangem Druck auf seine Regierung faktisch nichts geändert hat. Die Terroranschläge nahmen zwar internationale Aufmerksamkeit und damit etwas internationalen Druck von Simbabwe.

Das sollte jedoch nicht blind machen für die Tatsache, dass die Regierung Mugabes immun und resistent zu sein scheint gegenüber internationalen Druck. Die staatliche Repression und der systematisch eingesetzte Terror gegen weiße Farmer, Oppositionelle, kritische Journalisten und non-konforme Richter geht in Simbabwe trotz EU-Resolution, Abuja Agreement und SADC-Ultimatum indes ungehindert weiter. Es bleibt zu hoffen, dass die für den Dezember angekündigte amerikanische Zimbabwe Democracy Bill mit gezielten Sanktionen für Mugabe und seine Schergen ein Einlenken und Simbabwe zurück zur Rechtsstaatlichkeit bringt. Die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen und die Nervosität der derzeitigen Regierung lässt jedoch wenig rationales Handeln von Regierung und Mugabes ZANU-PF erwarten.

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