Veranstaltungsberichte
In La Paz wurden am 23. September ein Arbeitsessen von 12:00 bis 15:00 Uhr mit der CEPB im Salon Versalles im Hotel Radisson, sowie ein Internationaler Kongress von 18:30 bis 21:30 Uhr im Salon Germania des Hotels Europa veranstaltet, während in Santa Cruz am 24. September von 12:00 – 14:00 Uhr in Kooperation mit der Stiftung Amérida ein Arbeitsessen im Hotel Tajibos mit gemischtem Publikum stattfand, sowie abends ein Vortrag vor Studenten der „Schule der Ökonomen“.
Klaus Schaeffler: Experte in Sozialer Marktwirtschaft
Klaus Schaeffler Hellinger, Experte für Soziale Marktwirtschaft sowie Corporate Social Responsability referierte im Rahmen der vier Veranstaltungen über das deutsche Erfolgsmodell der sozialen Marktwirtschaft. Studiert hat der in Spanien lebende und als Wirtschaftsberater tätige Experte in Freiburg, dem Geburtsort der Freiburger Schule, die die erste entscheidende Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft werden sollte. Darüber hinaus kann er eine langjährige Dozentenerfahrung vorweisen, so lehrte er z.B einige Jahre an der Universidad Católica de Chile.
Schaefflers Vortrag mit dem Titel „Vorschläge für die sozioökonomische Entwicklung aus der Perspektive der Sozialen Marktwirtschaft“ ging in profunder Art und Weise auf die Charakteristika, Grund- und Regulationsprinzipien des Konzepts der Sozialen Marktwirtschaft ein, sowie auf die mit ihr einhergehenden sozialen Effekte.
„Soziale Marktwirtschaft ist vielmehr ein Weg als ein Modell“
So machte Schaeffler zunächst deutlich, dass die sozioökonomische Entwicklung weder ohne korrespondierende humane Entwicklung, noch ohne zugrunde liegende ethische und normative Vorstellungen einhergehen könne und daher eben nicht als auf einmal implementierbares Modell, sondern vielmehr als graduelle Entwicklung gedacht werden müsse.
Ermöglicht werde die sozioökonomische und humane Entwicklung jedoch erst durch Solidarität, Subsidiarität und politische Freiheiten sowie die Werte des Gemeinwohls – ein Fundament, das unter anderem durch die katholische Kirche getragen wird und gefördert wurde.
Denn im grossen Zusammenhang liesse sich erkennen, so Schaeffler, dass wirtschaftlich stark intervenierende und politisch unfreie Staaten eine grössere Armutsrate aufweisen.
Politische und ökonomische Freiheiten seien also das Fundament einer Sozialen Marktwirtschaft, in der der Staat, frei von jeglichem Protesktionismus und Interventionismus, für das reibungslose Funktionieren der Märkte sorgt und daher ein System des Wettbewerbs, Geldwertstabilität, freien Marktein und –austritts, Privateigentum, Vertragsfreiheit sowie ein Justizsystem garantiert.
Das Soziale der Marktwirtschaft
Denn nur so, betonte Schaeffler, sei eine effektive und dadurch auch soziale Allokation von Kapital und Ressourcen über die Märkte möglich. Diese sei effizient und gerecht, solange Chancengleichheit vor allem im Bereich der Bildung, sowie die Korrektur von Marktverzerrungen und damit die Aufrechterhaltung des Wettbewerbsprinzips vorherrsche.
Als Beispiel stellte der Wirtschaftsexperte einige deutsche Besonderheiten des Selbstverständnisses der Sozialen Marktwirtschaft vor, wie zum Beispiel das Wettbewerbsschutzgesetz als institutionalisierte Form des Prinzips der Chancengleichheit, oder den Artikel 14 II GG, nachdem „Eigentum verpflichtet“ und sein Gebrauch dem Wohle der Allgemeinheit dienen solle.
Soziale Marktwirtschaft und Corporate Social Responsability
Im Zusammenhang zum zweiten Schwerpunkt der Veranstaltungsreihe, der Corporate Social Responsability, stellte Klaus Schaeffler fest, dass das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft weder normative Aussagen über den Unternehmer, noch über andere Wirtschaftssubjekte trifft, dass sich aber drei vorrangige Charakteristika definieren liessen, die den Unternehmern im Kontext der Sozialen Marktwirtschaft zu eigen sind: Effizienz, Produktivität und Rentabilität.
Denn neben der ethisch geleiteten Unternehmensführung sei vor allem die Zukunftsperspektive und Rentabilität eines Unternehmens von Wichtigkeit, da ohne diese Faktoren schlichtweg keine ethischen Handlungen möglich seien.
Im Rahmen der Veranstaltung am 23. September im Hotel Europa referierten in diesem Kontext auch Iván Calderón, Geschäftsführer der AON Consulting Gruppe in Bolivien, sowie Dr. Roberto Laserna, Präsident der Milenio-Stiftung.
Iván Calderón, Experte im Bereich CSR, stellte das Konzept seines Unternehmens für die Implementation von CSR vor und präsentierte Statistiken, denenzufolge erst ein Bruchteil von Unternehmen CSR-Prinzipien in ihre Unternehmensphilosophie ganzheitlich integriert haben, sondern im Gegenteil der Grossteil der Unternehmen Sozialmarketing betreibt und demnach nur den Anschein von CSR verbreitet. Durch praktische Fallbeispiele machte Calderón deutlich, dass der Erfolg vieler Unternehmen jedoch in der ganzheitlichen Identität mit CSR-Prinzipien begründet liege.
Roberto Laserna präsentierte in Bezugnahme auf den gerade veröffentlichten Wirtschaftsbericht der Milenio-Stiftung für das erste Quartal 2010 die Fortschritte, Rückschritte und Perspektiven der bolivianischen Wirtschaft und analysierte die Lage in Bolivien bezugnehmend auf Stichpunkte von CSR sowie der Sozialen Marktwirtschaft.
Aufgrund des immer grösser werdenden staatlichen Einflusses auf die Wirtschaft durch Verstaatlichungen, Preisregulierungen und der Ausweitung der Öffentlichen Verwaltung sowie durch die in der neuen bolivianischen Verfassung postulierte Koexistenz dreier gleichberechtigter Wirtschaftsformen (kommunitär, staatlich, privat), so Laserna, seien die Zukunftsaussichten für die bolivianische Wirtschaft besorgniserregend.
Denn zum einen gäbe es zwischen den drei vermeintlich gleichen Wirtschaftsformen aufgrund der Produktivitätsunterschiede erhebliche Ungleichheiten, zum anderen würde der private Sektor immer mehr durch den staatlichen verdrängt – Wachstum und freie Märkte seien für die Zukunft so nicht möglich.
In den jeweiligen Frage- und Antwortrunden, die sich an die Vorträge anschlossen, informierten sich die Teilnehmer bezüglich der Sozialen Marktwirtschaft vor allem über den Einfluss und die Aktivität des Staates in den Wirtschaftsabläufen sowie über mögliche Gefahren der Intervention und des Protektionismus. Darüber hinaus wurde darüber diskutiert, inwiefern die volle Verantwortlichkeit der Unternehmer mit der liberalen Ökonomie und der staatlichen Freiheit zu vereinen seien.