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Veranstaltungsberichte

Buchvorstellung in Bolivien: Sector Informal y Políticas Publicas en América Latina

Die am 16. August dieses Jahres erschienene Publikation, die den informellen Sektor in 13 Ländern beschreibt, dessen Hintergründe analysiert und praktische Handlungsempfehlungen erläutert, wurde vor einem Publikum von ca. 80 interessierten Vertretern der bolivianischen Politik und Gesellschaft in der höchsten Hauptstadt der Welt, stellvertretend für die Andenregion, vorgestellt. Die Autoren der einzelnen Länderstudien Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien waren anwesend um die wesentlichen Erkenntnisse ihrer Arbeit vorzustellen.

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Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit dem Auslandsbüro der KAS in Bolivien, mit dem Kooperationspartner „Fundación Milenio“ und der „Confederación de Empresarios Privados de Bolivia“ (CEPB) organisiert.

Iván Velasquez, akademischer Koordinator der KAS in Bolivien; Susanne Käss, Leiterin des Auslandsbüros der KAS in Bolivien und Koordinatorin des Regionalprogramms „Politische Partizipation Indígena in Lateinamerika“ (PPI) für Bolivien; und Olaf Jacob, Leiter des Regionalprogramms „Soziale Ordnungspolitik in Lateinamerika“ (SOPLA), eröffneten die Buchvorstellung, indem sie das Thema des informellen Sektors und dessen Bedeutung für Lateinamerika sowie die einzelnen Referenten dem Publikum vorstellten. Darauf folgten jeweils kurze Präsentationen von fünf der 13 im Buch beschriebenen Einzelfallstudien.

Der erste Beitrag erfolgte von den Referenten des Gastlandes Bolivien. José Luis Evia und Mario Napoleón Pacheco sind Vertreter der Fundación Milenio, einer nationalen Stiftung, die sich als Kooperationspartner der KAS auf wirtschaftliche, soziale und politische Probleme ihres Landes konzentriert. Sie beschrieben mit Hilfe ihrer Statistiken die Zusammensetzung der Gruppe der im informellen Sektor tätigen Arbeiter als vornehmlich aus Jugendlichen sowie Senioren zusammengesetzt. Zudem sind mehr Frauen als Männer auf diese Weise wirtschaftlich aktiv. Als größtes Hindernis für eine Steigerung der formellen Beschäftigungszahlen sehen die Autoren den legislativen Rahmen in Bolivien. Und eben da sollte der Staat ihrer Meinung nach aktiv werden – die bürokratischen wie finanziellen Hürden seitens des Staates sollten gesenkt werden. Zudem sollten Anreize für die Arbeitnehmer und Selbstständigen, die zu den 69% der im informellen Sektor tätigen Bolivianer zählen, geschaffen werden um in einen Prozess der Formalisierung eintreten zu können.

Ein ähnliches Bild einer sehr hohen Beschäftigungsrate im informellen Sektor von 55% zeichnete Carlos Ospino Hernández, Dozent der Universidad del Norte, Barranquilla. In Kolumbien seien wie in Bolivien ebenfalls mehr als die Hälfte der Arbeiter ‚informell’ tätig. Als eine Ursache für hohe Raten der Informalität und Arbeitslosigkeit sieht er das lokale Problem, dass in einigen, besonders armen Bundesländern Kolumbiens der Mindestlohn im Vergleich zum durchschnittlichen Einkommen relativ hoch ist bzw. dieses sogar überschreite. Auch die landesweiten hohen Nebenkosten für Arbeitsverträge, die sich auf bis zu 46% des Lohnes belaufen, sind eine Hürde für formale Arbeitsverhältnisse. Als besonders wichtig scheint es in Kolumbien zu sein, die hohen Kosten der formalen Arbeit zu senken sowie Jugendlichen den Einstieg in die formale Arbeitswelt zu erleichtern, da Langzeitarbeitslose – besonders solche, die sich noch in keinem Beschäftigungsverhältnis befanden – besonders schwer vermittelbar seien.

Cinthya Pastor Vargas, Senior-Ökonomin des Instituto Peruano de Economía (IPE), wies auf den Zusammenhang von Bildungsgrad und Informalität am Beispiel Peru hin. Mit zunehmendem Bildungsgrad lasse sich eine sinkende Informalität der Beschäftigten beobachten. Dies bildet zusammen mit der Struktur des Arbeitsmarktes auch die Ursache für die höhere Informalität in ruralen im Vergleich zu urbanen Gebieten. Peruanische Arbeitgeber hätten im Falle von formalen Beschäftigten einen sehr hohen finanziellen wie auch zeitlichen Aufwand zu bewältigen. Bildung sieht die Autorin als einen Weg zu einer höheren Formalisierung der Arbeit in ihrem Land. Formale Arbeit, die in Peru zur Zeit nicht einmal 40% des Arbeitsmarktes bestimmt, könnte zudem durch eine bessere Schulbildung und Ausbildung der Angestellten sowie einem höheren Angebot von Weiterbildungsmöglichkeiten durch den Arbeitgeber geschaffen und gesichert werden.

Der aktuelle politische Hintergrund stand für den Referenten der Studie zu Ecuador Sebastián Oleas, Professor am Instituto de Economía de la Universidad San Francisco de Quito, im Zentrum der Analyse. Seit dem Jahr 2007 seien unter der Präsidentschaft Rafael Correas starke staatliche Eingriffe in die Marktwirtschaft festzustellen. Eine dieser Maßnahmen ist der massive Ausbau des Staatsdienstes. Während formale Arbeit durch Unternehmen stagniert, steigen die Anstellungen durch den Staat. Für Ecuador erachtet Oleas die Herausbildung einer breiten und kompetenten Unternehmerschicht von großer Bedeutung, um die Zahl der Arbeitnehmer, die sich im informellen Sektor befindet und sich in Ecuador auf 55% beläuft, nachhaltig zu senken.

Die letzte Präsentation des Tages wurde von Tomás Paez gehalten. Der Venezolaner ist bereits seit 30 Jahren als Professor für Wirtschaft an der Universidad Nacional de Venezuela in Caracas tätig. Wie auch der Referent aus Ecuador wies Paez auf die politischen und wirtschaftlichen Kontext in seinem Land hin. Während viele Länder Lateinamerikas bereits deutliche Zeichen einer Erholung der Wirtschaft nach der Krise zeigen, verzeichnet Venezuela weiterhin ein negatives Wachstum der Wirtschaftsindikatoren. Das nun bereits seit 10 Jahren herrschende Regime schränke die Freiheit des Marktes ein und blockiert freies unternehmerisches Handeln durch Verstaatlichung und einer Versteuerung formaler Arbeit mit bis zu 80%. Als weiteren wichtigen Faktor für die mit 43% relativ hohe Informalitätsrate in seinem Land sieht er den Ideologie bedingten Willen nach Selbstbestimmung der Arbeiter. Als zentral für eine Formalisierung der Arbeit und eine Erholung der wirtschaftlichen Lage wurde die Aufnahme eines Dialoges zwischen Unternehmern und Staat aufgeführt.

Nachdem nun alle anwesenden Autoren ihre Arbeiten vorgestellt hatten, wurde dem Publikum die Möglichkeit geboten, Fragen und Kommentare an die einzelnen Experten zu richten. Die Debatte war durch eine Vielzahl von interessierten Nachfragen und kritischen Reflexionen geprägt und förderte zusätzlich die Meinungsvielfalt. Außerdem wurde durch die vielen Beiträge auch die hohe Komplexität des Themas des informellen Sektors deutlich.

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