Veranstaltungsberichte
Das Regime der Redefreiheit und das Informationsrecht im Kontext des plurinationalen Staates.
Am Donnerstag, den 22. November in der Katholischen bolivianischen Universität (U.C.B.) veranstaltetenn der Studiengang für soziale Kommunikationswissenschaft der U.C.B. zusammen mit der Konrad Adenauer Stiftung und der Lehrstuhl Konrad Adenauer ein Diskussionsforum über das Thema des Regimes der Redefreiheit und des Informationsrechts im Kontext des plurinationalen Staates.
Eingeladen waren die Kommunikationsministerin, Frau Amanda Dávila; Herr H.C.F. Mansilla, Doktor in Philosophie und Herr Antonio Vargas, Vorsitzender des Journalistenverbands von La Paz.
Frau Susanne Käss, Leiterin des Auslandsbüros der Konrad Adenauer Stiftung in Bolivien, eröffnete die Veranstaltung mit der Begrüßung des Publikums und der Redner. Sie würdigte die Zusammenstellung der verschiedenen Vortragenden, weil sie dem Publikum erlaubte, verschiedene Meinungen zu hören, sowohl die Meinung der Regierung als auch die Meinung der Journalisten und der Akademiker. Frau Käss betonte die Wichtigkeit des Themas der Redefreiheit und des Informationsrechtes für die Wahrung der Demokratie.
Darauffolgend sprach Herr Rafael Loayza, Direktor des Studiengangs der Kommunikationswissenschaft der U.C.B., über die Begriffe der Perspektive und der Vielfältigkeit. Herr Loayza sprach über die Schwierigkeit, ethische Werte zu definieren, da ethische Werte vielfältig sind. Herr Loayza hob auch hervor, dass Akademiker an der Debatte mit Politikern teilnehmen sollten und dass die Universitäten eine beratende Tätigkeit ausüben müssten.
Er präsentierte auch Werke seiner Studenten, die mit dem Thema der Redefreiheit und des Informationsrechtes verbunden sind, um die Vielfältigkeit der Standpunkte zu illustrieren. Er machte klar, dass nicht nur Werte und Stanpunkte vielfältig sind, sondern auch die Auslegung von Aussagen und Bildern. Damit kam er auf die Frage des neuen Kommunikationsgesetzes. Laut Gesetzt sind die Journalisten verpflichtet, nur die Wahrheit zu sagen und keine Lügen zu verbreiten. „Aber was heißt Wahrheit?“, fragte Loayza. Wie vorher bewiesen, eine Perspektivsache! Er stütze sich dann auf zwei Zeitungen, die während des Streits über die Benzinpreiserhöhung per Regierungsdekret 2010 das Gegenteil getitelt hatten. Eine Zeitung titelte: „Evo Morales hebt das Gesetz DS 748 auf und neutralisiert die Demonstrationen“ während die andere Zeitung „Evo Morales macht wegen Demonstrationen einen Rückzieher und setzt das Dekret außer Kraft“ titelte. Damit zeigte er die Richtigkeit der Vielfältigkeit der Standpunkte und die Unmöglichkeit, die Wahrheit zu definieren.
Laut Loayza ist die wichtige Frage, die sich alle Akademiker, Politiker, Journalisten und Bürger stellen sollten: Wie kann man das Kommunikationsrecht und die Redefreiheit verwalten, um eine bessere Gesellschaft zu schaffen?
Danach sprach Herr H.C.F. Mansilla. Laut Mansilla ist niemand deutlich gegen die Menschenrechte aber in der Praxis gibt es viele Verletzungen. Der größte Teil der bolivianischen Gesellschaft macht sich keine Gedanken um die Presse- und Redefreiheit. Herr Mansilla beschuldigte die prekoloniale Gesellschaft, einen anti-liberalen und paternalistischen Charakter zu haben, von dem sich die Gesellschaften der
Anden noch nicht völlig emanzipiert haben. Laut Herrn Mansilla schätzt die bolivianische Universität die Universalität des Wissens und die Forschung nicht genug.
Herr Mansilla betonte, dass die Pressefreiheit eigentlich bedeutet, Ideen formulieren zu können, die nicht in die Hauptrichtung sondern gegen den Diskurs der Regierung gehen und die Regierung kritisieren können. Er hob die Überpolitisierung der heutigen Universität hervor, was in sich jedoch nicht bedeutet, dass die Studenten die Sozialpolitik besser verstehen, und noch weniger die Idee des Gemeinwohls.
Die aktuelle Korruption und Bürokratie, die in Lateinamerika herrschen, belasten die Ärmeren.
Auf internationaler Ebene nimmt Bolivien eine mittlere Position ein: Es herrscht zwar keine Diktatur, aber gleichzeitig ist das Land auch weit entfernt von der Umsetzung der Rechtsstaatlichkeit.
Nach Herr Mansilla ergriff Herr Antonio Vargas das Wort. Er bedankte sich zuerst bei der Konrad Adenauer Stiftung, dem Lehrstuhl Konrad Adenauer, dem Studiengang für soziale Kommunikationswissenschaft der U.C.B. und begrüsste die Redner und das Publikum.
Er bezog sich auf den Beginn von Evo Morales Regierungszeit: 2005 wurde Evo Morales mit absoluter Mehrheit gewählt, deswegen musste er keine Koalitionen schaffen, um regieren zu können. Dies bedeutete das Ende der so genannten paktierten Demokratie.
Evo Morales bezeichnet Journalisten regelmäßig als pervers und als Feinde des Staates. Diese Situation gipfelte im Eintrittsverbot für bestimmten Journalisten bei offiziellen Pressekonferenzen und Einweihungen.
Herr Vargas fragte sich, ob das neue Kommunikationsgesetz eigentlich versucht, die Kommunikation oder die Medien zu regulieren.
Er antwortete zuerst mit einer anderen Frage: Ist ein Gesetz über Kommunikation notwendig? Unter Kommunikationsrecht wird die Summe der Pressefreiheit, Informationsrecht, Redefreiheit usw. verstanden. Zu versuchen, das Kommunikationsrecht zu regulieren bedeutet zu versuchen ein Rechteinzuschränken. Dahingegen existieren informalen Kommunikationsarten, die unregulierbar sind: die Strasse, die öffentlichen Plätze, die Märkte usw.
Da ein Kommunikationsgesetz uneffizient sein muss, kann das aktuelle Gesezt kein Kommunikationsgesetz sein sondern ein Mediengesetz.
Als letzte Rednerin sprach Frau Amanda Dávila, Kommunikationsministerin der aktuellen Regierung. Sie begrüßte das Publikum und bedankte sich bei allen für die Veranstaltung. Frau Dávila ging auf das Thema unter dem Stichpunkt des Rassismus in Bolivien ein. Sie begrüßte Loayzas Vorschlag, die Akademiker in die Debatte mit den Politikern einzubeziehen.
Sie erläutete auch den Einfluss der Regierenden über die Gesellschaft: die Gesellschaft sei die Widerspiegelung der Regierenden, weil sie die Ressourcen und die Ausbildung haben, die Gesellschaft zu formen. Frau Dávila betonte das Erbe des Kolonialismus in Bolivien und dessen Ausprägung in der bolivianischen Gesellschaft. Unter anderem sei der Rassismus ein Erbe aus der kolonialen Zeit. Sie zeigte dazu ein Video, das von ihrem Ministerium erstellt worden ist, über den Rassismus in den Medien. Sie betonte die Notwendigkeit des Rassismusgesetzes, das 2010 verabschiedet worden ist: zum Beispiel wird oft Evo Morales in den Medien lächerlich gemacht, weil er sich aufgrund seiner Herkunft nicht immer in sehr korrektem Spanisch ausdrücken kann.
Dazu antwortete sie auf Herr Vargas Bemerkung über die Medienfreiheit. Alle Typen von Medien seien gleich gewünscht. Laut des Gesetzes sind zum Beispiel die Radiofrequenzen in drei geteilt: 33% sind für staatliches Radios, 33% für private und kommerzielle Radios und 33% für die Gemeinden und soziale Projekte. Dies zeigt nach Dávila, dass die Regierung nicht versucht, die privaten Medien zu erpressen.
Nach dem Vortrag von Frau Dávila gab es Raum für Fragen und Antworten und zum Schluss wurden alle Gäste zu einem Empfang eingeladen.