Veranstaltungsberichte
Die Konrad Adenauer Stiftung (KAS) präsentierte das Buch am Dienstag, den 10. Dezember in der Anwaltskammer Chuquisaca in Sucre, am Mittwoch, den 11. Dezember in La Paz im Salon Germania im Hotel Europa, am Freitag den 13. Dezember im Konferenzzentrum des hotels Cortez in Santa Cruz und am Dienstag den 17. Dezember im Logistikzentrum von CADEXCO in Cochabamba. Die Begrüßungsworte bei den Veranstaltungen wurden von Dr. Iván Velásquez Castellanos, dem Programmkoordinator der KAS und Kapitelautor des Buches, gehalten. Weitere Autoren des Buches sind: Fernando Molina, Armando Ortuño Yáñez, Diego Chávez Rodríguez, Rubén Ferrufino Goitia, Mauricio Lea Plaza, Vladimir Ameller Terrazas, Javier Revollo, Carlos Rocabado, Carlos Schlink y Scarlet Escalante.
In Lateinamerika wurden in den letzten Jahren wichtige Fortschritte im Bereich Institutionalisierung und Steuerpolitik erzielt, jedoch sind diese Entwicklungen noch nicht ausreichend, damit die Staaten dieser Region die nationalen und internationalen Herausforderungen solide meistern können. Die Verstärkung dieser steuerpolitischen Fortschritte verlangt gleichzeitig aber auch nach dauerhaften Übereinstimmungen (Pakte – Abkommen) über ein Steuerregime, das fähig ist im Hinblick auf Wachstum und Verteilung die makroökonomische Stabilität und die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft zu vereinbaren. Dies wiederrum erfordert aber eine Einigung auf mittelfristige Ziele in Bezug auf Höhe, Zusammensetzung und Tendenzen der Besteuerung und der Staatsausgaben.
Die Vertiefung der Demokratie ist ein langfristiges Ziel mit der Perspektive Abkommen zu erreichen, die dem Gemeinwohl nützt. Auch nach 31 Jahren Demokratie in Bolivien besteht weiterhin die Notwendigkeit für die bisher ungelösten strukturellen Probleme eine Lösung zu finden. Dabei ist die größte Herausforderung für das Land die sozialen Ungleichheiten und Asymmetrien zu reduzieren, was durch einen Fiskal- und Sozialpakt möglich wäre.
Bolivien muss einen solchen Fiskal- und Sozialpakt einrichten, aber es muss seine öffentlichen Maßnahmen auch auf die Erreichung einer besseren Chancen- und Rechtsgleichheit ausrichten. Dies bedeutet nicht nur, dass die gesellschaftliche Partizipation und Beratung in vielen ursprünglich marginalisierten gesellschaftlichen Bereichen gestärkt werden muss, sondern auch die Förderung von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten, die in der Politischen Verfassung des Staates (CPE) von 2009 festgeschrieben wurden.
Die Auflösung von Ungleichheiten durch einen Fiskalpakt bedeutet auch eine Gleichberechtigung vor dem Recht auf allen Ebenen herzustellen; jeder Bolivianer muss Zugang zu gesellschaftlichem Wohlfahrt und Anerkennung haben. Und es muss eine größere Gleichberechtigung in Bezug auf den Zugang zu Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Arbeit, Wohnen, Grundsicherung, Umweltqualität und sozialer Sicherheit auf nationaler als auch subnationaler Ebene geben.
Die empirische Untersuchung hat jedoch gezeigt, dass die notwendigen Übereinstimmungen für einen Pakt, der die Gleichberechtigung fördert, nur schwer zu erreichen sind. Zahlreiche Studien haben die politischen und institutionellen Defizite der lateinamerikanischen Demokratien aufgezeigt, um ihre von den Wählern übertragenen Mandate in öffentliche, repräsentative, stabile und zusammenhängende Maßnahmen zu verwandeln. Mehrere Autoren haben darüber hinaus gezeigt, dass die institutionellen Determinanten (Instiutionen) und die verbundenen Anreizen mit dem Auftauchen von öffentlichen Maßnahmen, mit besserer wirtschaftliche und sozialer Leistung, verbunden sind und dadurch eine vorteilhafte Situation schaffen, um einen Konsens zu erreichen (Abkommen – Pakte).
Der Fiskalpakt sollte dabei als fundamentaler soziopolitischer Vertrag verstanden werden, der die Rolle des Staates legitimiert, sowie den Umfang und die Reichweite der Regierungsverantwortung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich festlegt. Ein zentraler Aspekt dieser Definition ist, dass der „Fiskalpakt“ das Resultat eines Konsens zwischen politischen und wirtschaftlichen Akteuren bzw. Vertreten ist, die dem Staat somit Legitimität verleihen, damit dieser seine Verantwortung im Sinne des Gemeinwohls und der wirtschaftlichen und sozialen Interessen ausdehnen kann.
Der Fiskalpakt sollte auch als Sozialvertrag über Herkunft, Zweck und Zusammensetzung der nötigen Ressourcen verstanden werden, die dazu dienen den Staat zu finanzieren. Man kann dies als Verwirklichung eines Sozialvertrags ansehen, der aus dem gegenseitigen Einverständnis von Verpflichtungen und Rechten zwischen Staat und Bürgern resultiert.
Der „Fiskalpakt“ sollte darüber hinaus auch als Garantie für die Erfüllung der staatlichen Aufgaben gesehen werden und sich dadurch zu einem fundamentalen Instrument in der strategischen Planung des öffentlichen Bereichs entwickeln, sowie die Haushaltsführung disziplinieren. Der Fiskalpakt beinhaltet gleichzeitig Spielregeln an die sich sowohl Staat als auch Steuerzahler halten müssen. Diese Regeln sollten unter Berücksichtigung folgender Punkte entwickelt werden:
•Fiskalische Anpassung für eine überschaubare Anzahl an Maßnahmen
•Höhe der Steuerabgaben müssen vereinbar mit der Erfüllung der Staatsaufgaben sein
•Erweiterung der Bemessungsgrundlage, weniger regressive Besteuerung und mehr Wirksamkeit des Steuerbetrags.
•Rationalisierung, höhere Produktivität und Verteilung der öffentlichen Ausgaben, um die Kontinuität und die richtigen Ergebnisse der Staatspolitik zu gewährleisten.
•Transparenz und breite Information über das öffentliche Finanzmanagement.
•Rechenschaftspflicht basierend auf der öffentlichen Verwaltung, um Ziele und Leistungsindikatoren zu messen.
Die Definition einer gerechten Gesellschaft muss das Produkt eines tatsächlichen demokratischen Prozesses sein, in dem jedes Gesellschaftsmitglied die gleichen politischen Freiheiten genießt; nur dann wird diese Gesellschaft einen freiwilligen Vertrag untereinander abschließen, der die sozialen Interaktionen (durch Institutionen und Regeln) sowie die gemeinsamen Ziele berücksichtigt. Dieser Gesellschaftsvertrag könnte durch den Fiskalpakt: „das Abkommen, das die Struktur und die Höhe der Steuerzahlungen sowie die Zuteilung der Ausgaben in einer Gesellschaft festlegt“, möglich gemacht werden.
Der Inhalt dieses Paktes muss unbedingt im Einklang mit dem im Gesellschaftsvertrag festgelegten Ziele sein, damit dieser nicht seine Beschränkung und damit seine Legitimität verliert. Darüber hinaus muss man die Beziehung zwischen dem Sozialvertrag und dem Fiskalpakt verstehen: während der Vertrag von den Regeln und Zielen des gesellschaftlichen Zusammenlebens handelt, ist der Pakt dazu da, die Mittel bereitzustellen diese Regeln und Ziele zu ermöglichen. Diese Mittel sind jedoch nicht nur knapp, sondern darüber hinaus müssen sie die Komplexität eines funktionierenden Wirtschaftssystems beachten.
Die Berücksichtigung des „Fiskalpakts“ stärkt die Bedeutung der Einsetzung eines „Sozialpakts“, um die neue Gleichung zwischen Staat, Gesellschaft und Markt, die ohne die Legitimität und politische Kraft, die die Vereinbarungen zwischen den verschiedenen sozialen und politischen Akteuren gewähren, wobei die vorgeschlagenen Reformen hin zu einer weniger ungleichen Gesellschaft das Risiko in sich bergen auf den Willen und den guten Absichten beschränkt zu bleiben. Die Sozialpakte sind explizite Abkommen zwischen gesellschaftlichen und poltiischen Akteuren über eine festgelegte allgemeine oder spezifische soziale Ordnung. Als ausdrückliche Vereinbarungen unterscheiden sie sich dadurch von jenen Abkommen zwischen den unterschiedlichen Bereichen, die langfristig ohne institutionelle Vermittlung durch die beteiligten Akteure definiert werden.
Folglich kann der „Fiskalpakt“ als Abkommen über Gesamthöhe, Herkunft und Verwendung der vom Staat benötigten Ressourcen verstanden werden. Es kann als „soziopolitisches Abkommen“ (Fiskalpakt, Gesellschaftsvertrag) interpretiert werden, da er die Pflichten und Rechte, die zwischen Staat und Bürger bestehen auf Basis der „Gegenseitigkeit“ anerkennt.
In diesem Sinne wird die „Gegenseitigkeit“ zwischen Staat und Bürger, als Basis des „Fiskalpakts“ , als freiwillige Steuerabgabe angesehen. In Umfragen die von CEPAL 2010 in mehreren Städten durchgeführt wurde, zeigte sich eine positive Korrelation zwischen der Qualität der öffentlichen Verwaltung und dem Wille Steuern zu zahlen, was einer der Eckpfeiler eines dauerhaften Gesellschaftsvertrags über die öffentlichen Finanzen ist.
Die Formulierung und Ausarbeitung des „Fiskalpakts“ ist zweifellos ein Verhandlungsprozess, der als Teil eines langfristigen Planungsprozesses verstanden werden muss.
Die Grundlage des Paktes ist die nationale und subnationale Institutionalisierung; in jeglicher Form ist es ein Ergebnis von Improvisation und es ist ein Prozess, um einen politischen Konsens über die nationale und subnationale Staatspolitik in Zukunft zu erreichen.
Wenn der politische Wille zu einem Fiskalpakt in Bolivien bestehe, sind drei Elemente wesentlich für die Realizierung dieses großen und beispiellosen nationalen Abkommens: Erstens, die Akteure; Zweitens die Methodik, um einen offenen Dialog anzufachen und Drittens die Agenda, das Herzstück des Fiskalpakts.
Doch bevor dieses Gerüst angewendet werden kann, muss man sich ehrlich folgende Frage stellen: Wozu ein Fiskalpakt?
In der Theorie soll der Fiskalpakt dazu dienen durch ein nationales Abkommen Kompromisse in der Verteilung zu erreichen, um die Bedingungen für Qualität und Produktivität der Staatsausgaben zu verbessern. Wenn wir die Hauptursachen für die geringe Produktivität der Staatsausgaben bestimmen könnten, würden wir die Bedingungen für die Maßnahmen der öffentlichen und rechtlichen Maßnahmen verbessern, die Teil des Inhalts für einen Fiskalpakt sein könnten.
Die beschriebenen Themen im Text zeigen die wichtigsten Probleme auf, die konfrontiert werden müssen, wie beispielsweise die Ungleichheit im Land, sowohl inter-departamental als auch intra-departamental und die Verteilung der Ressourcen in Form von zwischenstaatlichen Transfers. Ebenso ist es notwendig, einen neuen Rahmen zu schaffen für eine klare Politik was den Zugang zu Verschuldung und Kapitalmarkt angeht, vor allem für die 20 wichtigsten Städte, die ohne dieses Instrument unfähig wären in den nächsten Jahrzehnten den dringlichsten Strukturprobleme entgegenzutreten.
Außerdem wurde die Wichtigkeit hervorgehoben Stabilitätsfonds einzurichten, mit dem Ziel die Komponenten der Steuereinnahmen zu gewährleisten, vor allem aufgrund der Volatilität im Hinblick auf die Gasvorkommen. Diese Mittel sollten dann, wenn möglich, das steuerliche Ungleichgewicht bzw. die steuerlichen Lücken kompensieren oder reduzieren. Ebenso sollen die noramtiven Mechanismen den Finanzierungssaldo langfristig aussetzen, wie auch in anderen Volkswirtschaften, und somit die notwendigen Überlegungen für Gleichgewicht und Effizienz für ein Steuer-Finanz-Modell treffen. Auch sollten zentrale Elemente des Prozesses in Bezug auf die internationale Umwelt benannt werden, die die institutionellen Schlüsselvariablen für die Errichtung eines flexiblen bolivianischen Fiskalpaktsmodells identifizieren können.
Die Konrad Adenauer Stiftung (KAS), sich ihrer Rolle und Verantwortung als Stiftung bewusst, bietet eine Reihe von verschiedenen Sichtweisen, einige politisch einige technisch, aus Zentrum und Peripherie, mit Schwerpunkt auf dem Instrument der Zielerreichung; wertvolle Inputs über die zentralen Aspekte des Fiskalpakts, die informieren, sensibilisieren und für Aufmerksamkeit der politischen Entscheidungsträger Boliviens sorgen sollen. Das Ziel dieser Initiative ist es, Kräfte zu bündeln, um die Bedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, dass die folgenden Generationen von Bolivianerinnen und Bolivianern hoffentlich ein großes nationales Abkommen erzielen.