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Veranstaltungsberichte

Die Verbreitung der Grundrechte und deren rechtsstaatliche Gewährung

Eine Broschüre auf Quechua und Spanisch

Am Dienstag den 7. August fand unter der Schirmherrschaft der Konrad Adenauer Stiftung in Zusammenarbeit mit der Fundación Tribuna Constitucional und der Anwaltskammer in Chuquisaca die Präsentation der auf Quechua und Spanisch verfassten Broschüre "Difusión de Derechos fundamentales y Garantías constitucionales" (spanisch), "Chayaqikunamanta Sut’inchay Jinataq Jark’aynin Mama Kamachiman Jina" (quechua), (dt. Die Verbreitung der Grundrechte und deren rechtsstaatliche Gewährung) in den Räumen des Colegio de Abogados de Chuquisaca in Sucre statt.

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Die Repräsentantin der Konrad Adenauer Stiftung, Susanne Käss, begrüßte das Publikum und die Vortragenden zunächst auf Quechua. Anschließend stellte sie das Programm der Veranstaltung sowie das mit der Broschüre zusammenhängende Projekt vor. Die Kernaufgabe des Projektes besteht aus der Informierung über die Grundrechte in der ländlichen Bevölkerung Boliviens um dadurch das Wissen über den Inhalt der Verfassung zu erweitern und eine Auseinandersetzung zur Förderung eines demokratischen Rechtsstaates zu ermöglichen. Susanne Käss erläuterte in diesem Zusammenhang die Bedeutsamkeit der Erarbeitung eines interkulturellen Dialoges zwischen den Völkern Boliviens. Mit Hilfe der Broschüre soll dieser entscheidend fortentwickelt werden. Darüber Hinaus erwähnte sie die Arbeit des Regionalprogrammes der Konrad Adenauer Stiftung: "Politische Partizipation Indígena", welches die Umsetzung eines interkulturellen Dialoges durch die Förderung indigener Führungskräfte unterstützt. Anschließend wünschte Susanne Käss allen Anwesenden einen angenehmen Abend und eine spannende Diskussion.

Als zweite Sprecherin übernahm Gabriela Sauma Zankis, Koordinatorin des Projektes von der Fundación Tribuna Constitucional, das Wort. Sie berichtete, dass das Konzept bereits im Jahr 2009 erarbeitet wurde, zunächst aber nicht realisiert werden konnte. Dank der Unterstützung durch die Konrad Adenauer Stiftung konnte das Projekt in diesem Sommer in Bewegung gesetzt werden.

Die 90- seitige Broschüre im handlichen DIN A 5 Format umfasst die Grundrechte der plurinationalen Verfassung des plurinationalen Staates Boliviens. Darin wird zwischen Bürgerrechten, politischen Rechten, Völkerrecht, indigenem Völkerrecht, Rechten einheimischer Bauern und sozialen Rechten unterschieden. Die außerordentliche Besonderheit der Publikation liegt in ihrer Bilingualität. Bisher einmalig, beinhaltet sie eine schriftliche Formulierung der Grundrechte auf Quechua und greift dadurch die zentrale Problematik innerhalb eines plurilingualen Staates auf. In Bolivien definieren sich den Angaben des Zensus aus dem Jahr 2001 zufolge 62 % der Bevölkerung als indigen. Die größte Gruppe umfasst mit 30,7 % die der quechua- sprechenden Bevölkerungsgruppe. Diese lebt vor allem in den Departements Cochabamba, Chuquisaca und Potosí. Da in Bolivien bisher nur eine spanischsprachige Version der Verfassung des bolivianischen Staates existiert, ermöglicht die Formulierung der Grundrechte auf Quechua somit auch den nicht spanisch sprechenden bolivianischen Bevölkerungsgruppen einen Zugang zur Auseinandersetzung.

Das an die Publikation gekoppelte Projekt besteht darin, die Broschüren an die rural lebende Bevölkerung zu verteilen und daraus die Bildung von Workshops und Arbeitsgruppen innerhalb der Gemeinden anzuregen. Dieser Informationszufluss verfolgt die Förderung von zwei zentralen Aspekten. Erstens soll der interkulturelle Dialog zwischen den Bevölkerungsgruppen und den Staatsorganen verstärkt werden. Zweitens soll die Aufzeichnung der Grundrechte die Auseinandersetzung und Reflexion über die Interpretation der jeweiligen Rechte unterstützen. Gabriela Sauma Zankis merkte an, dass die Perzeption der einzelnen Rechte in einem so heterogenen Land wie Bolivien häufig unterschiedlich ausfällt. Deshalb schätze sie die Arbeit in den ländlichen Teilen Boliviens als enorm wichtig ein. Die einzelnen Rechtsartikel werden zudem durch bildliche Darstellungen unterstützt und bieten somit Personen, die nicht lesen können ebenfalls einen Zugang zur inhaltlichen Auseinandersetzung.

Als nächstes wandte sich Humberto Guarayo, Quechua aus der Region Umbaca und einer der zwei Übersetzer der Grundrechte von der spanischen Sprache ins Quechua, an das Publikum. Er begrüßte die Anwesenden zunächst ebenfalls auf Quechua und berichtete im Anschluss über seine Tätigkeit. Für die Übersetzung hätte er einen Monat benötigt, berichtete der junge Mann, der in Sucre Rechtswissenschaft studiert. Humberto Guarayo beschrieb seine Aufgabe als Herausforderung, die einer Innovation gleiche. Da Quechua eine Sprache ist, die in ihrer Rezeption stark auf oraler Ebene basiert, existieren in Bolivien bisher nur wenige Publikationen und Übersetzungen. Dem Finden einer geeigneten Person für diese Aufgabe war darüber Hinaus eine lange Suche vorausgegangen, berichtete der Vortragende.

Dr. Iván Velásquez, Projektkoordinator der Konrad Adenauer Stiftung, sprach darauffolgend. Er schilderte in seiner Rede die Perspektive der Konrad Adenauer Stiftung und stellte das didaktische Handbuch "Ley Marco de Autonimías y descentralización" (LMAD), (dt. Rahmengesetze der Dezentralisierung und Selbstverwaltung)

aus der Publikationsreihe der Konrad Adenauer Stiftung vor. Das von Diego Chávez Rodrgíguez, Experte auf dem Gebiet der Dezentralisierungs- und Autonomiefragen und Iván Velásquez entworfenen Handbuches stellt ein hilfreiches Instrument zur Interpretation der Gesetze dar und soll eine passende Implementierung der jeweiligen Rechtsartikel auf kommunaler Ebene ermöglichen. Seit der Verabschiedung der neuen Verfassung im Jahr 2009 bestehen in Bolivien vier Typen der Autonomie: departementale Ebene, regionale Ebene, kommunale Ebene sowie auf der Ebene indigener, ursprünglicher Bauerngemeinschaften. Das Handbuch richtet sich an politisch aktive Personen auf kommunaler Ebene und soll Kompetenzen im Rahmen der Selbstverwaltung stärken. Iván Velásquez explizierte des Weiteren die Motive der Stiftung in diesem Projektzusammenhang. Die zentralen Hauptziele der Konrad Adenauer Stiftung in Bolivien liegen in der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie. Darüber Hinaus stellen die Unterstütztung der Dezentralisierungs- und Autonomietendenzen der 90iger Jahre sowie die Implementierung der neuen politischen Verfassung des bolivianischen Staates weitere Interessenschwerpunkte der Stiftungsarbeit dar. Die Beteiligung an diesem Projekt bedeutet in diesem Zusammenhang einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einem von Gleichberechtigung und Demokratie geprägten Zusammenleben, erläuterte der Redner.

Abschließend zeigte die Direktorin der Anwaltskammer Chuiqisaca und der Stiftung Fundación Tribuna Constitucional, Silvia Salame, die Bedeutung der Publikation und des Projektes für die Weiterbildung des Pluralismus in Bolivien auf. In ihrer Ansprach wies sie darauf hin, dass Vorschläge der Fundación Tribuna Constitucional nicht in die Verfassung von 2009 aufgenommen wurden. Umso mehr freue sie sich nun, dass letztendlich eine Realisierung stattfinden konnte. Silvia Salame sprach in diesem Rahmen von einem ambitionierten Vorhaben, von dem sie sich erhofft, dass es auf fruchtbaren Boden treffen werde. Zum Schluss dankte sie der Konrad Adenauer Stiftung, welche durch ihre Unterstützung in diesem Projekt Vertrauen zeige den schwierigen Weg zur Interkulturalität in Bolivien mitzugehen.

Die Veranstaltung konnte im Rahmen des internationalen Kongress Verfassungsrecht und Rechtspluralismus, unter der Schirmherrschaft des überregionalen Rechtsstaatenprogrammes der Konrad Adenauer Stiftung in Lateinamerika durchgeführt werden. Durch die Anwesenheit hochqualifizierter Verfassungsrechtler aus gesamt Lateinamerika fand eine Einbettung der Buchpräsentation in einen relevanten Diskurs über die Plurinationalität des bolivianischen Rechtsstaates statt.

Das Event endete mit der Ausgabe der Broschüren an alle Anwesenden und einem Empfang.

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Kontakt

Susanne Käss

Susanne Käss bild

Leiterin des Auslandsbüros Argentinien / Leiterin des Auslandsbüros Brasilien (kommissarisch)

susanne.kaess@kas.de +54 11 4326-2552

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