Veranstaltungsberichte
Kolloquien zur internationalen Ökonomie
Mit der Hilfe der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und der Fundación Milenio fand das erste wirtschaftliche Kolloquium am 9. Juni in den Sälen des Restaurants Vienna von 12:00 bis 14:30 statt.
Das Arbeitsessen stellte den Anfang einer Reihe von „Kolloquien zur internationalen Ökonomie“ dar, die mit dem Vorsatz stattfand, ein Forum für Analyse und Debatte über die wirtschaftlichen Ereignisse herzustellen, die sich in der Welt beobachten lassen, sowie die volkswirtschaftlichen Mittel, die in diesem Zusammenhang erhoben werden. Einen besonderen Bezug stellt die Analyse der Auswirkungen dessen auf die ökonomische Theorie in Bolivien dar. Die Kolloquien finden einmal pro Monat bis zum Ende des Jahres statt und in jedem einzelnen werden ein Referent und zwei Kommentatoren ein oder mehrere relevante und aktuelle Themen über den Werdegang der internationalen Ökonomie anschneiden und anschließend für eine Diksussion- und Fragerunde bereitstehen. Die Beiträge der Referenten werden in einer Publikation zusammengefasst und an Akademiker, Analysten sowie an die Presse ausgehändigt.
Im ersten Kolloquium wurde eine allgemeine Bestandsanalyse der ökonomischen Situation der Welt präsentiert, in der auch Bezug auf die europäische Krise sowie die Vergabe von Rettungskrediten (lender of last resort) genommen wurde. Referenten waren hierbei José Luis Evia, Ex-Direktor der bolivianischen Zentralbank, Fernando Candia, Ex-Wirtschaftsminister, sowie Napoleón Pacheco, derzeit Geschäftsführer der Fundación Milenio. Iván Velásquez, Koordinator des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Bolivien, begrüßte die Anwesenden und beglückwünschte die Organisatoren dazu, ein Forum der Analyse, Debatte und Beobachtung derjenigen Instrumente geschaffen zu haben, die die Folgen der internationalen Wirtschaftskrise in Bolivien lindern. Darüber hinaus erklärte er, dass Bolivien, anders als man gedacht hatte, die Krise nicht schon hinter sich gelassen habe, sie aber aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs, der sich in 2004 und im ersten Quartal in 2008 ereignete auffange.
Allerdings, so Velásquez, werde Bolivien als Folge der Krise in den folgenden Jahren unter einem geringerem Wirtschaftswachstum leiden, mehr noch: Die weltweite Rezession wird sich als determinierender Faktor des bolivianischen Wirtschaftswachstums erweisen, was sich nicht nur negativ auf den Entwicklungsplan der bolivianischen Wirtschaft auswirken werde.
Die internationale Krise, die in der weltweiten Rezession und diversen Finanzschocks ihren Ausdruck findet, werde sich auf starke Weise in der schwächsten Ökonomie Lateinamerikas auswirken: Geringere Exporterlöse, die Transformation von Migrationsbewegungen, was wiederum Auswirkungen auf das Finanzsystem haben kann, sowie eine Verringerung externer Finanzströme.
Alle ergriffenen Mittel der Politik, so Velásquez, müssten mit Resistenz-Massnahmen einhergehen, die die Voraussetzungen dazu schaffen, den Erschütterungen der Wirtschafts-Schocks standzuhalten. Innerhalb dieser Massnahmen seien die verantwortungsvolle Verwaltung der schwerwiegensten und weitgreifensten Defizite, die Ausweitung der Fälligkeit öffentlicher Schulden sowie das Anlegen von Aussenreserven zur Verhinderung von Liquiditätsverlust die fundamentalsten und wichtigsten Schwerpunkte. Der Schlüssel zum Wachstum im Kontext der Krise liege in einer nachhaltigen und verantwortlichen (Wirtschafts-)Politik, schloss Velásquez.
Anschliessend erklärte José Luis Evia, dass die internationale Finanzkrise in Etappen vor sich ging und eine der ersten Anzeichen die Finanzkrise in 2007 gewesen sei, in der französische und deutsche Invest-Banken ernsthafte Probleme aufgrund fehlender Rücklagen im amerikanischen Investment-Raum ankündigten. Die zweite Etappe ereignete sich vor allem im Bereich der Geschäftsbanken, deren Situation im Finanzmarkt sich stetig verschlechterte und welche vom Börsencrash mitgerissen wurden und in Existenznot gerieten. Die dritte Phase habe sich 2009 ereignet, als die internationale Rezession die Stützpfeiler der globalisierten Märkte angriff, hier besonders den internationalen Kapitalverkehr. Schlussendlich die vierte, nur einige Monate junge Etappe, die sich durch das Erreichen der Talsohle der Rezession und der Auszeichnung der wirklichen Auswirkungen charakterisiert.
Des Weiteren erklärte Evia, dass Griechenland in den letzten fünf Monaten im Zentrum einer finanziellen Erschütterung gestanden hat und dass die neue Regierung verkündet habe, dass das öffentliche Defizit bei 12,7% statt bei 3,3% liege, eine Tatsache, die die Vorgänger-Regierungen verschleiert haben. Rating-Agenturen wie Fitch, Standard & Poor`s und Moodys, so Evia weiter, haben Griechenland abgewertet, sodass in hochriskanten Fonds mit der griechischen Schuldenlast spekuliert wurde. Antiyzklische Finanzpolitik und deficit-spending á la Keynes seien nicht unbedingt die geeignete Medizin in diesem Zusammenhang meinte Evia.
Fernando Candia, Ex-Wirtschaftsminister, manifestierte, dass die Griechenland-Krise eine direkte Bedrohung für die Stabilität der Eurozone darstelle und dass in diesem Sinne ein Rettungsprogramm von größter Not sei. Defizitreduktions-Programme, wie es die panhellenische sozialistische Partei (PASOK) mit Steuererhöhungen und Lohnsenkungen im öffentlichen Sektor vorantrieb, müssten mit Vorsicht genossen werden, da sie auch einen Kaufkraftverlust provozierten. Candia schloss die Möglichkeit nicht aus, dass sich die Rezension in Griechenland auf die Nachbarstaaten ausweite und dadurch nicht nur der Euro gefährdet sondern auch andere Währungen der eventuellen Instabilität ausgesetzt wären, wie zum Beispiel der Dollar.
Hiernach übernahm Napoleón Pacheco das Wort und vermerkte, dass das Rettungsprogramm die Zahlung der griechischen Externkredite aufschieben und so die Dotierung des Euros aufrecht zu erhalten versuchten, um so schließlich einen Domino-Effekt der Destabilisierung des Euros zu verhindern. Die ersten Effekte des Rettungspaketes habe man in Spanien und Portugal gespürt, Länder, in denen der Anstieg des Handels mit Risikoprämien die Schuldensituation verschlimmert hat und damit auch die Liquidität der öffentlichen Haushalte.
Pacheco legte dar, dass die Zentralbanken in Momenten der Krise als „lender of last resort“ für die Geschäftsbanken und andere Finanzinstitute fungieren, damit die normalen Mechanismen der Märkte sowie die Finanzkreisläufe nicht komplett unterbrochen werden. Eine solche Systemkrise, so der Konsens, müsse durch genannte Rettungskredite abgewehrt werden, wenn Liquidität nicht mehr allein durch die sich selbstregulierenden Märkte beschafft werden kann.
Zum Schluss hatten Analysten und Teilnehmer Zeit für Kommentare und Diskussionen rund um das Thema .