Veranstaltungsberichte
Die Teilnehmer dieser Veranstaltung fanden sich im Salon Illimani des Hotel Radisson in La Paz zusammen, um Fakten und Meinungen zum Thema „Energiemacht Bolivien?“ auszutauschen.
In seiner Begrüßungsrede betonte der Direktor von FUNDAPPAC Armando de la Parra die Bedeutung des Themas im Hinblick auf die weltweit immer wichtiger werdende Frage nach Energiesicherheit in der Zukunft. Zudem verwies er auf die derzeitige Ölkatastrophe im Golf von Mexiko und die ökologischen Risiken beim Abbau fossiler Brennstoffe.
Es folgte die Begrüßungsrede des Projektkoordinators der Konrad Adenauer Stiftung in Bolivien, Iván Velásquez, der eingangs auf die volkswirtschaftlichen Implikationen des bolivianischen Rohstoffreichtums verwies. Dabei konstatierte er, dass sich jener Reichtum in der Geschichte des Landes viel zu oft als Fluch denn als Segen erwiesen hätte. Für die Gegenwart unterstreichte er die Abhängigkeit des bolivianischen Staatshaushalts sowie der Handelsbilanz von den Einnahmen aus dem Erdgassektor und beklagte gleichzeitig die aufgrund mangelnder Investitionen in diesem Bereich vergleichsweise niedrigen Umsätze. Dies führte Velásquez nicht zuletzt auf die Verstaatlichung des Sektor vor vier Jahren zurück – einen Prozess den er aufgrund mangelnder fachlicher Erfahrung und fehlenden technologischen Know-hows als wenig erfolgreich bilanzierte. Zudem hätte die Verstaatlichung langjährige Partner abgeschreckt wie beispielsweise die brasilianische Petrobras, so dass Brasilien seine Energiepolitik überdenkt, um zukünftig die Abhängigkeit vom bolivianischen Gas zu senken. Ähnliche Tendenzen zeigten sich auch bei den anderen wichtigen Handelspartnern Boliviens in Argentinien und Chile.
Die Eröffnungsrede des Abends wurde von der Senatorin Jeanine Añez Chávez gehalten. Die Senatorin stellte den Klimawandel und die Globalisierung als herausragende Themen des 21. Jahrhunderts in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen und verwies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung sauberer Technologien für die Energiesicherheit der Zukunft. Dabei unterstrich sie das Potenzial Boliviens als rohstoffreiches Land. Sie forderte, dieses Potenzial zukünftig besser für die Entwicklung des Landes und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu nutzen, in dem technologisches Know-how angeeignet und Investitionsanreize geschaffen werden.
Enormes Potential im Energiesektor
Es folgten die Referate der geladenen Experten Dr. Francesco Zaratti, Dr. Justo Zapata, Dr. Gonzalo Rico und Dr. Enrique Velasco. In ihren Ausführungen nahmen sie zu unterschiedlichsten Themen Stellung wie beispielsweise zur Energiesischerheit in Bolivien, dem Potenzial und der Nutzung von fossilen Brennstoffen, Wasserkraft und Lithium. Dabei waren sich die Experten einig, dass Bolivien zu jenen Ländern gehört, die am abhängigsten von ihren fossilen Energieträgern sind und dass diese aufgrund mangelnder Investitionen nicht in optimalem Maße gefördert werden. Zeitgleich ist das Wegbrechen von wichtigen Absatzmärkten zu beklagen. Dies führe schlussendlich dazu, dass Bolivien seine Entwicklungsmöglichkeiten nicht in vollem Umfang ausnutzen könne. Übereinstimmend hielten alle Referenten fest, dass Bolivien wegen seiner reichen Rohstoffvorkommen zweifelsohne über ein enormes Potenzial im Energiesektor verfügt, dieses aber schwerlich wird abrufen können, da die ergänzenden Komponenten zur Nutzbarmachung dieses Reichtums fehlen.
Wasserkraft nicht konkurrenzfähig, Erdgas zum Export
Francesco Zaratti referierte vornehmlich über die Energiesischerheit des Landes und schloss Engpässe bei der Versorgung mit Elektrostrom als Folge der kürzlich vollzogenen Nationalisierung einiger Stromkonzerne zunächst aus. Gleichzeitig beklagte er aber eine gegenwärtige staatliche Energiepolitik, die nicht zuletzt wegen des Dogmas der Verstaatlichung, die Energiesischerheit in Zukunft gefährden könnte.
Die Referenten Zaretti und Rico besprachen ferner die Entwicklungspotenziale der Wasserkraft in Bolivien. Sie kamen darin überein, dass dieser Sektor bisher nicht als konkurrenzfähig gelten kann. In diesem Zusammenhang verwiesen sie sowohl auf die schwierigen ökologischen Implikationen als auch auf den Entwicklungsrückstand Boliviens im Vergleich mit den Nachbarländern, insbesondere Brasilien. Vor diesem Hintergrund würden die bolivianischen Kapazitäten in diesem Sektor marginal erscheinen. Ursächlich hierfür sei wiederum vor allem die schlechte Infrastruktur, der geringe Investitionsumfang sowie das fehlende technologische Know-how.
Justo Zapata veranschaulichte unter anderem die infrastrukturelle Entwicklung im Erdgassektor während der letzten Dekaden. Dabei zeigte sich, dass die letzten Neuerungen ausschließlich auf die Ertüchtigung bzw. den Neubau jener Gaspipelines ausgerichtet waren, die bedeutsam für den Export seien. In diesem Zusammenhang warf der Referent die Frage auf, warum Bolivien sein Gas in diesem großen Umfang exportiert und sich dabei so wenig bestrebt zeigt, Strategien für eine weiter reichende Wertschöpfung der Naturressourcen im eigenen Land zu entwickeln. Nach Meinung Zapatas liege die Verantwortung hierfür vor allem bei der Regierung, die vielmehr an kurzfristigen Gewinnen interessiert sei, um ihre politischen Projekte zu finanzieren, als an einer langfristigen Perspektive für den Erdgassektor.
Bodenschatz Lithium
Abschliessend referierte Enrique Velasco über die Lithiumvorkommen im Salar de Uyuni, die zu den weltweit größten Reserven gehören und bereits eine Vielzahl politischer und wirtschaftlicher Begehrlichkeiten in Bolivien geweckt haben. Velasco mahnte eine differenzierte Blickweise auf diese enomen Vorkommen an. Er verwies beispielsweise auf die Schwierigkeiten diese entlegene Region zu industrialisieren, um an den wertvollen Bodenschatz zu gelangen, da es wie in anderen Bereichen auch an Infrastruktur, Investitionen und Technologie mangele. Außerdem verwies er auf die Konkurrenz im Lithiumsektor, die Bolivien vor allem durch seine Nachbarn Argentinien und Chile erwächst. In diesen Ländern bestünden bereits funktionierende und profitable Abbaugebiete, die für ausländische Geldgeber wegen der politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weitaus interessanter seien. Zudem ist der Lithiumabbau in jenen Gebieten technologisch anspruchsloser, so dass die Gewinnspannen höher sind. In diesem Zusammenhang warnte der Referent vor bolivianischen Alleingängen beim Abbau seiner Lithiumvorkommen und regte vielmehr zum Nachdenken über eine mögliche Zusammenarbeit mit Chile und Argentinien an.