Veranstaltungsberichte
RAHMENGESETZ ZUR AUTONOMIE UND DEZENTRALISIERUNG
Die Demokratische Reflexions- und Analysegruppe (GADEP) veranstaltete von Montag dem 26. bis Mittwoch dem 28. Juli in La Paz, Cochabamba und Santa Cruz ihr monatliches Treffen, das sich der Evaluation, Diskussion und Besprechung des Rahmengesetzes zur Autonomie und Dezentralisierung gewidmet hat.
Im Rahmen der monatlich stattfindenden Arbeitsgruppe „Demokratische Reflexions- und Analysegruppe“ organisierten die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und ihr Konterpart, die Bolivianische Assoziation der Politikwissenschaften (ABCP) das Julitreffen mit dem Thema „Rahmengesetz zur Autonomie und Dezentralisierung“. Das Treffen fand am 26. Juli im Hotel LP Columbus in La Paz, am 27. Juli in einem zentral gelegenen Restaurant in Cochabamba und am 28. Juli im Hotel LP Santa Cruz statt.
Hierfür wurden aus jeder der drei Städte geachtete Personen aus dem Bereich der Politik eingeladen, angesehene Analysten genauso wie Forscher, damit sie ihre Meinungen und Eindrücke über dieses Thema preisgeben konnten.
Eröffnet wurde der Arbeitskreis durch Herrn Iván Velásquez, Koordinator des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bolivien, indem er sich bei den Teilnehmern für ihr Kommen bedankte und bemerkte, dass das Thema von besonderer Wichtigkeit ist für einen Staat wie Bolivien, der sich in einer Formations- und Festigungsphase befindet. Darüber hinaus erklärte er, dass die Grundlage der nationalen Entwicklung die Stärkung lokal-kommunaler Ebenen ist und das Rahmengesetz zur Autonomie und Dezentralisierung daher eine Möglichkeit für die Entwicklung der Gemeinden und lokalen Regierungen darstellt.
Hiernach erklärte Marcelo Varnoux, Präsident der ABCP die Methodik der Diskussion sowie die technischen Aspekte der Debatte.
Darüber hinaus erklärte er, dass das Rahmengesetz zur Autonomie und Dezentralisierung das letzte der sogenannten Fundamentalgesetze sei, die das Rückgrat im Prozess der Konstruktion des plurinationalen Staates bilden.
Die Teilnehmer waren sich darüber einig, dass während der Approbation jener Gesetze durch die Plurinationale Legislativversammlung eine notorische Abwesenheit von öffentlicher Hörerschaft vorherrschte sowie von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die ihre Beobachtungen und Sichtweisen hätten einbringen und den Beratungsprozess so hätten bereichern können.
Darüber hinaus wurde darüber diskutiert, dass fast alle jener Fundamentalgesetze in dem einen oder anderen Aspekt gegen die gegenwärtige Verfassung verstossen und somit politische Gewährleistungen und eine Menge von Rechten gefährden, die die Verfassung eigentlich im Interesse ziviler und politischer Freiheiten schützen will.
Die Analysten stimmten überein, dass sich die positiven oder negativen Folgen dieser Gesetze in Zukunft zeigen werden, dass sich die Geburt der Fundamentalgesetze jedoch per se nicht als erfolgsversprechend herausgestellt hat. Möglicherweise ist das Rahmengesetz zur Autonomie und Dezentralisierung das am kontroversesten diskutierte Gesetz und das mit den meisten Risiken für Politik, Ökonomie und Gesellschaft. Dies alles könnte den durch die MAS initiierten Veränderungsprozess auf den Prüfstand stellen.
Die Debatte teilte sich in die drei Gebiete, die das Gesetz hauptsächlich reguliert:
A)Absetzung gewählter Amtsinhaber
Das Rahmengesetz zur Autonomie und Dezentralisierung reguliert, dass kommunale Amtsträger (Bürgermeister und Gouverneure) durch eine formale Amtsenthebungsklage durch einen Staatsanwalt suspendiert werden können. Es ignoriert dabei jedoch die Verfassung, die bestimmt, dass ein gewählter Amtsträger nur durch einen vollstreckten Richterspruch von seinem Amt suspendiert werden kann. Das hier gehegte Risiko besteht im Missbrauch dieser Möglichkeit und damit im Verstoß gegen demokratische Prinzipien. Politische Konflikte und gelähmte kommunale Institutionen können die Folge sein. An diesem Punkt muss man hinterfragen, ob, wie die offiziellen Argumente verlauten lassen, jenes Gesetz wirklich die kollektiven Interessen wahrt.
B)Finanzplan
Das Rahmengesetz zur Autonomie und Dezentralisierung sieht erweiterte Kompetenzen für kommunale Körperschaften vor (Department-Regierungen und Stadtverwaltungen), jedoch auch für autonome indigene Institutionen, die – der Theorie nach – den gleichen Rang wie alle anderen kommunalen Körperschaften haben sollen. Allerdings geht nicht hervor, wie diese komplexe Struktur finanziert werden soll, noch existiert ein Finanzplan, der die neuen Kompetenzen finanziell absichern könnte. Diese Leerstelle wird noch Raum für heftigen Disput über die Beschaffung der notwendigen Mittel gewähren, was freilich die gesamte Konfliktsituation anspannt.
C)Autonomie-Statuten
Das Rahmengesetz zur Autonomie und Dezentralisierung initiiert eine graduelle und komplizierte Anpassung der Autonomie-Statuten, wie sie in Santa Cruz, Beni, Tarija und Pando verlautet werden. Die sozialen und bürgerlichen Organisationen dieser Departments fordern die Anerkennung derselben, weil sich bis jetzt noch nicht herausgestellt hat, dass sie illegalerweise aufgestellt wurden (es besteht kein Beurteilungskriterium im Verfassungstribunal hinsichtlich der Autonomie-Statuten).
Es wird deutlich, dass die Intention des Rahmengesetzes zur Autonomie und Dezentralisierung darin besteht, von der Zentralregierung aus die kommunalen politischen Institutionen zu kontrollieren, was zu der Frage leitet, ob die Zentralregierung wirklich an die Autonomie glaubt.
Alle Teilnehmer waren sich einig, dass die Implikationen des Rahmengesetzes zur Autonomie und Dezentralisierung zum Wohle aller und im Sinne der demokratischen Werte sowie der Verfassung evaluiert werden müssen.