Veranstaltungsberichte
Gemeinsam mit ihren Lehrern aus dem Karl-Liebknecht-Gymnasiums in Frankfurt (Oder) schauten rund 300 Schüler in Frankfurt Oder zunächst das Stasi-Drama "Wir wollten aufs Meer" von Toke Constantin Hebbeln. Der Kino-Film schildert das zerrissene Leben zweier Freunde aus Rostock. Aus ihrer Sehnsucht heraus, die ferne Welt zu erobern, lassen sie sich von der Stasi unter Druck setzen - und werden zu deren Handlangern.
Mit im Publikum saßen Siegmar Faust aus dem Menschenrechtszentrum Cottbus und der Bundesbeauftragte Roland Jahn. Im Anschluss an die Filmvorführung diskutierten die Schüler mit beiden über den Alltag Jugendlicher in der SED-Diktatur. Zentrales Thema war das Leben zwischen Anpassung, Widerstand und Repression. Roland Jahn und Siegmar Faust berichteten über ihre eigenen Erfahrungen in Stasi-Haftanstalten, wie dem Untersuchungsgefängnis Cottbus, das in dem Film eine zentrale Rolle spielt.
Die Fragen der Schüler machen deutlich, wie eindringlich sie der Film beschäftigte: "Wo fängt Verrat an?", "Was unterscheidet ein verratenes Geheimnis heutzutage von der heimlichen IM-Spitzelei von einst?", "Können Sie Ihren ehemaligen IM verzeihen?", "Haben Sie das Gespräch mit IM gesucht?", "Wie hält man das im Knast aus?", "Wie kommt man über solche psychischen Notsituationen hinweg, über Verzweifelung und mögliche Suizidgedanken?".
Roland Jahn wies in seinen Antworten darauf hin, dass manches Schicksal erst durch die offenen Akten nachvollziehbar werde. Er ermutigte die Schüler, selber Fragen an Ihre Eltern nach deren Verhalten oder Leiden in der DDR zu stellen und wies auf die Möglichkeit hin, selber Anträge auf Akteneinsicht stellen zu können. Denn seit der Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes im Jahr 2012 bestehe auch für nachfolgende Generationen von nahen Angehörigen die Möglichkeit zu ergründen, wie das MfS möglicherweise die eigene Familiengeschichte beeinflusst hat.
Bis zur letzten Minute der Veranstaltung, die in Kooperation mit dem Bildungswerk Potsdam der Konrad-Adenauer-Stiftung und der BStU-Außenstelle Frankfurt (Oder) stattfand, blieben die Schüler aufmerksame Zuhörer. Beim Verlassen des Kinos kommentierte einer von ihnen: "Krass, ey, in der DDR hätte ich bestimmt auch gesessen ...".