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Beispiele seien der Umgang mit den Themen Energiewende und Wehrpflicht. Hier seien der Partei Entscheidungen „verordnet“ worden, ohne dass Zeit gewesen wäre, die Dinge ausgiebig zu beraten. Dörflinger kritisierte in diesem Zusammenhang die parteiinternen Regionalkonferenzen. Diese könnten die notwendigen Debatten in den Gremien nicht ersetzen, auch deswegen nicht, weil die Organisationsform „Regionalkonferenz“ im Statut der Partei nicht vorgesehen sei.
Der Berliner Kreis wolle das Gesamtprofil der CDU wieder schärfen, „nicht nur aber auch in konservativer Sicht“, so Dörflinger. Heute sei für ihn nicht mehr klar, wofür die CDU stehe. Statt eines „sachpolitischen Bachladens“ für die „Laufkundschaft“ gelte es wieder mehr die „Stammkunden“ anzusprechen. Ziel sei es dabei aber nicht, die CDU inhaltlich „zurück ins Jahr 1949“ zu katapultieren.
Ausdrücklich betonte Dörflinger, dass der Kreis „keine Revolte“ plane und sein Handeln sich nicht gegen die Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel richte. Im Gegenteil: Die Kanzlerin habe Deutschland mit Bravour durch die europäische Finanz- und Wirtschaftskrise gebracht. Auch sei selbstverständlich, dass die Straußsche Grundregel „Rechts von CDU und CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben“ weiterhin volle Gültigkeit besitze.
Neben der von Dörflinger beschriebenen Profillosigkeit, die durch die Strategie der sogenannten "asymetrischen Demobilisierung" im Wahlkampf noch verstärkt werde, sieht Alexander Gauland, Autor des Buches „Anleitung zum Konservativsein“, im Fehlen von Persönlichkeiten ein weiteres Problem in der CDU. Niemand habe mehr das Profil eines Alfred Dreggers, beklagte er. Erschwerend käme hinzu, dass es konservative Positionen heute in der Gesellschaft per se schwer hätten. Der Mainstream sei sehr viel weiter links als noch vor Jahren. Die Angst davor, den Weg der politischen Korrektheit zu verlassen, wenn man seine ehrliche Meinung vertrete, gleichzeitig gestiegen. „Ständig muss man aufpassen, missverstanden zu werden“, so Gauland. Dabei müssten auch vielleicht falsche oder schräge Meinungen sich ausdrücken dürfen. Vielleicht liegt darin der Grund, dass sich laut Jörg Schönbohm viele Politiker nicht mehr klar zum Konservatismus bekennen. Gerade in ländlichen Regionen wie in Brandenburg, die noch sehr stark konservativ geprägt seien, beobachte er aber eine „Sehnsucht“ nach konservativen Positionen. Nach Schönbohms Worten, strebt der "Berliner Kreis" eine Erneuerung der CDU von innen heraus an.
Dem seit 2009 bestehenden Kreis gehören neben Schönbohm, Gauland und Dörflinger rund 30 weitere Politiker an, darunter Wolfgang Bosbach, Erika Steinbach und Thomas Bareiß. Eigentlich wollte der Kreis bereits im Sommer 2012 ein Grundsatzpapier vorlegen, unterschätzte aber den Abstimmungsprozess, wie Dörflinger einräumte. Nun soll der Öffentlichkeit aber „demnächst“ ein „Kompendium“ vorgestellt werden und damit die „Gründungsphase“ des Kreises beendet werden.
In der Anschließenden Diskussion gab es sowohl kritische wie zustimmende Äußerungen zum "Berliner Kreis". Die stellvertretende CDU-Vorsitzende von Brandenburg, Barbara Richstein, setzte sich mit dem konservativen Aushängeschild des Betreuungsgeldes auseinander und nahm die Frauenquote in Schutz; Stammwähler der CDU, so sagte ein Diskutant, gebe es nicht nur auf der konservativen Seite, und er fühle sich vom aktuellen Kurs der CDU gut vertreten; ein anderer fragte, ob der Kreis nicht bloß ein Feigenblatt darstelle und eine neue konservative Partei nicht der bessere Weg sei, was Dörflinger eindeutig ablehnte. Die klare Erkennbarkeit und Unterscheidbarkeit christdemokratischer Politik vermissten wieder andere. Dass mit dem Generalsekretär der Brandenburger SPD, Klaus Nees, dem Chef der Staatskanzlei, Albrecht Gerber, und dem Sozialstaatssekretär, Prof. Wolfgang Schröder, gleich drei strategische Köpfe der Sozialdemokratie in Brandenburg die Diskussion verfolgten, ist bemerkenswert. So konnte die Debatte beim anschließenden Empfang parteiübergreifend fortgesetzt werden.