Veranstaltungsberichte
Auf den Spuren der Energiewende in der Lausitz
Mit zwei Veranstaltungen zur Energiepolitik war die Konrad-Adenauer-Stiftung in ihren Themenwochen "Zukunft Deutschland" in der Lausitz vertreten. Eine Primäre war dabei das gemeinsame Seminar des Bildungswerkes Potsdam mit der Begabtenförderung der Adenauer-Stiftung zum Thema Energiewende und Braunkohletagebau vom 19. bis 21. April in Guben, rund 30 Kilometer nördlich von Forst an der Lausitzer Neiße, wobei allerdings bei reger Teilnahme der KAS-Stipendiaten, die ebenfalls eingeladenen Alt-Stipendiaten, Freundeskreismitglieder der Stiftung und Brandenburger Bürger wenig Interesse an diesem spannenden Seminarangebot zeigten.
Die Stipendiaten unterschiedlicher Fachrichtungen der Brandenburger Universitäten in Cottbus, Frankfurt/Oder und Potsdam diskutierten am Freitagabend gemeinsam mit der Refertin der Begabtenförderung, Dr. Pamela Luckau, und dem KAS-Landesbeauftragten Stephan Raabe zuerst mit dem Leiter des Fachgebietes Energiesysteme und Regierungsberater Prof. Georg Erdmann von der TU Berlin sowie mit Alt-Stipendiat Dr. Tobias Pohl aus dem Referat Energiepolitik des Bundeskanzleramtes den Stand und die Perspektiven der "Energiewende" in Deutschland. Dabei wurde die Komplexität des Themas und die Herausforderung der systemischen Steuerung in der Energiepolitik deutlich.
"Zwischen den Fronten" und auf "Braunkohle Safari"
Am Samstag begab sich dann die Gruppe mitten zwischen die Fronten bei einer öffentlichen Pro und Contra Diskussion zum Braunkohletagebau im kleinen Ort Taubendorf, der durch die Erweiterung des Tagebaues Jänschwalde genau an den Rand des Tagebaus gerät, schlimmer noch in Zukunft zwischen die Tagebaue in Deutschland und Polen eingezwängt wird. Grundwasserabsenkung, Gebäudeschäden, Wertverlust von Häusern und Grundstücken, Lärm- und Staubbelästigunge, weitere Fahrwege, mangelnde Planungssicherheit und interner Streit, wie mit all dem umzugehen sei, sind die Folgen. Im Gemeindehaus des Dorfes diskutierten der Ortsbürgermeister Jürgen Handreck und der evangelische Pfarrer des Gebietes, Mathias Bernd, beides Gegner des Tagebaus, und die Befürworter Helmut Franz, ehmaliger Betriebsrat von Vattenfall, dem schwedischen Unternehmen, das den Lausitzer Tagebau betreibt, und der Bürgermeister von Spremberg Dr. Klaus-Peter Schulze, dessen Gemeinde ebenfalls vom Bergbau seit langem betroffen ist. Das Für und Wider wurde abgewogen, die Bürger aus dem Ort gaben Einblick in die Befindlichkeiten und die Diskussionlage, ja Zerrissenheit vor Ort zwischen Befürwortern und Gegnern des Tagebaus, aber auch bei den Gegnern untereinander über die richtige Strategie des Kampfes. Auf einen gemeinsamen Nenner kann man bei derart unterschiedlicher Betroffenheit und Sichtweise auf den Tagebau wohl kaum kommen. Das Fazit der Diskussion war jedoch, dass die mangelnde Planungssicherheit für die Betroffenen ein Kernproblem darstelle, dass den vom Tagebau direkt Betroffenen so gut wie möglich geholfen werden müsse - auch wenn es sich "nur" um wenige Tausend Menschen handelt; hier gibt es offensichtlich noch Verbesserungspotential seitens Politik und Unternehmen; zudem brauche die Lausitz so oder so einen Plan B für die Zukunft, da die Braunkohle in jedem Fall nur als Brückenenergie diene.
Am Nachmittag wurde die Stipendiaten-Gruppe dann auf Einladung des Energieerzeugers Vattenfall auf eine "Jeep-Safari" durch den Braunkohletagebau und die ökologischen Ausgleichsgebiete in der Spreeaue geführt. Dort wurden die energiewirtschaftlichen Vorteile und die positiven Effekte für Randgemeinden und Natur aufgezeigt: Ausgleichsleistungen für Gemeinden und Natur, Einnahmen für Gemeinden, Eingrenzung der Belastungen, Ausschöpfung eigener Energiequellen und Arbeitsplätze für die Region. Obwohl die Ausgleichsmaßnahmen und die Rekultivierung einiges Geld koste, bleibe der Braunkohleabbau dennoch ein lukratives Geschäft und für die deutsche Energieversorgung bis auf weiteres notwendig, so die nicht unplausible Sicht des Unternehmens. Ein Tag voller widersprüchlicher Eindrücke ging so zu ende.
Guben und Gubin: der Blick über die Grenze nach Polen
Am Sonntagmorgen schilderte schließlich der amtierende Bürgermeister Fred Mahro der Stadt Guben, die ebenalls von der Erweiterung des Tagebaues betroffen sein wird, die komplizierte Gemengelage aus sich des Kommunalbeamten, wobei er auch ausführlicher auf die Entwicklung des Tagebaues auf der anderen Seite der Neiße in Polen und die nicht immer leichte Zusammenarbeit mit dem Nachbarland einging. Südlich von Gubin solle es auf polnischer Seite einen großen Braunkohltagebau samt einem neuen Kraftwerk geben. Allerdings gingen die Dinge durch die zentralstaatliche Dominanz schneller von statten und mit weniger Rücksichten. Der Bürgermeister betonte erneut, die Ungewissheit als größtes Problem für die Bürger im Umkreis des Tagebaus. Wie schon in Taubendorf am Vortag kam ein gewisses Gefühl der Verlassenheit zum Ausdruck, das bei nicht wenigen Menschen der Region zur Frustration führt. Andererseits zeigte sich immer wieder auch eine Tendenz von Obrigkeitsorientierung, also der Erwartung, dass die Landespolitik oder Bundespolitik die Situation richten müsse.
Mit einer Reflexion all der unterschiedlichen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlich-menschlichen Faktoren und Ebenen schloss das Seminar, das im nächsten Jahr eine Fortführung im Bereich der alternativen erneuerbaren Energien finden soll.
Auf diese Weise wurden bei zwei Veranstaltungen eine zentrale Zukunftsfrage der Lausitz, Brandenburgs und Deutschlands mit ihren europäischen Bezügen behandelt und auf ihre politischen Konsequenzen hin analysiert. Die Lausitzer Rundschau berichtete darüber in ihrer Ausgabe vom 22. April: "In Taubendorf der Energiewende auf der Spur".