Als jüngst der Bremer Verfassungsschutzbericht 2019 vorlag, wurde die Rote Hilfe erneut als verfassungsfeindlich, linksextremistisch und gewaltorientiert eingestuft. Der Verein hilft linken Gewalttätern finanziell, entzieht diesen aber seine Unterstützung, wenn sie sich von einer militanten Aktion distanzieren, sie bereuen oder sich gar dafür entschuldigen. „Keine Zusammenarbeit mit den staatlichen Repressionsorganen“, lautet das Credo.
Was vom Verfassungsschutz unerwähnt blieb: Der Co-Landesvorsitzende der Bremer Linken von 2015 bis 2019 hatte kein Hehl aus seiner Mitgliedschaft bei der Roten Hilfe gemacht, ja sogar mit seiner zehnjährigen Vereinstreue geprahlt. Auch die Gewaltbefürwortung der Linksextremisten schien ihn nicht abzuschrecken, vielmehr warb er für deren Unterstützung und den Beitritt zur Roten Hilfe.
Fast überall hätte das politische Konsequenzen gehabt. Immerhin handelte es sich nicht um ein einfaches Mitglied, sondern um den höchsten Repräsentanten der Linken auf Landesebene. Und in Bremen? Hier kam es zu Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und Linken „auf Augenhöhe“ – angeführt von den Landesvorsitzenden. Als Bonus wurde der Koalitionsvertrag – zur Freude der SED-Nachfolger – ausgerechnet am 13. August unterschrieben, dem Tag des Berliner Mauerbaus, womit Grüne und SPD etwa so viel historische Sensibilität bewiesen wie ein Elefant im Porzellanladen.
Tagsüber am „demokratischen Projekt“ feilen
Dabei fragt man sich, wie das beim Linken-Vorsitzenden eigentlich praktisch ablief? Tagsüber mit Grünen und SPD am gemeinsamen „demokratischen Projekt“ feilen und nach Feierabend mit den Genossen von der Roten Hilfe den flüchtigen Terroristen der RAF alles Gute wünschen?
Der Widerspruch, dass der Verfassungsschutz vor einer gewaltorientierten Gruppe warnte, für die der Landesvorsitzende der Linken sogar warb, schien weder SPD noch Grüne zu stören. Ein Stück aus dem Bremer Tollhaus. Welchen Zweck haben eigentlich Einschätzungen der Sicherheitsbehörden, wenn sie ignoriert werden? Und wenn die Polizei am Sielwall Hohn und Spott erntet oder es ordentlich „auf die Fresse“ gibt, um es einmal in der Sprache der von der Roten Hilfe unterstützten Gewalttäter zu sagen, sollte man dann nicht mal nach den politischen Wegbereitern fragen? Von nichts kommt nichts.
Der Fall sagt nicht nur etwas über die Linke, er zeigt die offene Flanke von Grünen und SPD: Beide haben wenig gegen Linksextremismus – solange man ihn zum politischen Machterhalt einbinden kann. Das könnte sich als Bumerang erweisen.
Zur Person
Unser Gastautor leitet das Politische Bildungsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bremen. Er ist Mitherausgeber des Buches „Politischer Extremismus im Vergleich“.
Erschienen im Weser-Kurier am 16.08.2020