Veranstaltungsberichte
Ralf Altenhof, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung Bremen, begrüßte zu Beginn der Veranstaltung alle Anwesenden und bedankte sich für das Interesse an diesem umstrittenen Thema. Das Konzept des Multikulturalismus bezeichnete er als „gescheitert“. Es habe nicht zu einem Miteinander verschiedener Kulturen geführt, sondern zu einem Nebeneinander und zu Parallelgesellschaften. Heute sei es allgemeiner Konsens, dass Migranten Deutsch lernen müssten. Wer das vor 10 oder 15 Jahren gefordert hätte, wäre von Verfechtern des Multikulturalismus als Nationalist verunglimpft worden.
Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte hätten deutlich aufgezeigt, dass ein Fördern ohne Fordern nicht möglich sei. Genauso könne man von niemandem erwarten, dass er sich komplett assimiliere und somit seine eigene Geschichte und Kultur völlig aufgebe. Es müsse also einen „Mittelweg, wenngleich in Richtung Assimilation“ gefunden werden, durch den sich Migranten zwar an die Mehrheitsgesellschaft anpassen, hierbei aber ihre eigene Kultur bewahren können.
Bevor Koopmans seine Studie zur Integration von Migranten in Europa vorstellte, erläuterte er die Bedeutung des Assimilationsbegriffes. So sei Assimilation im ursprünglichen amerikanischen Sinne keineswegs zwangsweise mit dem Verlust der eigenen Kultur verbunden. Es komme gesellschaftlich und ihm persönlich nicht darauf an, wie intensiv die Herkunftskultur ausgelebt, die -sprache gesprochen, die -medien verfolgt und Verbindungen in die Heimat gepflegt werden. Für die Integration sei aber relevant, dass neben der Kultur des Herkunftslandes auch die Kultur des Einwanderungslandes einen hohen Stellenwert im Leben der Migranten genießt. So müssen laut Koopmans enge Verbindungen zu „Alteingesessenen“ aufgebaut werden und die Sprache muss möglichst schnell erlernt sowie die hiesigen Medien verfolgt werden.
All diese Thesen untermauerte er mit seinen „Eurislam“ und „SCIICS“ Studien, die in verschiedenen europäischen Ländern durchgeführt wurden. Hierbei wurde anhand von mehreren muslimischen Zuwanderungsgruppen untersucht, welchen Einfluss die kulturelle Integration - also Medienkonsum, Sprachkenntnisse und interethnische soziale Kontakte - auf die strukturelle Integration – in diesem Fall die Chancen auf dem Arbeitsmarkt - hat. Dabei kam heraus, dass die Arbeitslosenrate im Allgemeinen bei den Migranten zwar deutlich höher war als bei der Mehrheitsgesellschaft. Wenn man nun aber lediglich jene Migranten mit der Mehrheitsgesellschaft vergleicht, die sich kulturell gut integriert haben, stellt man fest, dass sich die Arbeitslosenquoten kaum voneinander unterscheiden. Diese Erkenntnisse stützen auch die klassische amerikanische Assimilationstheorie, nach der die kulturelle Integration die Voraussetzung für die strukturelle Integration ist.
Des Weiteren wurde durch Befragungen ersichtlich, dass der Anteil an Fundamentalismus und Fremdenfeindlichkeit bei den Zugezogenen um ein Vielfaches höher war als bei den Europäern. In diesem Fall änderte auch der Bildungsstand wenig am Ergebnis.
Valentina Tuchel merkte an, dass sie persönlich sowie bei ihrer Arbeit in der Arbeiterwohlfahrt die Erfahrung gemacht hat, dass viele Migranten und Flüchtlinge gerne schnell deutsch lernen möchten, dies aber aufgrund von überfüllten Kursen nicht immer möglich sei. „Diese Motivation müssen wir anerkennen“, verdeutlichte Tuchel. Sie gab zudem zu bedenken, dass diese wissenschaftliche Studie zwar „theoretische Probleme“, aber keine „praktischen Antworten“ liefere. Die Wissenschaft mache es sich „zu leicht“, da sie nur Fakten, aber keine Lösungsansätze liefere.
Koopmans stellte klar, dass die Aufgabe der Wissenschaft darin besteht, Untersuchungsergebnisse zu präsentieren, die dann als Grundlage für politische Prozesses dienen. Es sei dann die Aufgabe der Politiker, diese Informationen zu verwerten. Er mahnte an, die Fehler vergangener Migrationsbewegungen in der aktuellen Flüchtlingskrise nicht zu wiederholen. Zudem unterbreitete der Wissenschaftler einen Lösungsvorschlag zur Bekämpfung des religiösen Fanatismus und zur besseren Integration von Muslimen: Die staatlichen Mittel, die momentan noch an islamische Dachverbände wie DiTiB oder den Zentralrat der Muslime in Deutschland fließen, sollten lieber direkt an moderate islamische Gemeinden und Initiativen gehen. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass keine extremistischen Strömungen innerhalb dieser Verbände unterstützt würden.
Sigrid Grönert vertrat die Ansicht, dass man sich vor allem auf die jüngere Generation konzentrieren solle. Zum einen sei es wichtig, sie schnell zu integrieren, sodass der Fundamentalismus bei ihnen gar nicht erst Fuß fassen kann. Zudem könne man über sie auch leichter an die Gesamtgruppe herantreten. Wichtig war ihr zusätzlich eine klare Differenzierung zwischen Migranten und Flüchtlingen, da deren Umstände sich stark voneinander unterscheiden. Antwortend auf eine Frage aus dem Publikum, erläuterte sie, dass die Vermittlung der deutschen Rechte und Pflichten ihrer Meinung nach in den Erstaufnahmezentren nicht systematisch, sondern eher zufällig im persönlichen Umfeld mit Gepflogenheiten in Deutschland vertraut gemacht werden. Auch hier sieht sie Nachholbedarf, wenn Integration gelingen soll.
Themen
Das „Win - win“ Migrationsabkommen zwischen Deutschland und Kenia: Wer profitiert tatsächlich
Mauretanien wird zur neuen Hauptroute für Migration nach Europa
Von Schutzsuchenden zu Fachkräften
„Die Fachkräfteeinwanderung ist eine Notwendigkeit, um unseren Wohlstand zu sichern“
„Es geht nicht nur um das Finden, sondern auch um das Binden internationaler Talente“