Veranstaltungsberichte
In seinem Impulsreferat verdeutlichte Prof. Dr. Elter, Autor des Buches „Bierzelt oder Blog? Politik im digitalen Zeitalter“, zunächst den Unterschied zwischen Web 1.0 und Web 2.0. Stehe ersteres für die Anfänge des Internets, handele es sich bei letzterem um das Internet als Mittel zur Interaktion insbesondere durch „Social Media“ wie Weblogs oder soziale Netzwerke. Überdies nannte er einige Zahlen zur Internetnutzung in Deutschland: 70 % aller Deutschen gingen gelegentlich ins Internet und 60 % der Internetnutzer seien unter 30 Jahre alt. Anschließend stellte er die Frage, inwiefern das Web 2.0 auch Politik beeinflussen könne. So habe beispielsweise der Internetwahlkampf der Parteien zur Bundestagswahl 2009 eher einen Hinweischarakter gehabt, der sich vor allem durch Werbebotschaften in virtueller Form ausgezeichnet habe. Auf individuelle Anliegen hingegen sei nicht konkret eingegangen worden. Prof. Dr. Elter sieht zwei Kardinalfehler: Die Interaktionsmöglichkeit des Internets sei nicht ausgenutzt und der Bürger lediglich als (potenzieller) Wähler gesehen worden, ohne diesen wirklich mit einzubeziehen. In der Podiumsdiskussion wurde u. a. das Konzept der „Liquid Democracy“ der Piratenpartei Deutschland thematisiert. Hierbei handelt es sich um ein Ende 2009 gestartetes Projekt, in dem jeder Teilnehmer selbst entscheiden kann, inwieweit er seine eigenen Interessen wahrnehmen will und inwieweit er diese – etwa durch das Stellen eigener Anträge – von Anderen vertreten sehen möchte. „Die Idee der Partizipation und des Austausches hat das Ziel, einen fließenden Übergang zwischen direkter und indirekter Demokratie zu schaffen“, sagte Erich Sturm.
Auf das Podiumsgespräch folgte ein lebendiger Austausch mit dem Publikum, das mitunter konstruktive und äußerst kritische Fragen stellte. Kontrovers diskutiert wurde die Frage, wo sich Bürger und Politik in Zukunft im digitalen Netz treffen werden. Mathias Makosch führte als Argument der teils noch ausbaufähigen Präsenz deutscher Parteien im Internet einen großen Ressourcenaufwand und die Befürchtung vor Kontrollverlust an. Heiko Strohmann ergänzte: „Man sollte nur Sachen machen, die von anderen auch angenommen werden. Für Wahlkämpfe ist die Face-to-Face-Kommunikation durch Hausbesuche und Werbestände weiterhin ein sehr wichtiger Faktor.“
So herrschte im Endeffekt Einigkeit darüber, dass das Web 2.0 auch in Zukunft lediglich eines von vielen Instrumenten zur politischen Auseinandersetzung bleiben wird, was Strohmann wie folgt formulierte: „Aktuelle Tendenzen zeigen, dass wir uns auf dem Weg in eine themenorientierte Diskussionskultur befinden, in der der Inhalt im Vordergrund steht – und nicht das Medium der Übermittlung.“ So könnte man sagen: Das Fazit muss lauten: Bierzelt und Blog.