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Von Bremen bis nach Kiel, 158 km, so lang wären die Akten des Staatssicherheitsdienstes der DDR, würde man sie auslegen. Mit dieser unvorstellbaren Masse befasst sich die „Stasi-Unterlagen-Behörde“. Marianne Birthler ist es in ihrem Vortrag ein Anliegen, die Bedeutung der Akten – nicht nur für die Vergangenheitsbewältigung, sondern auch für zukünftige Generationen – zu verdeutlichen. „Wenn man aus der Geschichte lernen will, dann muss man sie weitergeben“, ergänzt Thomas Röwekamp.
Was weiß eigentlich die junge Generation über die DDR? Das Fazit, folgt man wissenschaftlichen Studien, fällt ernüchternd aus. Marianne Birthler behauptet, würde man die gleiche Umfrage mit Erwachsenen machen, würden die Ergebnisse ähnlich ausfallen. Die Aufarbeitung der SED-Diktatur und Erinnerung an den Alltag in der DDR aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, dies sei, berichtet Birthler, ein wichtiges Anliegen ihrer Behörde. Die Stasi-Unterlagen-Behörde genieße weltweit eine Vorbildfunktion. Dies schreibt Marianne Birthler der Integration zweier Komponenten im Rahmen der Institution zu: Zum einen sei in der Architektur, auf Forderung von Bürgerrechtlern, das Prinzip der „Offenheit“ verankert. Zum anderen wahre die Stasi-Unterlagen Behörde die „Rechtsstaatlichkeit“, sprich den Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung.
Für Marianne Birthler sind die Akten, welche sie in der Stasi-Unterlagen-Behörde verwaltet und erschließt, ein wahrer „Schatz“. Sie enthielten Informationen aus nahezu allen Bereichen der DDR und seien für Forschungsvorhaben oftmals die einzige Quelle. Die Bundesbeauftragte hebt auch den Stellenwert der Stasi-Unterlagen für Zeitzeugen der SED-Diktatur hervor. Die Akten seien für Menschen, welche Opfer einer „psychischen Zerstörung und Zersetzung“ des Machtapparats der DDR geworden seien, eine wichtige Unterstützung, um die Erlebnisse der DDR-Zeit aufzuarbeiten. Selbst 20 Jahre nach dem Mauerfall hat das Interesse nach der Akteneinsicht, wie die kontinuierliche Anzahl an Anträgen zur Akteneinsicht veranschaulicht, nicht nachgelassen. Rund 1,7 Millionen Menschen haben bereits Akteneinsicht beantragt. Dies sei ein Zeichen, sagt Marianne Birthler: „Die Bürger sagen „Nein“ zum Schweigen und „Nein“ zum Schlussstrich“.