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Von „unvollständige Berichterstattung“ über „zu viel Nähe zur Politik“ bis hin zu „keine Pressefreiheit“ – die Vorwürfe an die Medien sind vielfältig und in weiten Teilen der Gesellschaft verbreitet. Diese Kritik werde unter anderem durch falsche Erwartungen und mangelndes Verständnis seitens der Mediennutzer gegenüber dem Beruf des Journalismus ausgelöst, stellte Prof. Dr. Horst Pöttker in seinem Impulsreferat heraus. Aber auch die Medien selbst stünden in der Pflicht, mehr Transparenz zu schaffen und über die Arbeitsweise von Journalisten aufzuklären, um das Verhältnis zwischen Medien und Rezipienten nachhaltig zu verbessern. Zudem kritisierte er die Arbeit des Presserates, die transparenter stattfinden und das Publikum einbeziehen müsse.
Im der anschließenden Diskussion gingen die Diskussionspartner auf den wieder vermehrt genutzten Begriff „Lügenpresse“ ein. Jan Weyrauch erklärte, dass bei der Auswahl der Themen für die Berichterstattung eine bewusste und notwendige Selektion stattfinde, da ein allumfassender Bericht nicht möglich sei – das habe jedoch nichts mit einer vorsätzlichen Lüge, wie sie der Presse häufig vorgeworfen wird, zu tun. „Das Wort Lügenpresse ist ein Totschlagargument, durch das keine vernünftige Diskussion mehr möglich ist“, sagte er.
Viel sinnvoller sei es, sich mit der Glaubwürdigkeit der Medien auseinanderzusetzen und zu diskutieren, wie man diese verbessern könne. Christoph Willenbrink berichtete, dass man bei der Nordseezeitung zu diesem Zweck ein Lesertelefon für Anregungen und Beschwerden eingerichtet habe sowie eine Korrekturspalte nutze, um Fehler in der Berichterstattung zu korrigieren. Darüber hinaus schlug Prof. Dr. Horst Pöttker vor, die direkte Vermittlung zwischen Medien und Publikum durch einen Ombudsmann zu ermöglichen.
Den Vorwurf, die Medien seien von der Politik gelenkt, dementierte Jan Weyrauch. Wäre dies der Fall, könnten die Medien ihre Aufgabe nicht erfüllen und würden jede Glaubwürdigkeit verlieren, sagte er. Christoph Willenbrink ergänzte, dass eine völlig neutrale Presse nicht möglich sei, da sich die Weltanschauung eines Journalisten immer in geringem Ausmaß in seiner Berichterstattung widerspiegele. Man arbeite aber stets nach dem Grundsatz, möglichst alle Seiten eines Themas darzustellen. Wichtig sei es dabei, auch die Schwächen der Demokratie in den Medien zu diskutieren, um sie weiter zu entwickeln und zu verbessern, fügte Prof. Dr. Horst Pöttker hinzu.
Auch über die Rolle der sozialen Medien wurde viel diskutiert. „Im Journalismus geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, sagte Jan Weyrauch. Da sich Gerüchte und (ungeprüfte) Informationen aber schnell im Internet verbreiteten, nehme der Aktualitätsdruck zu und es komme oft der Vorwurf auf, dass die traditionellen Medien nicht - oder nicht schnell genug - über ein bestimmtes Thema berichten würden. Trotz dieser Konkurrenz durch das Internet sei es jedoch wichtig, journalistische Standards einzuhalten.
Die Interaktion zwischen Journalisten und Mediennutzern habe durch die sozialen Netzwerke deutlich zugenommen, berichtete Jan Weyrauch. Dabei entstünden teilweise interessante Diskussionen, andererseits herrsche bisweilen ein enthemmter Ton und es müssten Kommentare gelöscht werden - der „Ansturm" an Meinungen und Äußerungen werde immer schwerer händelbar. Moderatorin Almuth Knigge betonte, dass eine „Kommunikation auf Augenhöhe“ zwischen Medienvertretern und dem Publikum erwünscht sei, mögliche Kritik jedoch immer auf respektvolle Art und Weise geäußert werden müsse.