Vortrag
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Frau Prof. Hübner stellte ihrer Rede eine Analyse der europäischen Wirtschaftslage voran: das Wirtschaftswachstum sei zu gering, die Arbeitslosigkeit zu hoch, in Bildung und Forschung erreiche Europa nicht die selbstgesteckten Ziele. Vor diesem Hintergrund sei es nicht verwunderlich, daß die Globalisierung von den Bürgern als Bedrohung wahrgenommen werde. Die Kommissarin hält diese Befürchtungen jedoch für unangebracht und betont das enorme Potential, über das Europa verfüge. Die EU sei die wirtschaftlich und sozial am höchsten entwickelte Weltregion mit dem größten Markt der Erde. Europäische Errungenschaften im Bereich des Umweltschutzes und des Sozialstaates sind in den Augen der Wirtschaftswissenschaftlerin strategische Vorteile im weltweiten Wettbewerb. Die Union und insbesondere die neuen Mitgliedsstaaten bergen ein enormes Entwicklungspotential und bieten so eine herausragende Chance für die Prosperität der Gemeinschaft.
Nach dieser einleitenden Situationsbestimmung widmete sich Frau Professor Hübner Ansprüchen und Zielen moderner Regionalpolitik. Als Ausdruck der Solidarität sei die Politik der EU gegenüber den Regionen darauf ausgerichtet, die Lebensstandards in der Gemeinschaft anzugleichen. Die Regionalpolitik sei dabei eng abgestimmt mit der Lissabon-Agenda für wirtschaftliche Entwicklung. Finanzielle Förderung sei, betonte die Kommissarin, in diesem Zusammenhang als eine Investition in den zukünftigen Wohlstand der Gemeinschaft zu sehen. Die ‚armen’ Regionen, also solche die über weniger als 75% des durchschnittlichen europäischen BIPs verfügen, hätten dank der Politik der EU in den letzten Jahren rasch aufholen können. Die Aufgabe dieser regionalen Förderung werde, so Frau Hübner weiter, mit dem Beitritt Rumäniens und Bulgariens 2007 noch größere Bedeutung zukommen. Die Vergabe der Fördermittel werde eindringlich durch die Kommission geprüft, um so das Entstehen einer Kultur der Abhängigkeit zu verhindern. Erfolgreiche Regionalpolitik beruhe in erster Linie auf zwei Gruppen von Faktoren: ‚harten’ und ‚weichen’. Zu ersteren zählt die Kommissarin das Vorhandensein einer grundlegenden Infrastruktur, sowie die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Arbeitskräfte. Zu den ‚weichen’ Faktoren zählt Frau Hübner all diejenigen Prozesse, die eine moderne Wissensgesellschaft ausmachen. Ihrer Analyse der Situation in der Gemeinschaft zufolge, verfügt die EU über hervorragende Startbedingungen, die jedoch in den Regionen häufig nicht ausreichend genutzt würden. Aufgabe der Regionalpolitik sei es deshalb, Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Attraktivität einer Region für Investoren könne durch gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur und der Dienstleistungen erheblich gesteigert werden. Ferner komme der Förderung von Forschung und Innovation eine zentrale Rolle zu. In der Ausführung der Regionalpolitik, so die Rednerin, operiere die Kommission mit detailliert auf die Bedürfnisse angepaßten Strategien, die sich auf lokale Akteure und deren Wissen stützen. Häufig reiche bereites eine relativ geringe Unterstützung der EU aus, um Großes zu bewirken. Bei ihren Reisen durch die Regionen, berichtete Frau Professor Hübner, haben ihr Bürger immer wieder die klare Botschaft überbracht: Ohne die EU wäre dies nicht möglich gewesen. Die Kommissarin richtete einen dringenden Appell an die Staats- und Regierungschefs, die finanzielle Planung 2007 rasch zu verabschieden, um Verzögerungen in der Vergabe der Mittel zu vermeiden und bei der Bemessung des Budgets die zentrale Rolle der Regionalpolitik zu bedenken.
In der anschließenden lebendigen Diskussion beantwortete Frau Prof. Hübner als Wirtschaftswissenschaftlerin, Kommissarin und als polnische Staatsbürgerin Fragen, die von den deutsch-polnischen Beziehungen über das Budget der EU bis hin zur Sicherheit der Energieversorgung der EU reichten.