Online-Seminar
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Am 5. Mai hat das Bundesverfassungsgericht mehreren Verfassungsbeschwerden gegen das PSPP-Staatsanleihenkaufprogramm (Public Sector Purchase Programme) der Europäischen Zentralbank (EZB) stattgegeben. In seinem Urteil kommt das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis, dass die EZB in den PSPP-Beschlüssen ihrer Pflicht zur Reflektion der wirtschaftspolitischen Folgen nicht ausreichend nachgekommen ist und damit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt hat. Da weder Bundesregierung noch Bundestag geeignete Maßnahmen dagegen ergriffen hätten, seien somit die Kläger in ihren Rechten verletzt worden.
Besondere Brisanz gewinnt die Verfassungsgerichtsentscheidung allerdings dadurch, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) das EZB-Programm in einem Vorlageverfahren bereits als mit dem Unionsrecht vereinbar beurteilt hat. An diese Entscheidung fühlt sich das Bundesverfassungsgericht allerdings nicht gebunden. Es stellt vielmehr fest, dass die EuGH-Entscheidung „schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar und insoweit ultra vires", also außerhalb dessen rechtlicher Kompetenzen, ergangen sei.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat sowohl ein großes Medienecho als auch eine scharfe Kontroverse in Rechtswissenschaft und Politik ausgelöst. Die Bewertung des Urteils reicht von „Absturz in einen Art Richter-faustrecht" (Prof. Mayer) bis „Chance für Europa" (Verfassungsrichter a.D. Kirchhof). Zudem wird hitzig darüber debattiert, wie der aktuelle Konflikt aufgelöst werden kann, welche Implikationen das Urteil für das aktuelle PEPP-Programm hat und inwiefern das deutsche Urteil zukünftig anderen Mitgliedsstaaten als Blaupause zur Abwehr unbequemer EU-Rechtsakte dienen könnte.
Wir freuen uns sehr, diese Fragen mit Bundesverfassungsrichter Peter Müller, Ministerpräsident des Saarlands a.D., im Rahmen einer Online-Veranstaltung diskutieren zu dürfen. Als Bundesverfassungsrichter war Peter Müller unmittelbar am PSPP-Urteil beteiligt und wird uns gemeinsam mit Prof. Dr. Christian Calliess, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Europarecht an der FU Berlin, die Umstände und Auswirkungen der Entscheidung genauer erläutern.
Wir laden Sie herzlich zu diesem offenen digitalen Austausch am 30.06.2020 um 11 Uhr ein. Moderiert wird die Diskussion von Dr. Thomas Gutschker, EU-Korrespondent der FAZ. Wir freuen uns auf Ihre aktive Teilnahme.