Fachkonferenz
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Die Experten tauschten sich über die ihrer Ansicht nach dringlichen und notwendigen Themen und Ziele für interkulturellen Dialog in Europa aus.
„Die europäische Union muss mehr als ein ökonomischer Raum sein.“, betonte Rev. Rüdiger Noll, Moderator des Seminars und Direktor der Kommission Kirche und Gesellschaft der Konferenz Europäischer Kirchen in seiner Einleitung. „Das europäische Projekt muss ein Projekt von und für seine Leute sein, es muss ein Projekt sein, das auf gemeinsam geteilten Werten basiert. Das ist der Grund warum das europäische Jahr des Interkulturellen Dialogs so wichtig ist.“, fügte er hinzu. „Mit der Veranstaltungsreihe von diesen Seminaren, wünschen wir, die Kommission der Bischofskonferenzen der EU (COMECE), die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und die Kommission ‚ Kirche und Gesellschaft’ der KEK (Konferenz der europäischen Kirchen), einen Beitrag zum europäischen Jahr des Interkulturellen Dialogs zu leisten in dem wir den Dialog und Werte wie die Menschenwürde, Toleranz und Freiheit für Religion und Glaube fördern.“
Prof. Dr Ural Manco, Religionssoziologe an der Universität Saint-Louis (Brüssel), fokussierte sich in seiner Präsentation auf die Muslime im Westen Europas, die im Laufe der letzten 50 Jahre nach Europa gekommen sind. Er bestand darauf, dass in unserem gegenwärtigen Kontext (post-industrielle Ära), in dem das Individuum die höchste Stellung in der Gesellschaft einnimmt, Personen die Notwendigkeit fühlen sich und ihre Identität kontinuierlich und in jeder Hinsicht zu bestätigen. Sonst hätten sie ein Gefühl nicht anerkannt zu sein. Auf diese Art und Weise ist für viele Migranten der Islam eine Methode, sich als Personen in der westlichen Gesellschaft selbst zu behaupten. Ihre religiöse Identität als Muslim zu bekräftigen ist eine Art und Weise sich selbst zu bestätigen und Anerkennung zu erhalten. Für diejenigen, die das Gefühl haben, dass sie durch ihre Arbeit oder ihren Beruf keine Anerkennung gewinnen, ermöglicht ihre religiöse Überzeugung und dadurch die Bestätigung der Identität, den Erhalt von Anerkennung.
Religionen haben ihre internen Hindernisse und Probleme, erklärte Imam Tareq Oubrou, Rektor der Al-Houda Moschee, Bordeaux, Frankreich. Er betont deswegen die Notwendigkeit Wege zu finden, um zu vermeiden, dass der Dialog zwischen Religionen den Dialog innerhalb einer Religion ersetzt. Durch letzteren sollte eine Religion sich gezielt ihrer speziellen Probleme zuwenden. Imam Oubrou sagte, er repräsentiere den orthodoxen Islam, der die Notwendigkeit für einen theologischen Dialog sehe, während er sich gleichzeitig auf die vielen Passagen im Koran bezog, die von Vielfalt und Toleranz sprechen. Diese orthodoxe Theologie von Offenheit gegenüber Vielfalt sei sehr wichtig und er bedauere, dass Muslime noch nicht ihre theologischen Hausaufgaben gemacht hätten. Er sei auch der Ansicht, dass Christen Muslimen viel über Säkularisierung und Moderne lehren könnten und dass Muslime in diesem Aspekt auf die Erfahrung der Christen vertrauen sollten.
Fr. Ignace Berten, Dominikaner und Gründer von der „Espaces“ Assoziation erklärte, dass Integration schwieriger werde für Immigranten, die aus Nord Afrika und der Türkei kommen aufgrund einer kulturell immer größer werdender Lücke und auch durch die hohe Arbeitslosigkeit der oft nicht ausreichend qualifizierten Immigranten. Die zweite und dritte Generation der Muslime sei von jungen Leuten charakterisiert, die unter Identitätskrisen leiden. Lösungen für dieses Problem, Menschen zu integrieren, könnten Bildung, sozialer Unterstützung und in einem besseren Wissen über die je andere Geschichte sein. In vergleichbaren Worten erwähnt er auch, dass Christen bereits Erfolg hatten in der Wahrnehmung ihrer religiöser Texte im geschichtlichen Kontext und deswegen fähig seien, zwischen dem Glauben an sich und kulturell Bedingtem zu unterscheiden.
In der Zusammenfassung der Podiumsdiskussion, betont Frau Ramona Nicole Mănescu, MEP (ADLE-RO) die Schwierigkeiten, die sich aus der Begegnung und im Aufbau eines wirklichen interkulturellen Dialogs ergäben. Sie beteuerte, dass existierende Diskriminierung gegenüber den Muslimen zu anti-westlichen Gefühlen führen könne. Obwohl die Charta der Grundrechte das Recht auf Religionsfreiheit garantiert, sollte mehr getan werden. Die steigende Islamphobie sei ein Hindernis für Dialog.
Sie schlug vor, dass europäische Bürger eine kulturelle Mitwirkung vom Islam an der europäischen Kultur und Zivilisation entdecken sollten. Sie nannte des Weiteren auch die Notwendigkeit Organisationen und Kirchen zum Aufbau eines Dialogs zu motivieren ohne eine lokal ausgerichtete Herangehensweise zu vergessen. Mănescu unterstrich die besondere Rolle von Frauen, die mit ihrer größeren Empathie sehr viel zu einem interkulturellen Dialog beitragen könnten. Schließlich betonte sie, dass das Konzept von offenen Grenzen sich nicht nur auf Ländergrenzen, sondern auch auf Grenzen von Menschen und Kulturen beziehen sollte.