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Christliche Werte als Basis einer nachhaltigen Politik zur Integration von Jugendlichen

Bericht über die Fachkonferenz „Christliche Werte als Basis einer nachhaltigen Politik zur Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Europa“ am 14. Oktober 2008

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Bericht über die Fachkonferenz „Christliche Werte als Basis einer nachhaltigen Politik zur Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Europa“ am 14. Oktober 2008

Das Europabüro der Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltete am 14. Oktober 2008 eine Fachkonferenz zum Thema „Christliche Werte als Basis einer nachhaltigen Politik zur Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Europa“ und lud hierzu Experten aus ganz Europa ein. Die Veranstaltung stand im Zeichen des Jahres des Interkulturellen Dialogs der Europäischen Union und der Unterzeichnung des Migrationspakts auf dem Europäischen Rat in derselben Woche. Ziel war es, sich über die Maßnahmen der Integrationspolitik in den verschiedenen Ländern auszutauschen und sich gegenseitig zu ermutigen, den Dialog zwischen den Kulturen und Religionen anzustoßen.

Die Rolle von Kirche und Religion in der Integration speziell von Jugendlichen war das erste Thema der Konferenz, dem sich Erzbischof Agostino MARCHETTO, der Sekretär des Päpstlichen Rates der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs, in seinem Vortrag widmete. Über die Integrationspolitik der nationalen Regierungen und der Europäischen Union sprachen danach Armin LASCHET, der nordrhein-westfälische Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration, und der CSU-Europaabgeordnete Manfred WEBER, der Mitglied des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres ist. Über Bildung und Sprachkenntnisse, die Integration von Immigranten in den Arbeitsmarkt, Maßnahmen zur Förderung des Dialogs zwischen den Kulturen, gemeinsame ethische Werte und Schwierigkeiten im Verhältnis zum Islam referierten anschließend die Experten aus den verschiedenen Ländern.

Einführung

Der stellvertretende Vorsitzende der Stiftung und ehemalige Staatsminister Anton PFEIFER erklärte zur Einführung die Problematik: Durch die wachsende Mobilität der Menschen, durch die Globalisierung oder konkret durch die EU-Osterweiterung sei Europa wie nie zuvor durch das Aufeinandertreffen von Kulturen und Religionen gekennzeichnet. Die kulturelle Vielfalt müsse als Reichtum begriffen werde, wecke aber auch Ängste und Befürchtungen. Dieser habe sich die Politik anzunehmen, indem sie den Dialog fördere, der besonders zwischen jungen Menschen immer wieder neu angestoßen werden müsse.

Integrationsschwierigkeiten von jugendlichen Migranten

Diese Jugendlichen, genauer die 15- bis 25-jährigen, machten ein Drittel aller Migranten weltweit aus, wie Erzbischof MARCHETTO zu Beginn seines Vortrags erklärte. Junge Immigranten hätten es besonders schwer, müssten sie doch einerseits wie andere Gleichaltrige in der Schule und beim Berufseinstieg bestehen, seien aber andererseits als Minderheit Diskriminierungen und Stigmatisierungen ausgesetzt. Gerade für Immigranten der zweiten oder dritten Generation gestalte sich die Identitätsbildung besonders schwierig, da sie sich ihrem ursprünglichen Heimatland verbunden fühlten und ihre kulturelle Identität bewahren wollten, sich aber gleichzeitig auch in ihr neues Umfeld, ihre neue Heimat einzufügen hätten. Sie seien nicht assimiliert und lebten in einer unsicheren Situation der „doppelten Zugehörigkeit“.

Die Rolle von Kirche und Religion in der Integration

Da Migration auch eine „spirituelle Erfahrung“ sei und Religion bei der Suche nach einer Identität und Werten eine entscheidende Rolle spiele, nehme sich die Kirche dieses Problems an und biete den Jugendlichen nicht nur bei religiösen, sondern auch bei sozialen und politischen Fragen Hilfe und Beratung an. Dies könne Themen wie Schul- und Berufsausbildung, Armut, Umweltschutz, Freizeitgestaltung, Sexualität, Drogen und Kriminalität mit einschließen. MARCHETTO betonte aber, dass für die Integrationspolitik Werte wichtig seien, die sich nicht allein in der christlichen Religion fänden, sondern generell humanistische Werte seien, und zog hierfür ein Zitat des französischen Religionswissenschaftlers Rémi Brague heran. Als Vermittlerin der Werte akzeptiere die Kirche auch die Politik.

Die Integrationspolitik auf nationaler und europäischer Ebene

Dass eben die Politik das Thema Integration aber viel zu spät erkannt habe, bestätigten alle Redner der Konferenz, so auch Minister LASCHET. Durch Anwerbeabkommen mit Italien und der Türkei waren in den 1960er Jahren die ersten „Gastarbeiter“ nach Deutschland gekommen, wobei dieser Begriff nicht zugetroffen habe, da die Familien geblieben sind. Erst sehr spät sei das Thema auf die politische Agenda gekommen, als die Bundeskanzlerin Angela Merkel 2006 den „Integrationsgipfel“ einberief. Mit Bezug auf den Migrationsforscher Klaus J. Bade sprach LASCHET vom Prozess des „nachholenden Integrierens“, den Deutschland nun angehen müsse. Die Anschläge vom 11. September 2001 oder auch der Mord am islamkritischen niederländischen Filmemacher Theo van Gogh hätten auf schmerzhafte Weise deutlich gemacht, dass die Politik sich der Integration annehmen müsse und ein „Laissez-faire“ seitens des Staates falsch sei, wie die niederländische Parlamentsabgeordnete Mirjam STERK (Sprecherin der christdemokratischen CDA für Staatsangehörigkeitsgesetzgebung) und Jean-Philippe MOINET (französisches Ministerium für Einwanderung, Integration, nationale Identität und Entwicklungshilfe) äußerten.

Über die von der Politik zu schaffenden rechtlichen Grundlagen der Migration sprach Manfred WEBER. Er stellte den von den EU-Mitgliedsstaaten beschlossenen Migrationspakt vor. Mit diesem wolle man Europa zu einem „Raum des Asyls“ machen, die illegale Einwanderung besser bekämpfen und den Zuzug hoch qualifizierter Einwanderer mit Hilfe der „Bluecard“ erleichtern. WEBER lobte, dass die Mitgliedsstaaten auch weiterhin bestimmen könnten, wie viele Zuwanderer sie auf die nationalen Arbeitsmärkte lassen. Bezüglich illegaler Einwanderung sagte er, dass klar sein müsse, dass nicht jeder, der nach Europa komme, bleiben könne. Illegale Einwanderer sollten entweder legalisiert oder in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden, damit sie nicht als „moderne Sklaven“ leben müssten. An der Rückführungsrichtlinie hat WEBER im Europäischen Parlament selbst mitgearbeitet. WEBER hob hervor, dass auch in der Integrationspolitik das Prinzip der Subsidiarität gelten müsse, Integration also zuerst vor Ort anzugehen sei.

Bildung als Schlüssel zu gelungener Integration

Einig waren sich alle, dass Bildung und besonders das Erlernen und Beherrschen der Sprache eines Landes den Schlüssel zu einer gelungenen Integration darstellten. Armin LASCHET erwähnte hierzu, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung verpflichtende Sprachtests für alle Vierjährigen eingeführt habe, die gezeigt hätten, dass bei 22 Prozent der Kinder Sprachförderbedarf bestehe. In Spanien habe man, so berichtete Javier FERNANDÉZ-LASQUETTY (regionaler Minister für Immigration und Kooperation der autonomen Region Madrid), hierfür „clases de recepción“ eingerichtet, damit alle Kinder vor der Schule die spanische Sprache beherrschten. In den Niederlanden, so Frau STERK, sollen bis 2011 Sprachkurse für alle Kinder ab dem Alter von zwei Jahren angeboten werden. Doch junge Migranten brächten oft trotzdem schlechtere Schulleistungen als ihre Mitschüler. Sirvan EKICI, die Integrationssprecherin der ÖVP und Mitglied des Wiener Landtags ist, berichtete mit Bedauern davon, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund in den Sonderschulen in Österreich 40 Prozent der Schüler ausmachten. Diese verließen die Schule ohne ausreichende Berufsqualifizierung und würden dann oft in einem Supermarkt angestellt werden, weswegen EKICI von der „BILLA-Generation“ sprach.

Um die Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern, würden in Schweden Arbeitgebern Prämien für die Anstellung von Migranten gezahlt, wie der Reichstagsabgeordnete Lars GUSTAFSSON, der Mitglied des Ausschusses für Sozialversicherung und für Migration ist, erklärte. Wichtig sei auch die feste Ansiedelung der Einwanderer, die schwedischen Gemeinden erhielten hierzu Hilfszahlungen. Es dürfe jedoch nicht zu einer Ghettoisierung komme, stattdessen müsse die „mixité sociale“, das durchmischte Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen, gefördert werden, womit Jean-Philippe MOINET das Ziel des von der französischen Wohnungsbauministerin Christine Boutin und ihrer Staatssekretärin Fadela Amara vorgelegten Plan für die Vorstädte definierte.

Vielfalt als Reichtum verstehen

Dass Länder wie Deutschland heute „Einwanderungsländer“ sind, sollte sich beispielsweise auch an der Vielfalt der Menschen zeigen, die für die Polizei, in der Politik oder als Nachrichtensprecher arbeiten, sagte Armin LASCHET. Diese Vielfalt müsse positiv beworben werden, so wie in der Pariser „Cité nationale de l’histoire de l’immigration“, sagte Jean-Philippe MOINET.

Den Dialog fördern und Ängste nehmen

Javier FERNANDÉZ-LASQUETTY stellte ein ganz konkretes Projekt aus Spanien vor, das mit viel Erfolg zum Dialog zwischen Immigranten und spanischstämmiger Bevölkerung beitrage – die so genannten „Centros de Integración y Participación“, die speziell für Jugendliche Angebote hätten. Die in der öffentlichen Meinung in Europa vertretende Furcht vor Einwanderungswellen, Ghettos in den Städten und Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt könne nur dann genommen werden, wenn man den Dialog zwischen Immigranten und originärer Bevölkerung fördere, sagte Erzbischof MARCHETTO.

Integration braucht Werte

Für diesen Dialog bedürfe es einer gemeinsamen Wertebasis, eine solche wurde vom ehemaligen italienischen Innenminister Giuliano Amato in einer „Charta der Werte, der Bürgerschaft und der Integration“ vorgestellt, über die Erika RUBBO von der „Interreligious Studies Academy“ referierte. Zu diesen Werten gehöre der Gleichheitsgrundsatz oder das Recht auf Schulbesuch. Für das Verhältnis zum Islam sei wichtig, dass die Charta die Gleichberechtigung von Mann und Frau fordere, Polygamie ächte und die vollkommene Verschleierung von Frauen verurteile. Wichtig sei, dass die Immigranten bestimmte Grundwerte des Staates kennten und respektierten, wie in Frankreich die Trennung von Kirche und Staat und die damit verbundene Glaubensfreiheit, äußerte Jean-Philippe MOINET. Die Glaubensfreiheit als einer der „Markenkerne“ der europäischen Gesellschaft sei aber ganz maßgeblich dem Christentum zu verdanken, betonte Manfred WEBER. Auch wenn die Kirche einen wichtigen Beitrag zum Dialog zwischen Christen und Juden oder Christen und Muslimen leiste, seien die christlichen Werte heute viel weniger klar als beispielsweise noch in den 50er Jahren, meinte der britische Europaabgeordnete Christopher BEAZLEY, der Mitglied im Auswärtigen Ausschuss ist.

Den Islam ins öffentliche Leben einbinden

Im Miteinander von Christentum und Islam gebe es noch viele Schwierigkeiten, Minister LASCHET verwies hierbei auf den Konflikt um den Bau der Moschee in Köln-Ehrenfeld. Er schlug vor, dass man das Verhältnis zum Islam in einem Staatsvertrag festschreibe, ähnlich den Konkordaten mit den Kirchen. Mirjam STERK bedauerte es, dass sich in den Niederlande viele muslimische Einwanderer mehr als Moslems als beispielsweile als türkischstämmige Niederländer begriffen. Auf die Integrationsschwierigkeiten gerade von Moslems gebe aber der islamkritische Parlamentsabgeordnete Geert Wilders zu einfache Antworten. STERK sprach sich für die Zusammenarbeit des Staates mit der islamischen Religionsgemeinschaft aus, so würden beispielsweise in Kooperation Islamkurse an den weiterführenden Schulen und Hochschulen organisiert. Sirvan EKICI aus Österreich, wo der Islam bereits seit 1912 rechtlich anerkannt ist, berichtete, dass man der Universität einen Lehrstuhl für Imame geschaffen habe, die dann auch auf Deutsch predigten. Der Islam solle nicht nur in „Hinterhofmoscheen“ gepredigt werden, sondern in die Öffentlichkeit gebracht und ins politische Leben eingebunden werden, so besuchten Minister beispielsweise regelmäßig Ramadan-Gebete. Zwangsheiraten oder „Ehrenmorde“ sollten als „Kulturdelikte“, wie es die österreichische Innenministerin Maria Fekter bezeichnet werden, geahndet werden, damit nicht der Islam als Religion instrumentalisiert werde.

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