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Gegenstand der Diskussion mit dem Bundestagspräsidenten Dr. Norbert Lammert war die Situation Deutschlands vor der Bundestagswahl am 22. September dieses Jahres. Es bestehe die breite Überzeugung, dass die Wahl bereits zu Gunsten der Regierungskoalition entschieden sei. Doch genau darin liege die Gefahr, dass viele Bürger letztendlich nicht wählen und damit wichtige Stimmen verloren gingen. Sein bereits zehnter Bundestagswahlkampf verspreche spannend zu werden. Grund dafür seien vor allem die unberechenbaren Ereignisse und Hürden, welche den Ausgang der Wahl beeinflussen:
Die aktuellen Umfrageergebnisse, die Situation der Finanzmärkte und die Landtagswahl in Bayern, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, bezeichnete Lammert als die drei größten Hürden für den Wahlkampf.
Laut Lammert sei den Umfragen nach keine prinzipielle Änderung der aktuellen Wahltendenz zu erwarten. Auch gäbe es keine realistische Gefahr, dass sich etwas an der gegenwärtigen Kanzlerpräferenz zu Gunsten Angela Merkels ändere. Aktuell kämen die CDU/CSU auf 41% , während die SPD 22% erreichen würde.
Entscheidend sei allerdings, wie sich die Koalitionsbildung gestalte. Bündnis 90/Die Grünen würden als stärkste (aktuell 12%) unter den kleinen Parteien abschneiden. Auch Die Linke sieht er mit gegenwärtig 9% sicher jenseits der 5%-Hürde. Offen bleibe allerdings, wie die Piratenpartei und die AfD abschneiden. Diese lägen nach aktuellen Umfragen bei 4% (Piraten) und 2% (AfD).
Aus Sicht der CDU/CSU gelte es vor allem auf die FDP (aktuell 5%) zu achten. Das Abschneiden der Liberalen sei für die Bildung der künftigen Bundesregierung von enormer Bedeutung.
Im Wahlkampf müssten verstärkt die noch Unentschlossenen und die Nichtwähler in den Fokus gerückt werden. Diese könnten das Ergebnis der Wahl entscheidend beeinflussen. Aufgrund des „offensichtlichen“ Wahlausgangs sei es zudem sehr wichtig, dass jeder wählen gehe und sich nicht nur darauf verlasse, dass die Wahl so oder so gewonnen werde.
Ebenso thematisierte Lammert die gegenwärtige Situation der Finanzmärkte, deren Stabilität Einfluss auf den Ausgang der Wahl haben könne. Die Krise sei noch nicht überstanden. „Wir sind nicht über den Berg, aber wir haben ihn immerhin schon erreicht.“, beschrieb Lammert die momentane Lage.
Weiterhin könnten die bayrischen Landtagswahlen das Ergebnis der Bundestagswahl beeinflussen. Diese finden am 15.09.2013, also unmittelbar vor der Bundestagswahl, statt. Daher werde deren Ergebnis wohl einiges an Spekulationspotential liefern, ist sich der Bundestagspräsident sicher. Das könne besonders die noch unentschlossenen Wähler enorm beeinflussen. „Dies muss nichts schlechtes sein“, betonte Lammert, allerdings sei die Tragweite vorab schwer einzuschätzen.
Daher sieht Lammert einem spannenden Wahlkampf entgegen, „Es war nie so klar und unsicher zugleich, wie eine Bundestagswahl ausgehen würde“, meinte er abschließend.
Zur Person: Prof. Dr. Norbert Lammert studierte von 1969 bis 1975 Politikwissenschaft, Soziologie, Neuere Geschichte und Sozialökonomie an den Universitäten Bochum und Oxford (England). Sein Studium schloss er 1972 mit dem Diplom ab und promovierte am Anschluss zum Dr. rer. soc. Seit 2004 hat Lammert einen Lehrauftrag an der Ruhr-Universität Bochum, wo er seit 2008 Honorarprofessor ist. Er ist seit 1966 Mitglied der CDU, ist seit 1986 Mitglied des Landesverbandes der CDU Nordrhein-Westfalen und war von 1986 bis 2008 Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Ruhr. Seit 1980 ist Dr. Lammert Mitglied des Bundestages. Dort war er von Oktober 2002 bis 18. Oktober 2005 Vizepräsident. Seit dem 18. Oktober 2005 ist er Präsident des Deutschen Bundestages.