Veranstaltungsberichte
Dass die transatlantischen Beziehungen ein Grundpfeiler US-amerikanischer sowie europäischer Politik bleiben, zeigt sich nicht nur an der gemeinsamen Haltung von Merkel und Obama in Fragen der Ukraine, Israel oder Iran. Auch bei der diesjährigen Transatlantischen Konferenz der KAS Büros Brüssel und Washington offenbarte sich die Relevanz einer Fokussierung auf den jeweiligen langjährigen Partner. Die Durchsetzung verbindender Werte, die Suche nach gemeinsamen Sichtweisen und die Erarbeitung neuer Strategien in der Außen- und Sicherheitspolitik sowie in Klima- und insbesondere in Handels-fragen, waren Teil des Programms der Expertentagung, die aktive europäische Politiker sowie Mitarbeiter der US-Exekutive und Think Thank-Experten an einen Tisch brachte.
Auch in Zukunft bleiben die Europäische Union und die USA eng vernetzt. Dabei ist angesichts unruhiger Zeiten im internationalen Staatensystem mit zahlreichen Krisen in Nahost und an den EU-Außengrenzen eine Diskussion über gemeinsame transatlantische Antworten nötig. In neun verschiedenen Gesprächsrunden und zwei Abenddiskussionen haben sich die Experten aus den USA und den EU-Mitgliedsländern vier Tage lang die Zeit genommen, die zahlreichen Aufgaben in der Welt zu analysieren und gemeinsame Lösungsansätze zu diskutieren. In den Gesprächen wurde wiederholt die
Notwendigkeit beteuert, die Ursachen der Herausforderungen aus-zuarbeiten und daraus gemeinsame Strategien zu definieren. An-schließend müssten die Mittel benannt werden, die man zur Erreichung der Strategieziele einzusetzen gedenke.
Dies wurde am Beispiel der Suche nach einer umfassenden Afrikapolitik bereits während des ersten Panels zur Klimapolitik deutlich. Der Klimawandel werde in einigen Gebieten Afrikas zu starken Veränderungen führen, sagen Wissenschaftler voraus. Sie gehen davon aus, dass der Klimawandel in Afrika etwa zu deutlich weniger Regen führen werde, weshalb mit Wanderungsbewegungen aufgrund von Dürre und damit einhergehend mit Konflikten zu rechnen sein wird. Hierdurch sind Fragen der strategischen Sicherheitspolitik betroffen, die auf beiden Seiten des Atlantiks erörtert werden müssen. Zieht man weiter in Betracht, dass der radikale Islam sein Bedrohungspotenzial in Afrika erhöht und wahrscheinlich auch die aufstrebende Macht China versuchen wird, ihren Einfluss in Afrika auszuweiten, so werden die strategischen Herausforderungen, denen sich die USA und EU stellen werden müssen, umso deutlicher.
In den weiteren Panels wurden Energiefragen, die EU-Finanz- und Wirtschaftspolitik, Handelsfragen und ausgewählte außenpolitische Probleme bearbeitet. Insbesondere zum Themengebiet ‚Bedrohung durch den internationalen Terrorismus‘ gab es einen intensiven Austausch. Dabei wurde deutlich, dass sowohl die USA als auch die EU einige Irritationen aus der Vergangenheit – man denke etwa an die NSA-Affäre und den Fall Edward Snowden – gerne als nachrangig und das Verhältnis nicht prägend geschädigt wissen möchten. Jedoch gerade aktuelle sicherheitspolitische Konflikte, wie z.B. die Ukrainekrise, nahmen die Experten von beiden Seiten des Atlantiks zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass man sich in Zukunft langwierige Verstimmungen nicht leisten könne, um das gegenseitige Vertrauen nicht zu gefährden.
Die Ukraine-Krise wurde auch zum Anlass genommen, um auf die zahlreichen Einschränkungen (constraints) hinzuweisen, die es dem Westen schwierig machen, dieser besonderen Herausforderung, die auf mehreren Ebenen deutlich werde, zu begegnen. Als zwei wichtige Punkte wurden hierbei die wirtschaftliche Schwäche der Eurozone und der Mangel an globaler Führungskraft der USA benannt. Die EU müsste im Grunde zu einer regionalen Gestaltungs-macht anwachsen, die weit über ihre Grenzen hinaus Einfluss ausübe. Aufgrund offener Fragen in der Finanz- und Wirtschaftspolitik sei sie jedoch daran gehindert, hier ihr volles Potential zu entwickeln, betonten die Experten. Auch in den USA gibt es eine Debatte, wo und in welchem Maße man sich in Zukunft engagiert und wie die Führungsrolle der USA in Zukunft gestaltet wird.
Welche Wichtigkeit die euro-amerikanischen Beziehungen für die Wirtschaftskraft insbesondere Europas darstellt, wurde während der Behandlung des Transatlantischen Handelsabkommens TTIP deutlich. Thematisiert wurde hier vor allem die Kommunikation über TTIP in der Öffentlichkeit und die Versäumnisse, rechtzeitig über den Nutzen des Abkommens informiert zu haben. Vor allem die Wahrnehmung einer fehlenden Transparenz ist es, die zu einer enormen ‚Anti-TTIP‘-Stimmung in einigen europäischen Ländern führte und den Fortschritt der Verhandlungen störte. Hier gilt es zukünftig, so die Expertenrunde, die Öffentlichkeit über die positiven Auswirkungen noch besser aufzuklären. Allerdings wurde auch klar, dass die Debatte um TTIP bisweilen irrational geführt wird, was eine Überzeugungsarbeit mit guten Argumenten oft schwierig macht.
Vielfach konnten die aufgebrachten Fragen im Laufe der Tage vertieft und die aufgeworfenen Diskussionspunkte in bilateralen Gesprächen genauer analysiert werden. Insgesamt wurde in diesem Konferenzformat die Möglichkeit ausgiebig genutzt, US-amerikanische mit EU-Experten zusammen zu bringen und gemeinsam langfristige Lösungen zu erörtern.