Veranstaltungsberichte
Der Kommunismus ist zweifellos eine gesamteuropäische Angelegenheit. Umso erstaunlicher ist es, dass der erste Aufstand im „Ostblock“ in Europa kaum bekannt ist, im Gegensatz zum 17. Juni oder dem in Ungarn 1956. Selbst in Bulgarien kennt fast niemand den Kampf der Gorjani („Waldmenschen“) gegen das Regime. Zu perfekt war die Geheimhaltung in kommunistischer Zeit, zu desinteressiert war man nach 1989. Die Geschichte des Aufstands ist daher bislang kaum erforscht.
Der Aufstand jährt sich in diesem Jahr zum 60. Mal. Sein Zentrum lag bei Sliven, einer kleineren Stadt im Zentrum des Landes. Das KAS-Büro Sofia beteiligte sich an der dortigen Gedenkveranstaltung, an der noch einige der damals aktiven Aufständischen teilnehmen und vor dem Denkmal Ansprachen halten konnten.
Nachdem die Kommunisten auf den Bajonetten der Roten Armee ihre Schreckensherrschaft in Bulgarien errichtet hatten, gingen hunderte Menschen in die Wälder. Aus der anfänglichen Fluchtbewegung wurde Widerstand, der sich vornehmlich gegen die Zwangskollektivierung des Bodens richtete und der von etwa 2000 Bewaffneten geführt wurde. Kurzfristig konnten viele kleinere Ortschaften von den Kommunisten befreit werden, aber am Ende siegte doch deren Überzahl. Nur die wenigsten Gorjani überlebten die Kämpfe oder die Gefangennahme. Der bulgarische Geheimdienst ging von bis zu 440 Widerstandsgruppen aus; diese hatten einen von einem geheimen Radiosender zu koordinierenden Aufstand geplant, der in Sliven 1951 beginnen sollte. Anfang Juni kam es zu Gefechten zwischen etwa 100 Widerstandskämpfern und 6000 Milizionären. Ein ungleicher Kampf. Am Ende siegten die Kommunisten wie überall in ihrem Machtbereich. Aber der Aufstand der Gorjani hat es verdient, mehr als bislang gewürdigt und erforscht zu werden.