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Veranstaltungsberichte

Digitalisierung in der Arbeitswelt

von Robin Schenk

Wo bleibt Platz für den Menschen?

Unsere Veranstaltung am 8.7.2019 in Sindelfingen

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Häufig wird der Öffentlichkeit in Deutschland eine zu vorsichtige, problemorientierte und zögerliche Umgangsweise mit der Digitalisierung vorgeworfen. Dass man Ethik in das Themenfeld auch auf progressive Art und Weise integrieren kann, zeigte eine facettenreiche Diskussionsrunde am vergangenen Montag in Sindelfingen.

Zum offenen Austausch im Foyer des Rathauses hatte das Politische Bildungsforum Baden-Württemberg der Konrad-Adenauer-Stiftung geladen.

Regina Dvořák-Vučetić, konzeptionell verantwortlich für die Veranstaltung, verwies in ihrer Begrüßung auf das zentrale Spannungsfeld, das mit dem Thema einhergehe: Wie viele Arbeitsplätze fallen weg, wie viele werden generiert? Und wie kann man mit den Kluften, die die Entwicklung schon jetzt offenbart, umgehen?

Ebenfalls zugegen war Christian Gangl, erster Bürgermeister der Stadt Sindelfingen, der in seinem Grußwort über verschiedenste Maßnahmen seiner Kommune informierte, die die Stadtverwaltung fit für jene Zukunftsherausforderungen machen sollen.

Moderiert wurde der Abend von SZBZ-Chefredakteur Jürgen Haar, der humorvoll und dennoch auf gleichmäßige Redezeiten bedacht seine Panelgäste löcherte; drei Vertreter wichtiger Institutionen, deren Funktionen unterschiedlicher kaum sein konnten: Oberkirchenrat Dr. Martin Kastrup, der Böblinger CDU-Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz und Uwe Braun, Personalleiter von Daimler für den Standort Sindelfingen.

Kastrup ging in einer interessanten mikroökonomischen Analyse grundsätzlich darauf ein, wie sich die soziale Komponente einer Marktwirtschaft überhaupt mit der Digitalisierung vertragen könne. Ferner machte er deutlich, dass sich die Kirchen als Anwalt der Schwachen, im Digitalisierungs-Kontext also vielleicht als Anwalt jener, denen das bloße Tempo zu hoch sei, verstehen müssten. Ferner sollen allerdings auch die Kirchen digitaler werden: beispielsweise habe man nun eine App mit interaktiv verwendbaren Gesangsliedern präsentieren können. Ein Anfang, möglicherweise hilfreiche Motivation in den Tiefen der Fastenzeit, aber auch genug? Man darf gerade hier in den nächsten Jahren gespannt sein.

Biadacz, Mitglied des Ausschusses Digitale Agenda, forderte die baldige Einrichtung eines Digitalministeriums auf Bundesebene. Ein tolles Vorbild für die gesellschaftliche Weiterbildung seien die Musikschulen: Hier würden zum einen alle Generationen angesprochen und zum anderen auch Kinder aus unmusikalischen Familien erfolgreich in verschiedenste Instrumente eingeführt, was er sich auch im Bezug auf die Digitalisierung vorstellen könne. Schließlich plauderte der Bundestagsabgeordnete offen aus dem Nähkästchen: die Arbeit in einem Ausschuss mit beratender Funktion sei nur sehr bedingt wirksam und die Möglichkeit, Anreize zu setzen, somit erschwert. Dass gerade die eigene Partei Nachholbedarf im Umgang mit Sozialen Netzwerken, die im Übrigen auch für die Arbeitswert relevant seien, habe, stellte Biadacz im Kontext der Reaktion auf Rezo klar.

Braun gab Einblicke in die sich nicht minder verändernde Welt einer Personalabteilung und stellte die These auf, dass auch digitale Auswahlverfahren schon bald menschliche Kompetenzen zumindest teilweise obsolet machen würden. Für den Arbeitsalltag vieler Mitarbeiter seien Arbeitsgruppen von jungen und älteren Mitarbeitern als probates Mittel erkannt worden, um das digitale Verständnis im Allgemeinen zu mehren. Apropos jüngere Mitarbeiter: deren Faszination mit mittlerweile ca. zehn verfügbaren 3D-Druckern sei nahezu grenzenlos. Im Moment sei man bei Daimler mit dem Aufbau der vollständig mit 5G-Netz versorgten Factory 56 beschäftigt. Man darf sich davon wohl mehr erwarten, als ein gelungenes Spiel mit Buchtstaben und Zahlen.

Was nehmen wir mit? Digitalisierung macht Jobs obsolet und generiert dafür andere, Weiterbildung ist hier eine häufig geäußerte und dennoch logische Folgerung. Die besondere Zusammensetzung der Panelgäste erwies sich als gewinnbringend, da so verschiedenste Perspektiven diskutiert werden konnten. Wie immer bei einem Zukunftsthema gilt jedoch: (weitere) Taten müssen folgen. Und worüber wir in drei Jahren reden werden, weiß ohnehin nur der Algorithmus.

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Kontakt

M.A. Regina Dvořák-Vučetić

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