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Die Bewahrung der Schöpfung gehört zum Markenkern der Union

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Nach der verheerenden Niederlage der Union bei der Bundestagswahl 1972 wurde im Juni 1973 Helmut Kohl zu ihrem neuen Vorsitzenden und Kurt Biedenkopf zum neuen Generalsekretär gewählt. Ein halbes Jahr später, im November 1973, gab es einen fulminanten Bundesparteitag des Aufbruchs in Hamburg mit den gesellschaftspolitisch aktuellen und relevanten Themen Mitbestimmung, Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, berufliche Bildung und modernes Bodenrecht.

Als Mitglied des Bundesvorstandes der Jungen Union und niedersächsischer Delegierter folgte ich diesem Parteitag. Meine Euphorie über den konzeptionellen Aufbruch der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) erfuhr einen erheblichen Dämpfer, als ein älterer Delegierter mir sagte, dass die wahren Zukunftsthemen in Hamburg nicht diskutiert würden: die Ökologie, die Endlichkeit der Bodenschätze, der zu hohe Energieverbrauch, das exponentielle Wachstum der Wirtschaft, das mit der Natur nicht übereinstimme und in ein globales Desaster führen werde.

Der Mann hieß Herbert Gruhl, seit 1969 Bundestagsabgeordneter und Sprecher für Umweltfragen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Er war der erste Abgeordnete, der 1971 im Deutschen Bundestag auf das Waldsterben aufmerksam machte; 1972 wurde er Vorsitzender der CDU-Arbeitsgruppe für Umweltvorsorge. Bereits 1970 forderte Gruhl in seiner ersten Rede vor dem Deutschen Bundestag eine „ökologische Kalkulation vor Beginn jeder Produktion“.

1975 gelang ihm mit dem Buch Ein Planet wird geplündert – die Schreckensbilanz unserer Politik ein Bestseller. 1976 wurde er wieder in den Bundestag gewählt, jedoch nicht mehr als umweltpolitischer Sprecher berufen. 1978 trat er aus der CDU mit der Bemerkung aus, die CDU verkenne „völlig (die) neue(n) Problemstellungen der heutigen Welt“. Dass wir Herbert Gruhl und andere Mahner damals verloren haben, war ein strategischer Fehler. Bewahrung der Schöpfung, Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, der Schutz der Heimat und Identität: samt und sonders christliche und konservative Anliegen!

Schon 1970 gründete Bayern das erste Umweltministerium in Europa mit der sehr intelligenten Kombination von Umwelt- und Naturschutz sowie Landesund Regionalplanung. Bayern initiierte auch den ersten Nationalpark Deutschlands, den Nationalpark Bayerischer Wald. Und auch das erste Landesnaturschutzgesetz wurde im Freistaat verabschiedet.
 
Auch im Grundsatzprogramm der CDU von 1978 wurden die Unterlassung klimaverändernder Maßnahmen sowie die Erschließung regenerativer Energiequellen gefordert. Allerdings stand das Thema Umwelt- und Klimaschutz noch am Rande der Programmatik der Union.

Umweltpolitisches Programm 1979

Im Dezember 1979 beschloss der CDU-Bundesausschuss ein umweltpolitisches Programm. Im Vorwort dieser Stellungnahme betonte Helmut Kohl: „Die Bewahrung einer gesunden Umwelt und des ökologischen Gleichgewichts ist eine konservative Aufgabe im besten Sinne des Wortes.“ Und er forderte, der Marktwirtschaft einen ökologischen Rahmen zu geben.

Das umweltpolitische Programm der CDU von 1979 ist auch heute in weiten Teilen noch aktuell und überzeugt mit seinen Grundsätzen. „Die Ehrfurcht vor der Schöpfung Gottes verpflichtet uns, der heutigen und den nachfolgenden Generationen die Schönheit, den Reichtum und die lebenswichtigen Funktionen der Natur zu erhalten und damit eine lebenswerte Zukunft zu sichern.“ Mit dieser klaren Prämisse begann das Programm und stellte fest, dass die natürlichen Grundlagen des Lebens – Luft, Wasser und Boden, Wälder, Weideland und Äcker, Tier- und Pflanzenwelt sowie Energien und Rohstoffe – bedroht seien. Die Grenzen ihrer Belastbarkeit und ihrer Nutzungsmöglichkeiten seien teilweise erreicht oder absehbar. Die Umweltpolitik müsse in den Ordnungsrahmen der Sozialen Marktwirtschaft integriert werden. Als wichtigstes Element des ökologischen Ordnungsrahmens wurde das Verursacherprinzip benannt, sodass grundsätzlich derjenige die Kosten für die Vermeidung von Umweltbelastungen und die Beseitigung von Umweltschäden zu tragen habe, der sie verursache.

Konkrete Forderungen wurden mit Blick auf diese Themen gestellt: Stadtentwicklung und Raumplanung, Umweltforschung, internationale Zusammenarbeit im Umweltschutz, Energie und Umweltschutz, Wasserwirtschaft, Luftreinhaltung, Lärmbekämpfung, Klima, Abfallwirtschaft und Recycling, Fremdstoffe in Lebensmitteln, Umweltchemikalien, Strahlenschutz, Naturschutz und Landschaftspflege sowie die Reinhaltung der Ozeane.

Schon vor vierzig Jahren hieß es: „Insbesondere die Nutzung fossiler Brennstoffe wie Kohle und Heizöl in Feuerungsanlagen der gewerblichen Wirtschaft und Industrie, in Haushalten oder in Motoren führt besonders bei Anlagen älterer Bauart durch Emissionen schädlicher Stoffe zu einer erheblichen Belastung der Umwelt.“

Durch die steigende Freisetzung von Kohlendioxid und andere Luftverunreinigungen wurde eine globale Klimaveränderung für möglich gehalten. Bereits 1979 befürchtete die CDU Verschiebungen der Klimazonen, Wüstenbildungen, Schmelzungen arktischen Eises und Verschiebungen der Vegetation. Gefordert wurden international angelegte Forschungsvorhaben zur Klimabeobachtung und Klimamodellentwicklung. Schon damals wurde auf die Möglichkeit gesundheitlicher Beeinträchtigungen der Menschen in den Großstädten, auf die Bedeutung von Schneisen für Frischluftzufuhr, des horizontalen Luftaustauschs und der Erleichterung der Luftzirkulation sowie auf die Notwendigkeit der Neuschaffung von Parks, Gärten und Straßenbäumen hingewiesen.

Dieses Programm verbindet sich mit dem Namen eines Mannes, der für die Umweltpolitik der Union entscheidend werden sollte: Klaus Töpfer, wissenschaftlich ausgewiesen als Professor und Direktor des Instituts für Raumforschung und Landesplanung an der Universität Hannover und Mitglied im Rat der Sachverständigen für Umweltfragen.

Antwort auf Tschernobyl

Töpfer wurde 1978 Staatssekretär für Umwelt, 1985 Minister für Umwelt und Gesundheit in Rheinland-Pfalz und 1987 Bundesumweltminister. Nie wieder hat es einen Umweltminister gegeben, der so viel fachliche Expertise in das Amt einbringen konnte. Er verfügte über Kompetenz und hatte erkannt, dass der Umweltschutz ein starkes Zukunftsthema der CDU werden müsse.

Das Bundesumweltministerium wurde als Antwort auf den schweren Reaktorunfall in Tschernobyl und auch auf das große Fischsterben im Rhein 1986, verursacht durch die Firma Sandoz, neu geschaffen. Mit Klaus Töpfer wurde der Bestmögliche ins Amt berufen. Sein Vorgänger, der erste Umweltminister Walter Wallmann, amtierte nur ein Dreivierteljahr, weil er 1987 zum Ministerpräsidenten von Hessen gewählt wurde.

Im Leitantrag für den CDU-Bundesparteitag im Juni 1988 in Wiesbaden hatte die Programmkommission Umwelt und Energie unter Leitung von Klaus Töpfer formuliert: „Wir müssen eine Zukunft ohne Kernenergie, aber auch mit immer weniger fossilen Energieträgern erfinden.“ Doch der gesamte Umweltteil wurde aus dem Leitantrag gestrichen. Ein Jahr später sah die Situation anders aus: Auf dem Bundesparteitag in Bremen stellte Töpfer einen umfassenden Antrag „Unsere Verantwortung für die Schöpfung“, und dieses Mal gab es große Mehrheiten für die „Kernenergie als Übergangstechnologie“ und andere Umweltforderungen. Töpfer wurde mit dem besten Stimmergebnis in den Bundesvorstand der CDU gewählt. Auf sein Drängen wurde das Bundesamt für Strahlenschutz errichtet, das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verabschiedet, das Duale System „Grüner Punkt“ geschaffen, das FCKW-Verbot zum Schutz der Ozonschicht erlassen, die weltweit niedrigsten Dioxingrenzwerte festgelegt.

Staatsziel Umweltschutz

1992 spielte Klaus Töpfer bei der ersten internationalen Konferenz über Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro eine zentrale Rolle als Vorsitzender ihrer Kommission für Nachhaltige Entwicklung (Commission on Sustainable Development) und als „Retter von Rio“. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass sich auch Bundeskanzler Helmut Kohl im internationalen Klimaschutz engagierte. Das gilt insbesondere für das hochaktuelle Thema der Rettung des Amazonas-Regenwaldes in Brasilien.

1993 entstand ein neues Thesenpapier der CDU zur Erweiterung der Sozialen Marktwirtschaft um die ökologische Dimension. 1994 wurde das Grundgesetz um den Artikel 20a erweitert, der den Umweltschutz als Staatsziel verankert. Nach der Wiedervereinigung setzte sich der Bundesumweltminister an die Spitze des „Ökologischen Aufbaus Ost“. Dazu gehörte neben der Beseitigung der massiven Umweltschäden in der ehemaligen DDR auch die Stilllegung aller Atomkraftwerke in den neuen Bundesländern.

Dass Klaus Töpfer nicht nur in Deutschland, sondern international wahrgenommen und die deutsche Umweltpolitik seinerzeit als führend angesehen wurde, erwies sich 1998 mit seiner Wahl zum Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in Nairobi, ein Amt, das er bis 2006 innehatte. Von 1998 bis 2006 war er außerdem Unter-Generalsekretär der Vereinten Nationen und Generaldirektor ihres Büros in Nairobi.

1990 wurde auf Initiative von Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) die größte Umweltstiftung der Welt gegründet: Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt wurde mit 2,5 Milliarden D-Mark ausgestattet und förderte inzwischen über 9.700 Umweltprojekte mit rund 1,8 Milliarden Euro. Im gleichen Jahr gelang für Umwelt und Klima ein besonderer Coup: Aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion heraus wurde ein Gesetzentwurf initiiert, der den Siegeszug der Erneuerbaren Energien in Deutschland einläuten sollte. Den Initiatoren aus der Unionsfraktion gelang die Durchsetzung des Stromeinspeisungsgesetzes: ein Ruhmesblatt in der Geschichte des Parlaments und der CDU/CSU, das leider heute nur noch wenigen bekannt ist. Von 1990 bis zum Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) unter der rot-grünen Bundesregierung verdoppelte sich durch das Stromeinspeisungsgesetz der Anteil der Erneuerbaren Energien.

Von 1994 bis 1998 amtierte die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel als Bundesumweltministerin. Vor allem ihre Rolle 1995 als Präsidentin der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Berlin ist in Erinnerung geblieben.

Treibhausgase und Energiewende

Durch ihr Engagement beim Verhandlungsmarathon trug Angela Merkel wesentlich zur Verabschiedung des „Berliner Mandats“ zur Reduzierung von Treibhausgasen bei. Ihr späterer Ruf als „Klimakanzlerin“ wurde damals grundgelegt. Als Kanzlerin hat sie sich ein bleibendes Verdienst um eine wichtige CO2 -Senke in Deutschland erworben: die Schaffung des „Nationalen Naturerbes“. 160.000 Hektar Bundeseigentum wurden nicht veräußert, sondern an Länder, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und andere Naturschutzeinrichtungen zum dauerhaften Schutz übereignet.

Norbert Röttgen, 2009 bis 2012 Chef des Bundesumweltministeriums, stand als einer der wenigen in der Union der Kernenergie skeptisch gegenüber und setzte sich mit Blick auf die Pläne der Bundesregierung, die Laufzeit der Kernkraftwerke zu verlängern, für kürzere Fristen ein. 2010 kam es zur Verlängerung um acht Jahre für die älteren und vierzehn Jahre für die neueren Kernkraftwerke. Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 begannen die Kehrtwende und der Ausstieg aus der nuklearen Stromerzeugung. Mit der sofortigen Abschaltung von acht alten Kernkraftwerken wurde die Energiewende angestoßen.

Norbert Röttgen war ein überaus engagierter Umweltminister, der 2012 entlassen wurde. Ich bin sicher, dass auch die Kritik der Wirtschaft, die in Röttgen einen zu starken Verfechter der Energiewende sah, zu dieser Entscheidung beigetragen hat. Seinem Nachfolger, Peter Altmaier, fiel als zentrale Aufgabe die Umsetzung der Energiewende in schwierigen Zeiten zu. Seit 2013 hat die Union das Amt des Bundesumweltministers an die SPD abgegeben.

Mit der Abgabe dieses wichtigen Ministeriums kam es auch zu einer Verringerung der personellen Stärke und Breite der Union in Umweltfragen. In den 1980er- und 1990er-Jahren standen hinter den Umweltministern der CDU kompetente Persönlichkeiten. Auch bei den Umweltverbänden war die Union führend vertreten.

Heute hat die Union kein bundesweit bekanntes Gesicht, das für Umwelt-, Klima- und Naturschutz steht. Die Umweltministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, Ursula Heinen-Esser, und ihr Staatssekretär, Heinrich Bottermann, könnten diese Lücke füllen, wenn die Bundespartei eine entsprechende Entscheidung treffen und Förderung vornehmen würde. Eine besondere Kompetenz in Energiefragen hat der Konstanzer Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg der CDU, Andreas Jung.

Bei der programmatischen, aber auch der umweltpolitischen Arbeit in Fraktionen und Regierung empfehle ich der Union, aus den Erkenntnissen der bedeutendsten Wissenschaftler dieser Welt Konsequenzen abzuleiten. Als besonders wichtige Veröffentlichung sehe ich das Konzept der planetaren Grenzen an, das Johan Rockström, Resilienzforscher an der Universität Stockholm, 2009 gemeinsam mit 27 weiteren Wissenschaftlern aus aller Welt vorgelegt hat. Die Autoren haben in dem Konzept der planetaren Grenzen neun Bereiche des Systems Erde definiert, bei denen das Überschreiten von Schwellenwerten besonders starke Veränderungen nach sich ziehen würde: Klimawandel, Ozeanversauerung, Ozonabbau in der Stratosphäre, biogeochemische Stoffflüsse, globaler Süßwasserverbrauch, Wandel der Landnutzung, Biodiversitätsverlust, Aerosolgehalt in der Atmosphäre sowie die Belastung mit Chemikalien. Für all diese Bereiche wurden Indikatoren bestimmt, zum Beispiel der CO2-Gehalt in der Atmosphäre für den Klimawandel oder die Rate des Artenaussterbens beim Biodiversitätsverlust.

Im „Anthropozän“

Die international renommierten Experten haben in drei Bereichen bereits Überschreitungen durch die Menschheit festgestellt: den Klimawandel, den Rückgang an biologischer Vielfalt sowie erhebliche Stickstoffeinträge. Hierdurch würden wesentliche Erdsystem-Funktionen beeinträchtigt.

Viele Wissenschaftler sprechen von Kipp-Punkten, einer kritischen, qualitativen Grenze, an der es zu irreversiblen Schäden des Systems kommen kann. Hierzu hat auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) wichtige Aussagen gemacht. Es zählt das Schmelzen des arktischen Eises, den Verlust des Grönlandeises, die Methanausgasung aus den Ozeanen, das Auftauen von Permafrostböden, die Destabilisierung des indischen Monsuns und die Umwandlung des Amazonas-Regenwaldes zu den wichtigsten Kippelementen im System Erde.

Ich möchte neben Johan Rockström und dem Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber auf einen weiteren Umweltpreisträger der Deutschen Bundesstiftung Umwelt aufmerksam machen: den niederländischen Meteorologen und Chemie-Nobelpreisträger Paul J. Crutzen, der lange Zeit am Max-Planck-Institut in Mainz eine führende Rolle spielte. Crutzen hat 2002 den Begriff „Anthropozän“ geprägt. Er meint damit eine neue erdgeschichtliche Epoche, nämlich das Zeitalter des Menschen. Bisher sprach die Wissenschaft vom Holozän, wenn von der gegenwärtigen Epoche der letzten 12.000 Jahre die Rede war.

Crutzen hat mit „Anthropozän“ ein neues Zeitalter benannt: Er weist darauf hin, dass die Weltbevölkerung sich innerhalb von 300 Jahren auf über sechs Milliarden Menschen verzehnfacht hat und noch im Laufe dieses Jahrhunderts vermutlich auf zehn Milliarden anwachsen wird. Er hat auf die Vernichtung tropischer Regenwälder durch den Menschen sowie die Verbrennung von fossilen Energieträgern mit der Folge zu hoher Treibhausgasemissionen hingewiesen. Der Kohlendioxidanteil ist um dreißig Prozent, der Methangehalt um mehr als 100 Prozent gestiegen. Nach Crutzens Berechnungen wurden damit alle Werte der letzten 400.000 Jahre übertroffen.

Wenn man die Forschungen zum ökologischen Fußabdruck der Menschen seit  den  1970er-Jahren zur Kenntnis nimmt, wird deutlich, dass erstmals in der Geschichte der Menschheit die Biokapazität der Erde überschritten wird und wir bereits eineinhalb Planeten in Anspruch nehmen.

Kein absolutes Primat

Wir müssen alles dafür tun, die globale Erwärmung aufzuhalten. Das Klima ist jedoch ein träges System. Alles, was wir heute tun, wird sich erst für kommende Generationen auswirken. Die bis jetzt verursachte Temperaturerhöhung werden wir nicht in den nächsten Jahrhunderten rückgängig machen können. Und auch die Auswirkungen des Temperaturanstiegs im Hinblick auf den Meeresspiegel und das Abschmelzen des grönländischen Eispanzers wird erst sehr langfristig zu korrigieren sein. Auch der Verlust von Arten ist in Teilen irreversibel. In dieser Frage wird die Bewahrung der Regenwälder eine zentrale Rolle spielen.

Auch in früheren Jahrtausenden hat es Reduktionen der biologischen Vielfalt durch Massenaussterben von Arten gegeben. Diese wurden zum Beispiel durch Meteoriteneinschläge ausgelöst. Viele Wissenschaftler befürchten, dass die Aussterberate heute bereits höher ist als bei allen früheren, erdgeschichtlichen Ereignissen, die natürliche Ursachen hatten.
 
In der Schöpfungsgeschichte der Bibel heißt es: „Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte.“ Das ist die wichtigste Basis für eine abgewogene Umwelt-, Klima- und Naturschutzpolitik der Union. Es geht um das Bebauen und Bewahren. Dazu ist eine kluge und ausgewogene Politik notwendig, die abwägt und zukunftsträchtig entscheidet.

So sympathisch das politische Engagement der jungen Menschen von Fridays for Future ist: Es ist nicht sinnvoll, ausschließlich auf Klimaschutz zu setzen und zum Beispiel das wichtige Thema der Bewahrung der Biodiversität aus den Augen zu verlieren. Mit dem absoluten Primat des Klimaschutzes könnten wir etwa den Ausstieg aus der Kernenergie widerrufen. Wir könnten massiv auf die Bioenergie setzen und damit zu stärkerer Monostrukturierung unserer Landschaften durch Maisanbau. Auch beim Ausbau der Windenergie sind Vogel- und Naturschutz sowie Landschaftsästhetik und bei der Wasserkraft der Schutz der Fische einzubeziehen.

Die Union muss sich an die Spitze der Bewegung setzen, damit die planetaren Grenzen nicht weiter überschritten werden. Sie sollte das Thema der Bewahrung der Schöpfung wieder in ihren Markenkern zurückholen, wo es lange war und auch hingehört.

Fritz Brickwedde, geboren 1948 in Osnabrück, 1991 bis 2013 Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), 2013 bis 2018 Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare  Energie,  Kreisvorsitzender der CDU Osnabrück-Stadt, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Stadtrat Osnabrück, Vorsitzender des Stiftungsrats der  Heinz Sielmann Stiftung.

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