Dem Deutschen Bundestag gehören 709 Abgeordnete an. Da ist es für den einzelnen Mandatsträger und die einzelne Mandatsträgerin nicht immer einfach, bei der breiten Öffentlichkeit (mediale) Aufmerksamkeit zu finden. Es sind zumeist die „Großkopferten“, die die Schlagzeilen bestimmen, die Titelseiten zieren, die Talkshows besetzen. Dahinter wird die Luft sehr schnell dünn. Als Fachpolitiker ist man wichtig für das Funktionieren der Fraktion; viel mediale Ehre ist damit eher selten verbunden. Das war schon immer so. Mein Problem ist das zumindest ein Stück weit weniger, da ich als Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dem Fraktionsvorstand angehöre. Damit bekleide ich ein Amt, und dass ich dieses Amt bekleide, wissen auch die Parlamentsberichterstatterinnen und -berichterstatter in Sachsen und Berlin, 892 Redakteurinnen und Redakteure und darüber hinaus zahlreiche freie Journalistinnen und Journalisten.
Vor allem ist es wichtig, in den örtlichen Medien des heimatlichen Wahlkreises präsent zu sein. Dort wird man ja auch gewählt. Im Vogtland konnte ich 2017 für die CDU das Direktmandat erringen. Ich will es so formulieren: Es geht mir um die Pflege einer partizipatorischen Demokratie, ich will also bei dem, was ich mache, möglichst viele Menschen erreichen und mitnehmen.
Wer sich diesem Thema widmet, und als Bundestagsabgeordnete tue ich dies nicht nur an dieser Stelle, sondern täglich, muss wissen, dass die Menschen ihre Informationen aus unterschiedlichen Gründen aus unterschiedlichen Quellen beziehen. Somit ist etwa die Frage „Blog, Twitter oder Bierzelt?“ – das war das Thema eines Workshops während der Münchner Medientage vor einigen Jahren – wenig sinnvoll. Soll heißen: Ich versuche mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mich unterstützen, möglichst viele Kanäle zu bearbeiten, woraus sich wie beschrieben mein Anspruch ableitet, so viele Menschen wie möglich zu erreichen; virtuell und analog. So gibt es meinen regelmäßigen „Berlin-Brief“ in klassischer Papierform; er informiert über meine Arbeit im Deutschen Bundestag sowie im Wahlkreis und anderswo. Die Bürgerinnen und Bürger können diesen auf meiner Homepage finden beziehungsweise digital bestellen und beziehen. Und wer den „Berlin-Brief“ oder auch andere Informationen per Fax erhalten möchte, bekommt ihn eben weiterhin auch auf diesem Weg.
Bei der Wahl der Kommunikationskanäle sollte nach meinem Dafürhalten, ich bin gelernte Soziologin, soziodemografisch – also mit Blick auf Alter, Herkunft und so weiter – gesehen möglichst niemand vergessen werden, woraus somit verkürzt meine Devise beziehungsweise mein Fazit folgt: Blog, Twitter und Bierzelt.
Professioneller Medienmix
Bei alledem pflege ich nicht nur das regelmäßige „Speisen“ diverser Medien mit relevanten Inhalten, sondern suche parallel den direkten Dialog mit den Menschen; dies etwa in regelmäßigen Bürgersprechstunden sowie im Zuge meiner zahlreichen Termine im Wahlkreis. Ich freue mich immer wieder über diese Gespräche, auch wenn sie ab und zu natürlich auch kritischer Natur sind.
Gelingt es also, einer breiten Öffentlichkeit mithilfe eines professionellen Medienmix Politik zu vermitteln, Themen seriös zu setzen und darüber hinaus den persönlichen Kontakt mit den Menschen zu suchen und aufrechtzuerhalten, dann kann man in meinen Augen von einer klugen, einer effizienten Öffentlichkeitsarbeit sprechen, mit der einhergeht, dass es in den Parteien mehr Anstrengungen bedarf, die Möglichkeiten dieses Medienmix zu kennen und professionell zu nutzen. Zu eruieren, welches Medium sich für welche Botschaft eigentlich eignet. Kompliziertes und/oder Komplexes gehört nicht auf Twitter, Facebook und Co., sondern in eine klassische Pressemitteilung oder ein anderes Printprodukt. Eine Regierungserklärung kann man zwar bei YouTube hochladen, sie wird jedoch eher nicht das Publikum erreichen, das ich eigentlich finden möchte. Will ich also präsent sein, benötige ich das richtige Medium, das ich darüber hinaus mit den passenden Inhalten füllen muss.
„Ein Platz für Freunde“
Der Wahlkampf von Barack Obama vor zwölf Jahren kann hier immer noch als Vorbild gelten. Der damalige Kandidat für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika hatte in dem einst sehr populären sozialen Netzwerk MySpace (Slogan: „Ein Platz für Freunde“) einen Auftritt unter „Ein Platz für die Freunde Obamas“, der nahezu alle Kriterien erfüllte, die einen gelungenen Web-2.0-Auftritt ausmachen: Die Besucher der Seite wurden aktiv eingebunden.
Sie konnten interagieren, Einträge hinterlassen und erhielten Antworten beziehungsweise durften auf eigene Blogs verweisen. Von besonderer Relevanz: Die Userinnen und User konnten sich registrieren und erhielten fortan Informationen. Dass Obamas Team, also seine Administratoren, die Seite ständig mit aktuellen Informationen füllte und bei alledem die „klassischen“ Medien nicht aus den Augen verlor, dürfte in einem erheblichen Maße dazu beigetragen haben, dass Barack Obama am 20. Januar 2009 in das Amt des 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten eingeführt werden konnte.
Team ist ein gutes Stichwort. Leider hat der Tag nur 24 Stunden, von denen viele arbeitsreich sind. Und das Team einer/eines Bundestagsabgeordneten ist klein. Viel kleiner als das Team eines Mitglieds des US-Kongresses oder des US-Senats. Hier liegen Begrenzungen, hier müsste deutlich nachgesteuert werden in der neuen Zeit.
Yvonne Magwas, geboren 1979 in Rodewisch (Vogtland), Dipl.-Soziologin, Stellvertretende Bundesvorsitzende der Frauen Union der CDU, Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.