Asset-Herausgeber

„Der Flüchtlingsjunge hat die Welt verändert“

In memoriam Klaus Töpfer

Asset-Herausgeber

Deutschland und insbesondere die CDU Deutschlands trauern in diesem Jahr um Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus Töpfer, der am 8. Juni 2024 im Alter von 85 Jahren gestorben ist. „Der Flüchtlingsjunge hat die Welt verändert“, so brachte Klaus Töpfers Sohn, Lutz Töpfer, das Wirken seines Vaters bei der Trauerfeier in Höxter auf den Punkt. Die große Anteilnahme von Freunden aus aller Welt, von Weggefährten aus unterschiedlichsten Bereichen und von vielen Menschen aus der Region zeugten von der großen persönlichen Wertschätzung, die dem Menschen Klaus Töpfer von der Bierkneipe in seiner Heimat bis hin zu den Vereinten Nationen in New York entgegengebracht wurde.

Klaus Töpfer, * 29. Juli 1938 in Waldenburg (Schlesien), † 8. Juni 2024 in München, im Juni 2008. Foto: © picture-alliance/dpa | Felix Heyder

Mit Klaus Töpfer verlieren die Union, Deutschland und die Weltgemeinschaft einen Vordenker der Menschheitsaufgabe einer nachhaltigen Entwicklung. Klaus Töpfer war ein unermüdlicher Ideengeber über Jahrzehnte hinweg und bis zuletzt, zum Beispiel als Mitwirkender am aktuellen Grundsatzprogramm der CDU. In seinem politischen Leben verstand er es – auf seinem christlich-demokratischen Fundament verankert –, erfolgreich Brücken zu bauen und breite gesellschaftliche Allianzen zu schmieden. Ihm gelang es in ganz besonderer Weise, sein Ziel im Blick zu behalten, aber stets offen für andere Argumente und Lösungswege zu bleiben. „Die Festigkeit gehört in den Willen, nicht in den Verstand“, diesen Merksatz Baltasar Graciáns aus dem 17. Jahrhundert hat Klaus Töpfer nicht nur oft in seinen vielen Reden an seine Zuhörer gerichtet, er hat ihn vor allem auch selbst beherzigt.

So nahm er die Verantwortung an, die wir gemeinsam für die Schöpfung im Ganzen tragen – und hat dafür gestritten. Er hat so früh wie kein anderer erfasst, dass die Bewahrung der Schöpfung ein zutiefst christlich-demokratisches Anliegen ist. Er hat dafür geworben, dass Glaubwürdigkeit dabei für die Positionierung der Union als Volkspartei der Mitte eine zentrale strategische Bedeutung besitzt. Und er kämpfte dafür, dass seine Partei diese Auffassung mit ihm teilte. So wurde er zum Architekten einer christlich-demokratischen Umweltpolitik, die er auch als eine große Freiheitsfrage erachtete. „Wir können künftige Generationen nicht von der Verantwortung für ihr Leben freistellen“, sagte er, „aber wir müssen wenigstens dafür sorgen, dass sie sie wahrnehmen können.“ Und so war Klaus Töpfer als Umweltpolitiker vor allem eins: Menschenfreund. Er traute seinem Gegenüber viel zu – in Freiheit in Verantwortung.

Aufgrund des mannigfaltigen Zusammenspiels von Umwelt und Entwicklung war er bereits in den 1980er-Jahren von der Notwendigkeit einer umfassenden nachhaltigen Entwicklung überzeugt. So sah er die ökologischen „Grenzen des Wachstums“ – aber vertrat genauso eine auf marktwirtschaftlicher und technischer Innovation basierende Überzeugung, dass diese auch in ein „Wachstum der Grenzen“ überführt werden können: „Es soll nicht sein, dass uns morgen noch einengt, was uns heute mit den uns aktuell zur Verfügung stehenden Technologien, aber auch Denk- und Wirkweisen den Weg nach vorn noch versperrt.“

Klaus Töpfer wurde 1938 in Schlesien geboren. Als Flüchtling kam er nach Höxter in Nordrhein-Westfalen. Es war kein leichter Start für ihn. Aber dann fand er hier seine neue Heimat. Später Ehrenbürger dieser Stadt geworden zu sein, hat ihm bei all seinen internationalen Ehrungen unendlich viel bedeutet. Bis zuletzt blieb er in der Stadt tief verwurzelt und den Menschen eng verbunden.

1972 trat er der CDU bei. Von 1989 bis 1998 gehörte er ihrem Bundesvorstand an. Der Diplom-Volkswirt begann seine politische Karriere in der Landespolitik – beinahe wäre aus den frühzeitigen veritablen Wissenschaftsambitionen auch eine herausragende akademische Karriere geworden. Die weiterführende und wo notwendig mahnende Stimme der Wissenschaft aber blieb als Zwiegespräch im und für das Wirken Klaus Töpfers stets mit erhalten. 1978 hat ihn der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Bernhard Vogel zunächst zum Staatssekretär und 1985 dann zum Minister für Umwelt und Gesundheit berufen.

Als Bundesumweltminister 1987 bis 1994 der Regierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl setzte Klaus Töpfer Maßstäbe. Er etablierte die Kreislaufwirtschaft, trieb erfolgreich und im kongenialen Dialog zwischen Wissenschaft und Politik – Klaus Töpfer hier, Nobelpreisträger Paul Crutzen vom Max-Planck-Institut für Atmosphärenchemie aus Mainz da – den Kampf gegen das Ozonloch voran und ermöglichte den Einstieg in erneuerbare Energien, um nur drei Beispiele zu nennen. Dem Weltgipfel für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 verhalf er durch seine akribische Vorbereitungsarbeit und sodann vor Ort als Leiter der deutschen Delegation zu einem Durchbruch. Mit der Verabschiedung der „Agenda für das 21. Jahrhundert“, kurz „Agenda 21“, auf der Rio-Konferenz 1992 begriff eine breite Öffentlichkeit die Bekämpfung des Klimawandels als eine Menschheitsaufgabe – mit ganz neuen Herausforderungen, aber auch Chancen der Kooperation für die Politik. Und so war es für Klaus Töpfer konsequent und für den internationalen Klimaschutz ein großer Gewinn, dass er nach seinem Abschied aus der Bundespolitik direkt daran anknüpfend von 1998 bis 2006 als Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen diese globalen Herausforderungen unter der Ägide der Vereinten Nationen von Nairobi aus fortführen konnte. Die acht Jahre in Afrika hätten ihn in ganz besonderer Weise geprägt, sagte Klaus Töpfer. Vor allem stärkten sie ihn in seinem Credo, dass Lösungen gefunden werden müssen, die globalisierungsfähig sind – „weltfähig“, wie er es ausdrückte.

Sein berufliches Leben sei „mit Zufällen gepflastert“ gewesen, hat Klaus Töpfer rückblickend gesagt und hinzugefügt: „Ich habe sie hoffentlich sinnvoll genutzt.“ Klaus Töpfer hat im besten Sinne des Wortes „nachhaltig“ gewirkt – mit seinem kritischen Denken und dem unumstößlichen Glauben an die schöpferische Kraft von uns Menschen zur Gestaltung einer besseren Welt. Seine intellektuellen Impulse waren auch für die Zeitschrift Die Politische Meinung während seiner Mitgliedschaft in ihrem Wissenschaftlichen Beirat von großem Wert.

Der Vorsitzende der CDU Deutschlands, Friedrich Merz, fasste in seinen Worten im Rahmen eines Requiems in der Katholischen Kirche St. Sebastian zu Berlin zum Gedenken an Klaus Töpfer wie folgt zusammen: „Mit Klaus Töpfer ist – so sagen wir es, und so sagen es uns viele – einer der Großen der Christlich Demokratischen Union Deutschlands von uns gegangen, ein Vordenker der nachhaltigen Entwicklung, ein unermüdlicher Ideengeber, eine Stimme mit Gewicht in Deutschland und in der Welt.“ Und weiter: „Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Wir sind und bleiben seinem Anliegen tief verpflichtet: der nachhaltigen Entwicklung, dem Schutz der Umwelt, seinem Einsatz für Menschenrechte und der Pflege einer lebendigen demokratischen Kultur. So wirkt Klaus Töpfer auf vielen Wegen weit über seinen Tod hinaus für uns.“

comment-portlet