Seit Jahrzehnten nimmt die Konrad-Adenauer-Stiftung ganz selbstverständlich einen geachteten Platz unter den inzwischen sechs deutschen Politischen Stiftungen ein. Jeder kennt sie, viele schätzen sie. Sie ist aus unserem politischen Leben nicht mehr wegzudenken – schon gar nicht angesichts der vielen Herausforderungen, vor denen Deutschland, vor denen Europa und insbesondere die Europäische Union und die internationale Völkergemeinschaft zur Jahreswende 2016/17 stehen. Ihr Engagement wird mehr denn je gebraucht. Grund genug, ihres Gründungsvaters Bruno Heck zu gedenken.
Am 20. Januar 1917, vor fast hundert Jahren also, ist er im württembergischen Aalen geboren. Am 16. September 1989, keine acht Wochen vor dem Fall der Mauer, ist er während einer Wanderung auf der Schwäbischen Alb in Blaubeuren gestorben. In Rottweil, im Herzen seiner Heimat, fand er seine letzte Ruhestätte.
Er gehörte zu jener jungen Generation, die am Ende der Weimarer Republik noch Schüler waren, die den Zweiten Weltkrieg als Soldaten mit knapper Not überlebt hatten, 1945 vor dem in Trümmern liegenden Deutschland und Europa standen und sich ihren Weg in eine ungewisse Zukunft suchen mussten.
Noch vor dem Krieg hat Bruno Heck mit dem Studium von Philosophie und Katholischer Theologie begonnen, danach setzt er es mit den Fächern Klassische Philologie, Germanistik und Geschichte fort und beschließt es mit beiden Staatsexamen für das Höhere Lehramt und mit seiner Promotion über Catull.
Durch die Berufung zum Regierungsrat und persönlichen Referenten des Kultusministers von Württemberg-Hohenzollern (1949) kam er, der bereits 1946 in die CDU eingetreten war, in erste Berührung mit der Politik. Auf Empfehlung des CDU-Landesgeschäftsführers von Württemberg-Hohenzollern, Kurt Georg Kiesinger, wurde er 1952 Bundesgeschäftsführer der CDU in Bonn und 1966 als Erster in das neu geschaffene Amt eines Generalsekretärs der CDU berufen. Zu seinem größten Erfolg wurde die Bundestagswahl von 1957. Zum ersten und einzigen Mal erreichte die Union die absolute Mehrheit der Stimmen. Er kandidiert bei dieser Wahl selbst für den Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen, den er fünfmal direkt gewann. Den Kabinetten von Adenauer, Erhard und Kiesinger gehörte er von 1962 bis 1968 als Familienminister an. Seine Wahl zum Gründungsintendanten des ZDF allerdings scheitert 1962 am Widerstand der SPD.
Unter maßgeblicher Mitwirkung von Heinrich Krone übernahm er schon 1956 den Vorsitz der „Gesellschaft für christlich-demokratische Bildungsarbeit“, der Vorläuferin der Konrad-Adenauer-Stiftung, und wurde 1968 in der Nachfolge von Arnold Bergstraesser, und nach ihm die Staatssekretäre Alfred Müller-Armack und Franz Thedieck, zum Vorsitzenden der Stiftung gewählt. Für 21 Jahre war er der unbestrittene Kapitän eines von Jahr zu Jahr seetüchtigeren Schiffes.
Peter Molt kommt das Verdienst zu, jüngst Die Anfänge der Entwicklungspolitik der Bundesrepublik Deutschland – so der Titel eines demnächst im Droste-Verlag erscheinenden Buches – und insbesondere die Rolle Bruno Hecks und sein weltweites Engagement in den Anfangsjahren der Stiftung minutiös aufgearbeitet zu haben.
Bei allen Verdiensten als Organisator der CDU, als Abgeordneter, als Minister: In der Leitung der Konrad-Adenauer-Stiftung fand Bruno Heck seine eigentliche Lebenserfüllung. Er wurde zum Gründungsvater der Stiftung. Er hat sie geprägt und ihre Aufgaben festgeschrieben. Er sah in ihr die Impulsgeberin für eine Politische Bildung, die das Gelingen eines gefestigten demokratischen Gemeinwesens sichern sollte und die sich in der Welt, zunächst vor allem in den Ländern der Dritten Welt – wie man damals formulierte –, für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie engagiert. Bei aller Nähe zur CDU sicherte Heck aus inhaltlichen wie aus rechtlichen Gründen stets ihre Unabhängigkeit.
Er hat daran mitgewirkt, dass die Politischen Stiftungen auch heute von unschätzbarem Nutzen sind. Er führte die Stiftung wie ein großes Familienunternehmen. Er stellte hohe Anforderungen, nicht nur an sich selbst, sondern auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Er war im besten Sinne des Wortes ein Konservativer. Er war bereit, das Bewährte zu prüfen und Veränderungen und Reformen einem Härtetest zu unterziehen. Seine Überzeugungen wurzelten in der Tradition der Katholischen Soziallehre. Seine schwäbische Herkunft hat der praktizierende Katholik nie verleugnet. Nüchternheit, mitunter auch Hartnäckigkeit waren ihm eigen. Er war mutig und konsequent, aber, wenn notwendig, auch streitbar. Pflegeleicht war er nicht. Er besaß ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, er war nicht ohne Ehrgeiz. Seine Geradlinigkeit verlieh ihm eine fast selbstverständliche Autorität. Hinter seiner harten Schale steckte ein empfindsamer, ja verletzlicher Kern. Auch sein ausgeprägter Sinn für die Sprache, für Kunst, Literatur und Musik hat ihn geprägt.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung wäre ohne Bruno Heck nicht vorstellbar. Er hat sie zu dem gemacht, was sie heute ist. Seine späten Nachfolger, ich selbst und nach mir Hans-Gert Pöttering, und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung haben jeden Grund, seiner dankbar zu gedenken.
Bernhard Vogel, geboren 1932 in Göttingen, 1976 bis 1988 Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, 1992 bis 2003 Thüringer Ministerpräsident, Ehrenvorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung.