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Die Schulferien haben begonnen. Einen Urlaub vom Virus wird es dennoch nicht geben. Man müsste schon zum Südpol reisen. Die Grenzöffnungen der letzten Wochen bieten eine eingeschränkte Reisefreiheit, aber noch längst keinen Ausstieg aus dem Corona-Verdruss. Lokale Ausbrüche lassen sogar die Furcht vor einer zweiten Welle wachsen.

Über Monate ging es notgedrungen um Selbstisolierung. Nun wird die Rückkehr aus der Isolation zu einem schwierigen Prozess. In der Weltkrise schlüge die Stunde der internationalen Gemeinschaft, doch schon vor der Pandemie stand es schlecht um sie. Fragmentierende Gegenkräfte glauben sich bestätigt und sind erfreut, dass selbst in Europa über Nacht Grenzbarrieren wiedererrichtet worden sind. Manch einer entdeckt gar ein Revival der Nationalstaaten, doch geht der pandemiegetriebene Umkehrschub zur Globalisierung offensichtlich auch über sie hinweg: Wer hätte gedacht, dass beispiels- weise Niedersachsen einmal Reisebeschränkungen gegenüber Ostwestfalen aussprechen würden? So kleinteilig wie jetzt ist die Welt lange nicht gewesen. In der Pandemie durchläuft die Globalisierung ein tiefes Wellental.

Deutlich treten weltanschauliche Bruchlinien zutage, wie sie etwa die Begriffe „Grenzen“ oder „Offenheit“ markieren. Seit Erscheinen von Karl Poppers „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ vor 75 Jahren hielt man in den westlichen Demokratien Offenheit für einen positiven Leitwert, während sich der Gegenbegriff „Geschlossenheit“ mit totalitären Systemen verband und negativ konnotiert war. In der Beklemmung des Lockdowns stieg aber das Abgrenzungsbedürfnis wohl mindestens ebenso sehr wie die Sehnsucht nach mehr Außenwelt. Ist das Ideal der Offenheit womöglich nun selbst vor aller Augen an Grenzen gestoßen?

Die Christlich-Demokratische Union Konrad Adenauers und Helmut Kohls hat seit ihrer Gründung vor ebenfalls 75 Jahren Schlagbäume aller Art – zwischen den Konfessionen, zwischen Land und Stadt, zwischen den Nationen – beiseite geräumt. Mit ihr ist Deutschland ein ebenso heimatbewusstes wie weltoffenes Land geworden. Heute, im weiter unvermeidlichen Rückzugs- verhalten der Pandemie, gilt es einmal mehr, Wege ins Offene zu gestalten.

Angesichts der noch immer kaum auszulotenden Dimension des Krisengeschehens hat die Redaktion die Autorinnen und Autoren des vorliegen- den Bandes – teils sind sie der Konrad-Adenauer-Stiftung eng verbunden – gebeten, erste Einsichten und Erfahrungen zur Corona-Pandemie darzulegen. Auch sie waren zuletzt, wie alle, ein Stück weit „aus der Welt“ und entwickeln in ihren Texten Perspektiven für die sich wieder weitenden Horizonte.

 

Bernd Löhmann, Chefredakteur

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