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Am 20. Januar 2025 wurde Donald Trump zum zweiten Mal US-Präsident. Und wieder herrschte Unverständnis: Wie konnten die Wähler nur? Besonders die Wahlverlierer und ihre Unterstützer, das progressive Milieu, waren fassungsloser denn je. Gegendemonstrationen gab es dieses Mal keine, verloren standen ihre Protagonisten bei Trumps Inauguration am Rand. Ein US-Podcaster verglich die Demokratische Partei mit dem Kojoten aus den Roadrunner-Cartoons: Stets braucht er eine Weile, um zu verstehen, dass er den Boden unter den Füßen verliert. Aber das Schlimmste ist: Nie lernt er daraus!

"Looney Tunes". (c) Warner Bros. Entertainment [via https://www.vox.com/2015/3/5/8157519/chuck-jones-rules-for-roadrunner-coyote]

Wie zuletzt immer hatte man auf Appelle an die demokratische Verantwortung gesetzt und empörte sich über die Entgleisungen Trumps. Am Ende verfingen alle Mahnungen nicht, sondern lösten sogar Widerwillen aus. Auch die kaum verhüllte Hoffnung, dass ihnen die Gerichte die Arbeit abnehmen und Trump stoppen würden, erwies sich als trügerisch. Dagegen blieb das eigene politische Angebot dürftig und ging an den Sorgen der Wähler vorbei. Heikle Themen wie Inflation oder Migration wurden lieber beiseitegelassen.

Die US-Wähler ließen den Demokraten das Wegducken nicht durchgehen. Bereitwillig sog Trump die Unzufriedenheit auf. Hätte er geschlagen werden können, wenn seine Gegner entschlossene politische Ansätze geboten hätten?

Wohl oder übel werden Europa und Deutschland mit Donald Trump auskommen müssen. Denn – trotz seiner Unberechenbarkeit – ist eines sonnenklar: Zumutungen werden zu verdauen und zu bearbeiten sein. Wer zimperlich ist oder belehrend auftritt, hat schon verloren und wird von ihm lächerlich gemacht. Eine als typisch deutsch geltende Außenpolitik, die Moral als Richtschnur nimmt, findet keine Abnehmer mehr.

Es grenzt an Realitätsverweigerung, dass die deutsche Politik die tieferen Ursachen der Zunahme von Regierungen, an denen Populisten maßgeblich beteiligt sind, ignoriert. Allein in den letzten Wochen kamen die europäischen Nachbarn Belgien und möglicherweise Österreich hinzu. Immerhin besteht in Deutschland – mit den bei Redaktionsschluss noch bevorstehenden Wahlen – eine (letzte?) Chance, diese Tendenz zu stoppen oder umzukehren.

Nun käme es darauf an, nicht länger – wie der Kojote – im Absturz zu verharren und potenzielle Lösungen zu verweigern. Von rechten und linken Extremisten ist nichts zu erwarten, sie leben allein von Provokation. Die Mitte ist gefragt, doch sie hatte sich in Teilen bereits am Tag von Trumps Wahlsieg im November 2024 zerlegt.

 

Bernd Löhmann, Chefredakteur

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