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Sechzig Prozent der Deutschen sind der Ansicht, dass der islamistische Terror nichts mit dem Islam zu tun habe. Das ist das Resultat einer Emnid-Umfrage kurz nach den Anschlägen in Paris. Eine eher gelassene, auch differenzierte Haltung scheint daraus zu sprechen – jedenfalls vor dem Hintergrund anderer Studien, die in Deutschland seit Jahren eine tiefsitzende Angst vor dem Islam diagnostizieren. Unabhängig davon, welches Ergebnis das Stimmungsbild besser wiedergibt, vorauszusehen ist, dass sich das Meinungsklima noch deutlich verschärfen dürfte, wenn – was zu befürchten ist – Mörder weiter „im Namen des Islam“ ihr Unwesen treiben.

Jede neue Schandtat gibt denen Auftrieb, die den Islam schon immer für wesenhaft gewalttätig, demokratieunverträglich oder integrationshinderlich hielten. Dagegen gerät die Gegenposition unter Druck. Inzwischen reicht es nicht mehr aus, nur zu beteuern, dass der Islam eine „Religion des Friedens“ sei. Die – fanatisch übersteigerte – religiöse Motivation und Rechtfertigung der islamistischen Täter lässt sich nicht übergehen.

Den Gründen für diese ideologisierte religiöse Gewalt nachzugehen, gehört notwendigerweise zu einem sachlichen und unvoreingenommenen Diskurs über den Islam. Dennoch ist Vorsicht geboten. Denn allzu leicht könnte sich die Debatte auf die Gewaltfrage reduzieren. Dabei sollte ein umfassenderes Verständnis dieser Religion und ihrer historischen und soziologischen Kontexte die Grundlage aller weiteren Diskussionen sein.

Wenn mittlerweile circa vier Millionen Muslime in Deutschland und wohl ungefähr fünfzig Millionen Muslime in Europa leben und Prognosen davon ausgehen, dass der Islam in wenigen Jahrzehnten die größte Weltreligion sein könnte, dann zeigt das, wie notwendig diese Anstrengung ist. Die Zahlen werfen aber auch ein Licht darauf, dass der salafistische Anspruch vom einen und unwandelbaren Islam gänzlich realitätsfern ist und totalitären Charakter besitzt. Der Islam ist kein Monolith, sondern kennt die vielfältigsten Strömungen, Traditionen und ldeenwelten.

Der „Krieg gegen den Terror“ ist von westlicher Seite nur in der Solidarität mit Muslimen zu gewinnen. Denen, die innerhalb der islamischen Kultur den Ausgleich suchen, einen differenzierten Diskurs und ein vernunftgeleitetes Verständnis über Glaubensfragen entwickeln wollen, muss verstärkt unsere Unterstützung gehören. Bei aller Notwendigkeit, jetzt auch die konkreten Sicherheitsfragen neu zu bedenken – dem Gewaltpotenzial lässt sich letztlich nur mit den Friedenspotenzialen des Islam beikommen.

 

Bernd Löhmann, Chefredakteur