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Eine Analyse der Präsidentschafts- und Kongresswahlen in den USA

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Ein schnelles und eindeutiges Ergebnis – darin lag die Überraschung der Wahlnacht im vergangenen November. Experten hatten angesichts des vorhergesagten Kopf-an-Kopf-Rennens der Kandidaten Kamala Harris und Donald Trump in den Umfragen eine langwierige Auszählung erwartet. Am Ende waren nur wenige Stunden notwendig, um Donald Trump zum Sieger der Präsidentschaftswahl am 5. November 2024 zu erklären. Mit ihm im Weißen Haus und knappen Mehrheiten im Kongress haben die Republikaner jetzt umfassende Gestaltungsmöglichkeiten.

Viele Jahre gab es Faustregeln, wie die US-amerikanischen Wähler in den Vereinigten Staaten abstimmen: Der ländliche Raum wählt eher republikanisch, die Städte eher demokratisch; Gleiches gilt für schwarze oder lateinamerikanische Bürger. Donald Trump hat das verändert: Nachwahlanalysen zeigen Bewegungen innerhalb der traditionellen Wählergruppen.[1] Trump wurde von 55 Prozent der Männer gewählt und von 45 Prozent der Frauen. Seine Wähler waren überwiegend Weiße (57 Prozent stimmten für ihn), er erhielt jedoch auch 46 Prozent aus der Latino-Community und 39 Prozent der asiatischstämmigen Wähler. Kamala Harris erhielt 85 Prozent der Wählerstimmen aus der schwarzen Bevölkerung. Den größten Erfolg hatte sie bei schwarzen Frauen, die zu 91 Prozent für sie stimmten. Bei den schwarzen Männern gab es zwar eine überwiegende Mehrheit für Harris, aber immerhin 21 Prozent stimmten für Donald Trump.

 

Trumps Wähler

Aufmerksamkeit erregte Trumps Ergebnis bei männlichen Latino-Wählern, die zu 55 Prozent für ihn stimmten. Wenn man die Wählerschaft nach Alter aufgliedert, zeigt sich, dass Trump vor allem bei den 45- bis 64-jährigen Wählern punkten konnte (54 Prozent stimmten für ihn). Nach Geschlecht unterteilt, zeigt sich auch hier wieder die Präferenz von männlichen Wählern; bei den Männern zwischen 45 und 64 erhielt er 60 Prozent – seinen höchsten Stimmenanteil in dieser Alterskohorte. Auch von den unter 30-jährigen Männern stimmten 49 Prozent für ihn. Der Blick auf den Bildungsgrad belegt, dass Trumps Wähler eher keinen Hochschulabschluss haben. 56 Prozent von ihnen stimmten für ihn (weiße Männer ohne Hochschulabschluss sogar zu 69 Prozent). Von den Hochschulabsolventen stimmten immerhin 42 Prozent für Trump. Für die Demokraten alarmierend: Wähler aus Haushalten mit Gewerkschaftsmitgliedern stimmten zu 45 Prozent für Trump – damit lag seine Zustimmung hier nur wenige Prozentpunkte unter der bei Nicht-Gewerkschaftern.

Diese Prozentwerte sind besonders bemerkenswert, wenn man sie mit denen der vorangegangenen Wahl vergleicht.[2] So lag Harris bei der weiblichen Wählerschaft zwar mit acht Prozentpunkten vor Trump – dieser konnte seinen Rückstand verglichen mit 2021 jedoch um sieben Prozentpunkte reduzieren. Bei Männern baute Trump seinen Vorsprung weiter aus. Auffällig ist hier erneut die Unterscheidung nach unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen: Trump konnte seinen Stimmenanteil in fast allen Männergruppen vergrößern – er verringerte seinen Rückstand bei schwarzen Männern um vier Prozentpunkte, bei Latino-Männern kehrte er den Rückstand von 23 Prozentpunkten in einen Vorsprung von zwölf Prozentpunkten um. Bei weißen Männern blieb sein Vorsprung von 23 Prozentpunkten konstant hoch.

Bei den Frauengruppen fällt auf, dass Trump vor allem bei hispanischen Frauen seinen Rückstand erheblich verringern konnte. Wenn man die Entwicklung in den Altersgruppen betrachtet, konnte Trump bei den unter 45-Jährigen seinen Rückstand verringern und bei den 45- bis 64-Jährigen seinen Vorsprung ausbauen. Nur bei den über 65-Jährigen schmolz sein Vorsprung. Entscheidend für Trump ist weiterhin die Unterstützung im ländlichen Raum, während Harris (wie Joe Biden und Bill Clinton vor ihr) vor allem in den Städten vorn lag. Trump konnte bei dieser Wahl seinen Vorsprung im ländlichen Raum wieder ausbauen, der bei den Wahlen vor vier Jahren geschrumpft war. Wichtig für seinen Sieg war auch, dass er in den Vororten nach einem Verlust vor vier Jahren wieder in Führung ging. Nicht wahlentscheidend, aber besonders für die Demokraten bedenklich: Selbst in vielen ihrer Hochburgen (wie New York oder Kalifornien) bekam Trump zwar nicht die Mehrheit, konnte seinen Stimmenanteil aber erheblich ausbauen.

 

Sorgenvolle Stimmung

Ein Grund für dieses Wahlergebnis war die Stimmung im Land. Auf dem Papier waren die USA im vergangenen Jahr in Höchstform: die Inflation gebremst, die Wirtschaft erfolgreich, die Arbeitslosenquote niedrig, die Kriminalitätsrate rückläufig. Im Alltag und beim persönlichen Empfinden vieler Amerikaner überwogen jedoch die Sorgen: Die Inflation der vergangenen Jahre hatte die Preise nach oben getrieben, es gab Angst vor Gewalt und zu hohen Einwanderungszahlen. Diese Stimmungslage zeigte sich auch in den Nachwahlumfragen: 73 Prozent sagten, sie seien unzufrieden mit oder sogar zornig über die Lage in den USA; 62 Prozent von ihnen wählten Trump. Die wirtschaftliche Lage sei nicht so gut oder schlecht sagten 68 Prozent der Befragten; von ihnen wählten 70 Prozent Trump, dem in Umfragen immer wieder eine höhere Wirtschaftskompetenz zugeschrieben wurde. 46 Prozent sagten, die finanzielle Lage ihrer Familie sei schlechter als vor vier Jahren; 81 Prozent von ihnen wählten Trump. Allein die Einschätzung „genau gleich“ reichte bereits als Motivation, um 69 Prozent Zustimmung für Harris zu erzeugen. Große Unterschiede zwischen den Wählergruppen zeigten sich, wenn nach Themen gefragt wurde, die für sie wahlentscheidend waren: 34 Prozent sagten, die Lage der Demokratie – von ihnen wählten 80 Prozent Kamala Harris. 32 Prozent bewegte die wirtschaftliche Lage – von ihnen wählten 80 Prozent Donald Trump. Abtreibung war ein Thema für 14 Prozent – von ihnen wählten 74 Prozent Harris. Einwanderung nannten 11 Prozent – von ihnen wählten 90 Prozent Trump.

Außenpolitik spielte eine untergeordnete Rolle: Die größte Aufmerksamkeit im Wahlkampf richtete sich auf den Konflikt im Nahen Osten. 32 Prozent der befragten Wähler sagten, die Hilfe für Israel gehe zu weit – von ihnen stimmten 67 Prozent für Harris. 30 Prozent hielten die Unterstützung nicht für stark genug – 82 Prozent von ihnen wählten Trump. In diesen Zahlen spiegelt sich das Problem wider, das der Nahostkonflikt besonders für die Demokraten darstellte. Arabische und progressive Wähler tendieren traditionell zu den Demokraten, kritisierten nun aber die Israelpolitik der Biden-Regierung.

Seit 2018 haben Wahlen in den USA neue Beteiligungsrekorde erzielt. Die Wahl im November 2024 reichte nicht ganz an die Wahlbeteiligung von 158 Millionen Wählern im Jahr 2020 heran. Vor allem in Bundesstaaten, die nicht umkämpft waren, ging die Wahlbeteiligung zurück. Dafür stieg sie in den „Swing States“. Wenn man die absoluten Stimmen betrachtet, legte Harris in Georgia, Nevada, North Carolina und Wisconsin im Vergleich zu Bidens Wahlsieg 2020 zu. Allerdings gelang es Trump, noch mehr Wähler zu mobilisieren.[3] Damit widerlegte diese Wahl die Faustregel, nach der die Demokraten profitieren, wenn die Wahlbeteiligung steigt. Zugleich zeigten erste Analysen, dass Veränderungen der Mehrheiten nicht mit Wählerwanderungen gleichzusetzen sind: So konnte Trump zwar seinen Stimmenanteil bei den unter 30-Jährigen erhöhen, seine absolute Stimmenzahl in dieser Altersgruppe blieb aber gleich.[4] Im Gegensatz zu seinem ersten Wahlerfolg 2016 gelang es Trump dieses Mal, nicht nur die Mehrheit der Wahlleutestimmen, sondern auch die Mehrheit aller Stimmen zu erhalten. Das generierte dann nicht den Erdrutschsieg, als den ihn manche qualifizierten, denn letztlich kam Trump nur auf knapp 50 Prozent der Stimmen. Gleichwohl spiegelt das Ergebnis die tiefe Spaltung des Landes wider.

 

Republikanische Mehrheit in beiden Kammern

Neben dem US-Präsidenten wurden im vergangenen November das gesamte Repräsentantenhaus und etwa ein Drittel des Senats gewählt. Donald Trump regiert nun mit einer Mehrheit in beiden Kammern. Die Ergebnisse sind allerdings nicht so eindeutig – und so überraschend – wie bei der Präsidentschaftswahl. Im Repräsentantenhaus konnten die Republikaner ihre knappe Mehrheit nur leicht ausbauen. Im Senat gewannen sie die Mehrheit. Das lag vor allem daran, dass demokratische Kandidaten in Bundesstaaten zur Wahl standen, die mehrheitlich in republikanischer Hand sind, zum Beispiel West Virginia, Ohio oder Montana.

In der Nachwahlanalyse konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf vier Bundesstaaten, in denen demokratische Senatoren gewannen – obwohl Harris die Präsidentschaftswahl hier verlor, nämlich auf Arizona, Michigan, Nevada und Wisconsin.[5] Die Gründe: Zum einen gibt es durchaus Wähler, die ihre Stimme splitten. Zum anderen gibt es traditionell viele Wähler, die nur für den Präsidenten abstimmen, während sie die Senatswahl ignorieren. Auch wenn dadurch nur ein Prozent der Stimmen verloren geht, können sie für die Wahl des Senators den Unterschied ausmachen. Hinzu kommt, dass die vier Senatoren ihren Wahlkampf anders gewichteten als Harris: Während die Präsidentschaftskandidatin versuchte, sich von der unbeliebten Biden-Regierung zu distanzieren, indem sie mehr über Zukunftsthemen sprach, warben die Senatoren mit Gesetzgebungserfolgen, an denen sie beteiligt waren.[6] Das funktionierte selbst für eine demokratische Kandidatin, die zum ersten Mal für den Senat antrat: in Michigan, wo die Abgeordnete Elissa Slotkin aus dem Repräsentantenhaus in den Senat wechseln konnte. In der laufenden Debatte, wie sich die Demokraten nach den Niederlagen des vergangenen Jahres neu aufstellen können, haben diese Senatoren jetzt wichtige Stimmen.

Trumps klarer Wahlsieg war nicht abzusehen. Umfragen zeigten ein Kopf-an-Kopf-Rennen, besonders, nachdem die Demokraten die Spitzenkandidatur von Präsident Biden an Vizepräsidentin Harris übertragen hatten. Harris motivierte Basis und Spender, holte in den Umfragen auf und führte einen disziplinierten Wahlkampf. Donald Trump dagegen musste sich zunächst gegenüber einer Reihe von Parteifunktionären durchsetzen, die sich einen anderen Kandidaten gewünscht hätten. Über weite Strecken des Wahlkampfes schwebten Gerichtsprozesse wie Damoklesschwerter über ihm. Seine Beliebtheitswerte in Umfragen blieben unter 50 Prozent. Aber auch er führte einen disziplinierteren Wahlkampf. Neben seinem Unmut über die verlorene Wahl vier Jahre zuvor konzentrierte er sich meist auf die Themen Einwanderung und Wirtschaft – Themen, mit denen er bei vielen Wählern punkten konnte. Das Thema Abtreibung entschärfte er für sich als Wahlkampfbelastung, indem er sich dafür aussprach, die Frage auf Bundesstaatenebene zu klären, und es damit – auch im Gegensatz zu seinen eigenen Aussagen in der Vergangenheit – delegierte.

 

Trumps „‚Bro‘ Podcast Tour“

Trump profitierte aber auch von einem Wandel in der Mediennutzung vieler Amerikaner. Besonders junge Männer erhalten ihre Informationen nicht mehr über traditionelle Medien, sondern von Influencern in den sozialen Medien und durch Podcasts. Diese sogenannten „Bro“ Podcasts wenden sich mit überwiegend unpolitischen Inhalten an junge Männer. Das Magazin Forbes sprach von einer „Bro“ Podcast Tour, die Trump vor der Wahl absolvierte.[7] Er sprach dort teilweise mehrere Stunden lang über Themen wie Verschwörungstheorien, Sport, Wrestling, Drogenmissbrauch und auch über Politik. Die lockere Gesprächsführung und sympathisierende Moderatoren ersparten Trump kritische Nachfragen. Einzelne Folgen erreichten ein Millionenpublikum. Trumps Gespräch mit dem beliebten Podcaster Joe Rogan wurde allein auf YouTube über fünfzig Millionen Mal angesehen.

Eine Analyse des Pew Research Center zeigt, dass die Rolle der Influencer gewachsen ist:8 Rund 21 Prozent aller Amerikaner und 37 Prozent aller unter 30-jährigen Amerikaner beziehen ihre Nachrichten von ihnen. 65 Prozent dieser Personengruppe sagen, dass sie auf diese Weise aktuelle Geschehnisse besser verstehen würden. Laut der Analyse sind fast zwei Drittel der Influencer männlich, und wenn sie eine politische Präferenz zeigen, dann überwiegt eine Tendenz nach rechts. Auch das kam Donald Trump im Wahlkampf entgegen.

 

Hardy Ostry, geboren 1970 in Ziegenhain, promovierter Politikwissenschaftler, Leiter des Auslandsbüros USA der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Washington, D.C.

Jan Bösche, geboren 1976 in Bremen, Projektmanager, Auslandsbüro USA der Konrad-Adenauer-Stiftung.

 

[1] Die Zahlen sind einer Nachwahlumfrage entnommen, die von mehreren Fernsehsendern gemeinsam in Auftrag gegeben wurde, www.nbcnews.com/politics/2024-elections/exit-polls [letzter Zugriff: 27.11.2024].
[2] Basierend auf denselben Daten, siehe Zachary B. Wolf, Curt Merrill and Way Mullery: „Anatomy of three Trump elections: How Americans shifted in 2024 vs. 2020 and 2016. Exit polls reveal a divided country”, in: CNN Politics, 06.11.2024 (letztes Update: 25.11.2024), www.cnn.com/interactive/2024/politics/2020-2016-exit-polls-2024-dg/ [letzter Zugriff: 27.11.2024].
[3] Nicholas Riccardi: „Big voter turnout this year benefited Republicans, contradicting conventional political wisdom“, in: Associated Press, 17.11.2024, https://apnews.com/article/election-2024-voter-turn-out-republicans-trump-harris-7ef18c115c8e1e76210820e0146bc3a5 [letzter Zugriff: 27.11.2024].
[4] Philip Bump: „Trump’s 2024 ‚mandate‘ isn’t as robust as Biden’s was in 2020“, in The Washington Post, 18.11.2024, www.washingtonpost.com/politics/2024/11/18/trumps-2024-mandate-isnt-robust-bidens-was-2020/ [letzter Zugriff: 27.11.2024].
[5] Kyle Kondik: „The 2024 Senate Undervote: Not High By Historical Standards“, in: The Center For Politics, 21.11.2024, https://centerforpolitics.org/crystalball/the-2024-senate-undervote-not-high-by-historical-standards/ [letzter Zugriff: 27.11.2024].
[6] Ben Kamisar / Alex Seitz-Wald / Natasha Korecki: „Democrats won 4 big Senate races in states Harris lost. Their ads looked very different”, in: NBC News, 13.11.2024, www.nbcnews.com/politics/2024-election/democrats-won-4-big-senate-races-states-harris-lost-ads-looked-differe-rcna179668 [letzter Zugriff: 27.11.2024].
[7] Stephen Pastis: „Here Are The Biggest Moments From Trump’s ‚Bro‘ Podcast Tour“, in: Forbes, 29.10.2024, www.forbes.com/sites/stephenpastis/2024/10/29/here-are-the-biggest-moments-from-trumps-bro-podcast-tour-ahead-of-joe-rogan-appearance/ [letzter Zugriff: 27.11.2024].
[8] Galen Stocking et al.: „America’s News Influencers. The creators and consumers in the world of news and information on social media“, Pew Research Center, 18.11.2024, www.pewresearch.org/journalism/2024/11/18/americas-news-influencers/ [letzter Zugriff: 27.11.2024].

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