Wenn Angela Merkel am 17. Juli dieses Jahres ihren 70. Geburtstag feiert, dann markiert der Fall der Mauer – das prägendste Ereignis in der Nachkriegsgeschichte unseres Landes – ziemlich genau die Mitte ihres bisherigen Lebens. Die Angela Merkel, die ich kenne, wird diese Koinzidenz wahrscheinlich mit einem Schmunzeln quittieren.
Weil ich selbst im Westen Deutschlands aufgewachsen bin, fällt es mir schwer, zu beurteilen, welchen Einfluss die Jahrzehnte in der DDR unter einem repressiven, übergriffigen Staat auf Angela Merkels Politikverständnis hatten. Sicher ist für mich, dass sie ihre Macht im Amt anders, dosierter und leiser einsetzte.
Sie wusste immer, wo sie stand und wohin sie wollte, aber ich habe in all den gemeinsamen Jahren kein dröhnendes „Basta“ aus ihrem Mund gehört. Sie hat es nie zum Eklat kommen lassen. Sie blieb einfach gelassen, ohne ein Jota an Konzentration aufzugeben. Und am Ende hatte sie stets den Respekt auf ihrer Seite.
Betont nüchtern und mit leisem Humor
Angela Merkel hat tief verinnerlicht, dass Politik von Menschen gemacht wird, die ihre eigenen, sehr unterschiedlichen Biographien mitbringen. Sie hat sich aufrichtig für die Geschichte und die Geschichten ihrer Gesprächspartner interessiert. Dieses Hintergrundwissen half ihr immer wieder in schwierigen Momenten, persönlichen Zugang zum Gegenüber herzustellen, Kompromisslinien auszuloten und Lösungen zu finden.
Ihre eigene Bedeutung spielte sie in Gipfel-Formaten bewusst herunter. Lange dozierende Monologe und Pathos überließ sie gern anderen in der Runde. Wenn Angela Merkel selbst persönliche Erfahrungen einbrachte, dann betont nüchtern, knapp und mit leisem Humor. Nie habe ich erlebt, dass sie ihre ostdeutsche Herkunft als Argument im innenpolitischen Streit genutzt hat. Nie die Tatsache, dass sie als erste Frau an der Spitze der Bundesregierung stand. Selbst in härtesten Verhandlungen behielt sie das nächste Wiedersehen im Blick, achtete darauf, dass künftigen Kompromissen keine unnötige Verletzung des Gegenübers im Weg stand.