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Fragen an einen Altstipendiaten und eine Stipendiatin in der Politik

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Herr Kampeter, Sie waren Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung. Was heißt das für Sie?

Steffen Kampeter: Für mich bedeutet die Begabtenförderung vor allen Dingen, dem Ideal des Studium generale ein Stück näher zu kommen – sich vom reinen Spezialistentum zum „gebildeten“ Spezialistentum fortzuentwickeln. Denn den Stipendiaten wird die enorme Möglichkeit gegeben, Einblicke in andere Fachbereiche zu erhalten, andere Sichtweisen kennenzulernen und langjährige Freundschaften zu schließen.

Für mich kommt hinzu, dass ich die damals seltene Gelegenheit bekam, während des Studiums die Vereinigten Staaten und Israel zu besuchen. Als Abgeordneter habe ich von diesen Erfahrungen sehr gezehrt. Meine außenpolitischen Grundüberzeugungen sind durch diese Reisen geprägt worden.

 

Reicht es, intelligent zu sein?

Steffen Kampeter: Voraussetzung sind überdurchschnittliche Leistungen. Aber der Leistungsbegriff – gerade in einer politischen Stiftung – geht über eine gute Benotung hinaus. Es geht um das soziale Engagement, in der Jugendarbeit, in der Kirchengemeinde oder in der Kommunalpolitik. Der Leistungsbegriff umfasst also auch: Fürsorge, Caritas und Empathie für die Schwächeren in unserer Gesellschaft zu zeigen.

Intelligenz und Talent sind Gott sei Dank unterschiedlich ausgeprägt. Das ist ein Vorzug, der dazu führt, dass Unterschiedlichkeit und Vielfalt eine Stärke der Stipendiatenschaft ist. Auch diejenigen, die Fächer studieren, die nicht so sehr im Fokus der gesellschaftspolitischen Debatte stehen, sind wertvoll für das Bild der Stiftung – nach innen wie nach außen.

 

Frau Schmitt, Sie sind Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung. Was bedeutet das für Sie?

Ronja Schmitt: Ich war bereits im dritten Semester, als ich mich beworben habe – hatte kein 1,0-Abitur. Freunde erzählten mir, dass es bei der Bewerbung auch auf andere Dinge ankäme. Ich bin ehrlich gesagt sehr, sehr stolz gewesen, als ich dann als Stipendiatin aufgenommen wurde.

Dass soziales Engagement ein großes Thema für die Begabtenförderung ist, hat aus meiner Sicht auch gesamtgesellschaftliche Relevanz. Es gibt in Deutschland eine Vielzahl von ehrenamtlich Engagierten, auf deren Einsatz und Arbeit eigentlich alle zivilgesellschaftlichen Projekte und Initiativen gründen. Deshalb ist es so wichtig, ein solches Engagement zu würdigen – vor allem auch dadurch, dass man engagierten jungen Menschen Stipendien gibt.

 

Ein Vorwurf lautet, dass die Begabtenförderungswerke diejenigen unterstützen, die im Leben ohnehin begünstigt sind.

Ronja Schmitt: Das würde ich nicht so sehen. Die schulische und akademische Leistung ist von jedem individuell zu erbringen. Auch das gesellschaftliche Engagement, das von jedem verlangt wird, ist keine Gabe, die einem in die Wiege gelegt wird. Ohnehin ist es so, dass die finanzielle Förderung nur die- oder derjenige erhält, deren beziehungsweise dessen Eltern das Studium nicht aus eigener Tasche finanzieren können.

Richtig ist aber, dass man vermehrt darauf achtet, Stipendiatinnen und Stipendiaten zu gewinnen, die nicht aus privilegierten Elternhäusern stammen. Zum Beispiel gibt es das Studienpatenschaftsprogramm „Senkrechtstarter“, bei dem aktuelle Stipendiaten und Altstipendiaten beispielsweise jungen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zur Seite stehen, damit sie im Studium und beim Berufseinstieg erfolgreich sind.

 

Haben unsere Stipendiaten größere Aussicht auf einen Platz im Bundestag?

Steffen Kampeter: Das Talent, ein Bundestagsmandat auszufüllen, mag nicht jedem – gewiss dann anders talentierten Stipendiaten – gegeben sein. Doch diejenigen, die sich schwerpunktmäßig politisch engagieren, erhalten durch die Begabtenförderung eine weitere Möglichkeit, ihr ehrenamtliches Engagement in ein berufliches zu übertragen.

Wer aber ins Parlament kommt, entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Und das ist natürlich auch richtig so. Denn wir wollen kein Begabten-Parlament, sondern wir wollen ein Parlament, dessen Talente und soziale Struktur die Bevölkerung widerspiegeln.

 

Wie haben Sie sich als Stipendiat engagiert?

Steffen Kampeter: Ich gehöre zu denjenigen, die sich fast zeit ihres Lebens gesellschaftspolitisch engagiert haben; im Grunde habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht und bin überaus dankbar dafür. Mit seinen Talenten der Gesellschaft etwas zurückzugeben – das ist der unausgesprochene „Contrat social“ der Begabtenförderung. Ich hoffe, dass ich diesem Anspruch in meiner 25jährigen Bundestagstätigkeit gerecht geworden bin.

 

Sie sind nach dem Studium schnell in die Politik gegangen, haben eine Führungsposition erlangt. Welches sind für Sie die Grundlagen guter Führung?

Steffen Kampeter: In der Politik muss man lernen, dass Demokratie Konflikt und Konsens bedeutet. Jeder streitige Diskurs ist die Grundlage für einen anständigen Kompromiss. Gute Führungskräfte in demokratischen Organisationen versuchen, Menschen mitzunehmen und Mehrheiten kooperativ und empathisch zu organisieren – nicht von oben herab. Ich glaube, dieses moderne Führungsverständnis zeichnet Leadership im 21. Jahrhundert aus.

 

Funktioniert das Netzwerk der Stipendiaten und Altstipendiaten?

Steffen Kampeter: Die Vernetzung der Stipendiaten wird vorangetrieben, das politische und soziale Kapital der Alumni wird intensiver genutzt. Ich gehe davon aus, dass diese Aktivitäten in den nächsten Jahren deutlich zunehmen werden.

 

2016 wechseln Sie in die Wirtschaft. Die Öffentlichkeit sieht einen solchen Schritt oft skeptisch. Wie erklären Sie, dass es kein Problem darstellt, Lobbyist zu sein?

Steffen Kampeter: Ich bin bis zum Juli 2016 Lobbyist meines Wahlkreises und breche dann zu neuen Ufern auf, um Lobbyist für eine lebendige sozialpartnerschaftliche und Soziale Marktwirtschaft zu werden. Der Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft muss in beide Richtungen möglich sein. Jeder muss für sich entscheiden, wie er diesen Wechsel organisiert.

 

Frau Schmitt, in der Sozialen Marktwirtschaft gilt das Prinzip „Fördern und Fordern“. Wie hat Sie die Stiftung gefordert?

Ronja Schmitt: Die Auseinandersetzung mit den Mitmenschen, mit ihren Meinungen hat etwas Forderndes. Sich mit unangenehmen Themen auseinanderzusetzen – all das hat die Stiftung eingefordert. Heute betrachte ich das als den größten Mehrwert der Förderzeit.

 

Sie sind die jüngste Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Wie kam das?

Ronja Schmitt: Politik war für mich schon immer faszinierend: der Meinungsaustausch, das Werben um die besseren Ideen. Mit Mitte 20 im Bundestag zu sein – das war allerdings so nicht angestrebt. Im Gegenteil: Es war sehr überraschend, dass ich nachgerückt bin. Dabei finde ich es aber ungemein wichtig, dass sich auch junge Menschen engagieren, denn letztendlich funktioniert eine Demokratie nur mit einer aktiven Beteiligung aller.

 

Können Sie nach einem halben Jahr im Bundestag schon eine kleine Bilanz ziehen?

Ronja Schmitt: Es ist noch immer aufregend. Ob in Berlin oder im Wahlkreis – jeder Tag ist anders und bringt Neues. Das abzudeckende Themenspektrum ist enorm – vom Unternehmer zur alleinerziehenden Mutter oder zum Imkerverein. Die Aufgaben sind vielseitig, und das macht die Sache spannend. Es ist wichtig, prinzipiell offen für alles zu sein und zu Beginn gelassen zu bleiben. Nach einem halben Jahr darf ich sagen, dass ich mich in den politischen Alltag eingefunden habe – sofern es diesen überhaupt gibt!

 

Hat Ihnen das Förderprogramm der Stiftung irgendwie geholfen?

Ronja Schmitt: Ich denke ja. Die Summe aller Erfahrungen macht einen Menschen aus und bestimmt seinen Standpunkt. Wie man Argumente vorträgt, welchen Stil man wählt, da hat die Erfahrung einen großen Wert. Die Begabtenförderung schult die Stipendiaten in solchen Dingen und bietet eine Möglichkeit, sich auszuprobieren.

 

Was bedeutet das Netzwerk der Stipendiaten und Altstipendiaten für Sie?

Ronja Schmitt: In der Zeit als Stipendiatin haben sich Freundschaften herausgebildet – man hat gemeinsam ungemein viele Erfahrungen gesammelt. Aktuell, in der politischen Position, findet weiterhin ein reger Austausch mit Konstipendiaten statt. Wenn man dann in den Beruf einsteigt, bleibt das Netzwerk etwas sehr Förderliches.


Steffen Kampeter, geboren 1963 in Minden, Altstipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, Parlamentarischer Staatssekretär a. D., Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.

Ronja Schmitt, geboren 1989 in Esslingen, Stipendiatin der Konrad-Adenauer-Stiftung, Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.


Die Fragen stellte Frauke Gottwald, Referentin Stabsstelle Stiftungsübergreifende Strategien der Konrad-Adenauer-Stiftung, im Juli 2015.

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