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Dorfliebe – Politik persönlich nehmen

Für mehr Dialog, Verständnis und Lösungen im ländlichen Raum.

Die Dorfliebe-Tour bringt Politik dorthin, wo sie oft als fern wahrgenommen wird: aufs Land. Durch Begegnungen, Gespräche und den Austausch mit Bürgern und Politikern soll ein Dialog gestartet und dem ländlichen Raum eine Stimme gegeben werden.

Politik berührt unseren Alltag. Und deshalb haben wir auch allen Grund, sie persönlich zu nehmen. Auf dem Land fühlt es sich oft so an, als sei die Politik weit weg. Diesem Gefühl begegnet die Konrad-Adenauer-Stiftung mit der „Dorfliebe-Tour“ und einer Einladung zum Gespräch.

Dorfliebe-Tour schafft Begegnung

Wir organisieren Begegnungen dort, wo man den Supermarkt und den Friseur nur noch mit dem Auto erreicht und sich Nachbarn nicht mehr zufällig über den Weg laufen. Bisher gab es 40 solcher Treffen, überwiegend in Ostdeutschland. Was wir erlebt haben, ist aber nicht nur für den Osten repräsentativ. So oder so ähnlich gestalten sich die Probleme vermutlich an vielen Orten in diesem Land. Die meisten unserer Gesprächspartner wollten sich einfach Luft machen, wollten über ihre Probleme sprechen. Und sie haben Antworten erwartet. Eingeladen waren auch immer Politiker: Landtags- oder Bundestagsabgeordnete, Kreistagsmitglieder, Bürgermeister. Die haben sich mitunter schwergetan, die politischen Verantwortlichkeiten zu erklären, und auf den Punkt zu begründen, warum bestimmte Hindernisse unüberwindbar scheinen. Nicht selten waren sie frustriert, haben fehlende Budgets oder unklare Kompetenzen beklagt. Vieles ist heutzutage so komplex, so überreguliert, dass selbst die vermeintlichen Profis resignieren. Diese Resignation gilt es aufzulösen: Dafür braucht es klarere Verantwortlichkeiten und mehr Geld für die Kommunen.

Bürokratische Herausforderungen

Uns wurden Geschichten erzählt, die schier unglaublich anmuten: So die Renovierung eines denkmalgeschützten Hauses, für das der Denkmalschutz den Einbau zusätzlicher Fenster verbietet, der Brandschutz hingegen nach größeren Fenstern für die Feuertreppe verlangt. Das Ping Pong zwischen Bürger und Behörden dauert an. Ausgang ungewiss.

Behördenkontakte werden von vielen unserer Gesprächspartner als gängelnd empfunden; es herrscht der Eindruck, öffentliche Institutionen machten den Menschen das Leben schwer, statt ihnen zu helfen. Viele fühlen sich im Kampf gegen die empfundene Behördenwillkür alleingelassen. Die Beispiele sind ungezählt: Müllautos, die keine kleinen Straßen mehr befahren, Misthaufen, die überdacht werden sollen, Angler, die ihre Fischkästen abbauen müssen. Wenn dann noch – über die Köpfe der Bürger hinweg – Gemeinden zusammengelegt werden, steigt die Frustration ins Unermessliche.

Zugleich findet das „Dorf“ im öffentlichen Diskurs nicht mehr statt. Unsere Gesprächspartner fühlen sich mit ihren Lebensrealitäten nicht wahrgenommen, drehen sich die Debatten doch vornehmlich um die Probleme der Städter. Dass Bildung, Infrastruktur und öffentliche Verwaltung auf dem Land nicht mehr funktionieren, würde kaum thematisiert – so ihre Wahrnehmung.

Verkehrspolitik und andere Lebensrealitäten

Und konkret: Das Deutschlandticket, von allen Bürgern mitfinanziert, nutzt vornehmlich den Stadtbewohnern, denen, die einen funktionierenden Öffentlichen Nahverkehr haben. Auf dem Land ist man auf das Auto angewiesen. Und das Verbrennerverbot oder Überlegungen zur Abschaffung der Pendlerpauschale werden als Angriffe realitätsferner Städter auf die Landbevölkerung verstanden. Oder Demonstrationen für den Klimaschutz: Gemeinhin finden die in den großen Städten statt. Auszubaden, so jedenfalls wird es empfunden, haben es die Menschen auf dem Land, vor deren Türen Stromtrassen und Windparks gebaut werden.

Finanzielle Ausstattung der Kommunen

Vielen Kommunen fehlt es inzwischen an Geld, um grundlegenden Aufgaben nachzukommen. Zum Beispiel für Zuzug zu sorgen, leiden heute noch viele Regionen am Wegzug einer ganzen Generation nach der Wiedervereinigung. Andererseits stehen Menschen, die aufs Land ziehen wollen vor absurden bürokratischen Hürden. So wollten vier Familien zurück aufs Dorf und dort bauen. Da die Gemeinde sparen musste, wurde kein Bauland erschlossen – die Flächen gab es sehr wohl. Die künftigen Bauherren sollten die Erschließung selbst finanzieren, was ihre Baukosten erheblich erhöht hätte.

Gemeinschaft und Lösungen

Auf der anderen Seite gibt es aber auch sehr viel Gemeinsinn. Die Dorfgemeinschaft packt an, man ist lösungsorientiert. Nach dem Motto: Wir bekommen das schon hin. Berlin (oder die jeweilige Landeshauptstadt) soll uns nur in Ruhe lassen und den Kommunen genügend Geld geben. Für Leben in Dörfern sorgen die Wirte. Die Kneipe, sofern es sie noch gibt, ist kulturelles, politisches und soziales Zentrum, psychologische Beratung inklusive. Wirtschaftlich geht es den meisten Dorfgaststätten gut. Kundschaft ist da, es fehlt nur an Personal. Und an Nachfolgern, wenn der Wirt in den Ruhestand gehen möchte. Kneipen sind Orte der Demokratie – nur leider sterben sie langsam aus.

Kommunikation ist keine Einbahnstraße

Entscheidungen müssen erklärt werden. Und daran mangelt es oft. Zeitungen, in denen man sich früher über Lokales informiert hat, werden kaum noch gelesen Und viele Politiker gehen nicht auf die Bürger zu und suchen das direkte Gespräch. Zuweilen reicht es schon, zuzuhören und zu vermitteln, dass man sich des jeweiligen Problems annehmen wird.

Kein Fazit

Uns haben die Gespräche auf der Dorfliebe-Tour gezeigt, dass die Menschen sich sehr wohl für Politik interessieren. Viele befürchten, dass die AfD noch stärker wird, wenn der Staat seinen Aufgaben nicht nachkommt, wenn unregulierte Migration mit fehlender Integration einhergeht. Und trotz ihrer vermeintlichen Furcht vor der AfD, können sie verstehen, warum sie gewählt wird: Zu wenig funktioniere noch im Land. Und weil sie sich von der Politik nicht gehört fühlten, brauche es einen Denkzettel. Aber wir hatten auch Gäste, die sich in ihren Dörfern offensiv für Demokratie, Dialog und Zusammenhalt einsetzen. Und die sich oft mit ihren Ansichten, ihren Initiativen alleingelassen fühlen. Ihnen wollten wir mit unserem Besuch zeigen, dass sie nicht allein sind.

Konrad-Adenauer-Stiftung

Dr. Daniel Schmücking leitet seit Juni 2023 die Abteilung Politische Kommunikation der Hauptabteilung Politische Bildung. Zuvor war er von März 2018 bis 2023 Leiter des Auslandsbüros in Kambodscha und leitete davor für ca. drei Jahre das Büro der KAS in der Mongolei. Er besitzt zudem Arbeitserfahrung als Referent der CDU Thüringen für Organisation Kampagnen und Medien. Zudem wirkte der promovierte Politologe als Landesgeschäftsführer der Jungen Union Thüringen.

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