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IMAGO / Olaf Wagner

„Gewalt gegen Polizei- und Sicherheitskräfte ist Gewalt gegen uns alle.“

Interview mit einem Polizisten über zunehmende Gewalt bei Großveranstaltungen und mangelnden Respekt gegenüber Einsatzkräften.

Wie fühlen sich Polizistinnen und Polizisten bei Großveranstaltungen? Was steckt hinter der zunehmenden Gewalt und welche Rolle nehmen die Politik und die Gesellschaft dabei ein?

Der 1. Mai steht bevor. Mit welchen Gefühlen blicken Polizistinnen und Polizisten diesem Tag entgegen?

Kristian Beara: Wir sind bestens vorbereitet. Und doch gibt es sie alle Jahre wieder: die berühmt berüchtigten 1.-Mai-Ausschreitungen, die in der Vergangenheit vornehmlich linksradikale und anarchistische Gruppierungen zu verantworten hatten.

So wird es auch in diesem Jahr wieder Bilder von vermummten Jugendlichen geben, von johlenden jungen Männern, die mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern Polizisten und Feuerwehrleute attackieren. Und mit Sicherheit werden auch wieder Barrikaden, Mülltonnen und Autos brennen.

Alarmiert sind wir auch wegen der heftigen propalästinensischen Proteste der vergangenen Monate. Wir werden uns auch von dieser Seite auf Vandalismus gegen öffentliche Einrichtungen und Einsatzkräfte einstellen müssen.

Zugleich müssen wir immer wieder zur Kenntnis nehmen, dass die deutsche Justiz, wenn es dann mal zu einer Verurteilung kommt, Gewalttätern gegenüber sehr viel Nachsicht walten lässt und den Opfern zu wenig Mitgefühl entgegenbringt. Tausende Beamte aus dutzenden Polizeipräsidien wissen, dass die gut gemeinten Deeskalationsstrategien auch an diesem 1. Mai wenig greifen werden und dass es wie jedes Jahr auch diesmal wieder zu Unruhen kommen wird. So wie an Halloween oder zu Silvester.

 

Befürchten Sie angesichts der zugespitzten innenpolitischen Lage, etwa mit Blick auf linksextremistische Unterstützer der Gaza-Proteste, ein erhöhtes Gewaltpotential?

Kristian Beara: Ich nenne Ihnen mal ein Beispiel. Alljährlich finden in muslimischen, aber auch einigen westlichen Staaten, so auch in Deutschland, am Ende des Fastenmonats Ramadan Al-Quds-Märsche statt. 1979 eingeführt vom Führer der islamischen Revolution im Iran, Ajatollah Chomeini, nach seiner Rückkehr aus dem Exil. „Al Quds“ ist der arabische Name für Jerusalem. Am sogenannten Al Quds-Tag ruft das iranische Regime zur Eroberung Jerusalems auf. Zugleich solidarisiert man sich auf diesen Märschen mit den Anliegen der Palästinenser. Wir beobachten, dass dort zunehmend linksextremistische Gruppierungen präsent sind. Und antisemitische Parolen werden nicht nur auf Arabisch skandiert. Die Feinde Israels sind unter uns. Doch wo bleiben die Konsequenzen?

Am 9. Oktober 2023 ziehen mehr als hundert Unterstützer des Hamas-Terrors vom 7. Oktober durch Duisburg, greifen Reporter an und bejubeln den Massenmord an Israelis. Deutschlandweit gab es ähnliche Ereignisse. Das Versammlungsrecht in allen Ehren. Aber wie NRW-Innenminister Reul so schön sagte: „Versammlungsfreiheit gilt für alle, auch für Menschen, die ganz komische Ansichten haben, aber es gibt eben Grenzen.“

Hier sind auch die muslimischen Verbände in Deutschland gefragt. Sie müssen öffentlich Stellung nehmen. Auch das ist ein Beitrag zur Integrationspolitik. Viel zu lange war man im Umgang mit dem politischen Islam parteiübergreifend naiv.


Der letzte Lagebericht des BKA zur Gewalt gegen die Polizei verzeichnet Höchstwerte: 260 Betroffene pro Tag, rund 95.000 im Jahr. Was sind die Gründe dafür, und wie lässt sich gegensteuern?

Kristian Beara: In jeder Uniform steckt ein Mensch. Polizisten sind Väter, Mütter, Töchter, Söhne, Schwestern, Brüder, Freunde, Mannschaftskameraden, Nachbarn. Für die meisten von uns ist ein Polizist ein hilfsbereiter Fremder, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Er sorgt dafür, dass wir uns sicher fühlen und dass wir abends gut einschlafen können.

Gewalt gegen Polizei- und Sicherheitskräfte ist Gewalt gegen uns alle. Polizisten brauchen gesamtgesellschaftliche Rückendeckung, und hier ist jeder von uns gefragt. Wenn man der Polizei mit Achtung und mit Respekt begegnet, dann hat das auch immer eine Vorbildfunktion. Da kommen übrigens oft ältere Menschen ins Spiel. Sie sind Multiplikatoren, ihr Verhalten wird bemerkt. Und im besten Fall gucken sich die Jungen ab, wie Wertschätzung funktioniert. Denn wenn junge Menschen den Staat, in dem sie leben, nicht wertschätzen, dann wackelt ein wichtiger Baustein im Fundament unserer Demokratie: unsere Sicherheit. Widerworte hat es schon immer gegeben. Aber die Aggression, die Pöbeleien und Beleidigungen, die Bereitschaft, Gewalt gegen Polizeibeamte, gegen Rettungskräfte oder andere Amtspersonen anzuwenden, hat deutlich zugenommen.


Die Bundesinnenministerin zeigte sich bestürzt darüber, mit welchem Hass Polizistinnen und Polizisten umgehen müssen und berichtet: Sie wurden im Einsatz „bespuckt, geschlagen, getreten, mit Flaschen, Steinen und Feuerwerk beworfen.“ Welche Konsequenzen hat die Politik aus diesen unhaltbaren Zuständen gezogen und sind sie ausreichend?

Kristian Beara:  Glücklicherweise ist die Bundesinnenministerin nicht für mich zuständig. In der Vergangenheit, so schien es zuweilen, hatte sie gewisse Sympathien für linksextremistische Gruppierungen oder hat sie zumindest verharmlost. Beim CSD im vergangenen Jahr war sie mit von der Partie. Die allgegenwärtigen Banner und Sprechchöre gegen die Polizei hat sie aber anscheinend übersehen und überhört. Vertrauensbildend war das nicht.
Ohne Rückhalt aus der Politik, die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Institutionen und von Meinungsführern drehen wir die Spirale der Gewalt nicht zurück. Ganz wichtig! Symbolpolitik bringt uns gar nichts. Was wir brauchen, sind Taten! Und das Engagement jedes einzelnen Bürgers. Das ist das Gebot der Stunde. Denn eins darf man nicht vergessen: Gewalt gegen Polizei- und Sicherheitskräfte ist im endeffekt Gewalt gegen uns alle!


Bei „Polizeigewalt“ ist der öffentliche Aufschrei groß, und das zurecht. Wie aber bewerten Sie den medialen Umgang mit „Gewalt gegen die Polizei“? Ist das richtige Verhältnis beider Themen in der Berichterstattung Ihrer meiner Meinung nach gewahrt?

Kristian Beara: Die Polizei wendet unmittelbaren Zwang an, der rechtlich transparent geregelt ist und immer verhältnismäßig sein muss. Nicht selten wird dieser Zwang allerdings zu Polizeigewalt umgedeutet. Wer dieses Narrativ pflegt, gefährdet den sozialen Frieden. Folgt man den Weisungen von Polizeibeamten, ist man vor vermeintlicher „Polizeigewalt“ sicher. Hier sind auch Journalisten in der Verantwortung, sachlich und ausgewogen zu berichten.

In den sozialen Medien findet man teilweise sehr gekürzte und aus dem Zusammenhang gerissene Videos von Aktivisten, die unmittelbaren Zwang seitens der Polizei als Polizeigewalt framen. Unter dem Dach des Vereins PolizeiGrün gibt es sogar Aktivisten, die der Polizei angehören.


Die wichtig ist öffentliche Unterstützung für die Arbeit der Polizei?

Kristian Beara: Zunächst einmal: Probleme müssen benannt werden. Man darf sie nicht tabuisieren. Und natürlich muss man auch Lösungen anbieten.
Wenn man im Kampf gegen gemeingefährliche Clankriminalität meint, an jeder Ecke Rassismus zu wittern, dann läuft etwas falsch.
Wenn wir die Tatsache unter den Teppich kehren, dass es Gruppen von jungen Migranten gibt, die häufig gewalttätig sind und polizeiliches Einschreiten erfordern, nur um uns nicht dem Rassismus-Verdacht auszusetzen, dann gefährden wir den sozialen Frieden. Die Probleme eskalieren, und wir haben kein einziges gelöst.

Wir dürfen nicht kapitulieren. Wir müssen, wenn wir Ausschreitungen analysieren Ross und Reiter nennen. Wir dürfen uns nicht der politischen Korrektheit beugen. Wer hier relativiert oder verharmlost, dem empfehle ich die zahlreichen Videos in den sozialen Netzwerken.

Und jetzt nutze ich mal den Anlass, all meinen Kollegen zu danken. Polizisten, die unter Einsatz ihrer Gesundheit Tag für Tag für unsere Sicherheit sorgen. Wie auch an diesem 1. Mai.

 

Das Interview führte Konstantin Otto am 25. April 2024

privat

Kristian Beara, Jg. 1980, ist Polizist, Sicherheitsexperte und Dozent für Verwaltungsrecht bei einem privaten Bildungsträger. Der Familienvater engagiert sich ehrenamtlich in der CDU und der MIT. Er leitet den Arbeitskreis Sicherheit der CDU Köln.

Wenn ihr ein Freund der Helfer seid und es allen zeigen möchtet, dann bestellt kostenfrei die Sticker unter:
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