Europäisches Parlament / Pietro Naj-Oleari
Entwicklungen im Berichtszeitraum
- Vergleich zum letzten Barometer: Die EVP-Familie ist in Umfragen (für nationale Wahlen) in 13* Ländern die stärkste pol. Familie, die sozialistische in 5-6 (+0/1), die europakritisch-konservative ECR in 3 (-1), die liberale in 3, Unabhängige und Grüne (+1) in je einem Land, Rechtspopulisten in 1-2 Ländern (in der Slowakei liegen Smer (S&D) und die rechtspopulistischen Kräfte etwa gleichauf)
- In einigen Ländern ist der Vorsprung der führenden Parteienfamilien vor anderen politischen Familien sehr knapp (Litauen, Finnland, Slowenien, Slowakei, Niederlande, Schweden, Belgien, Frankreich)
- Die EVP ist weniger dominant, wenn man nur auf die stärkste Einzelpartei und nicht die größte Parteienfamilie blickt (Slide 5): Dann führt die EVP in 9* Ländern, die Sozialisten in 9, die Liberalen in 4, die ECR in 3, Rechtspopulisten, Grüne und Unabhängige in je einem Land
- 9* der 28 Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat gehören zur EVP-Familie, 8 Staats- und Regierungschefs gehören den Liberalen, 5 den Sozialdemokraten/Sozialisten, 2 den euroskeptischen Konservativen, einer der Europäischen Linken an, 3 sind formal unabhängig
* Wenn die ungarische Fidesz, deren EVP-Mitgliedschaft bei der Vorstandssitzung vom 20. März mit den Stimmen beider Seiten ausgesetzt wurde, nicht berücksichtigt wird, ist die EVP in 12 Ländern stärkste Parteienfamilie und in 8 Ländern stärkste Einzelpartei. Ohne Viktor Orban würden noch 8 der 28 Staats- und Regierungschefs der EVP-Familie angehören.
Ausblick auf die Europawahlen 2019
Einleitende Bemerkungen:
- Eine schwache Wahlbeteiligung kann die Ergebnisse erheblich verzerren
- Die Prominenz der Spitzenkandidaten kann ebenfalls erhebliche Auswirkungen haben
Mit Vorsicht können folgende Aussagen getroffen werden:
- Die EVP würde trotz Verlusten in den großen Ländern mit ca. 174-199 Sitzen stärkste Kraft im Europäischen Parlament bleiben (24,7%-28,2% der Sitze), ohne Fidesz mit 162-186 Sitzen
- Relativ würde sich der Anteil der EVP-Sitze (aktuell: 28,9%) im Falle eines Brexit noch recht moderat verringern, da die EVP-Fraktion vom durch den Brexit bedingten Wegfall von Abgeordneten unterdurchschnittlich stark betroffen sein würde (Vergleich: S&D würde von 25% auf ca. 19,6% fallen)
- Parteien am ganz rechten (ENF) und linken Rand (VEL/NGL) hätten zusammen ein Potential von ca. 20-23% der Sitze
- Die 5-Sterne-Bewegung würde ihrerseits Schwierigkeit haben, eine eigene Fraktion zu bilden
- Eine Große Koalition aus EVP und Sozialisten / Sozialdemokraten hätte im künftigen EP keine Mehrheit mehr und würde einen dritten Partner benötigen
- Ca. 66-73% der Abgeordneten würden moderaten Gruppen angehören (EVP, S&D, Liberale+Macron, Grüne), aber im Falle eines Abgangs von Fidesz aus der EVP und anderer umstrittener Parteien anderer Parteienfamilien könnte dieser Anteil auf 63% oder weniger sinken
- Im Vergleich zum letzten Parteienbarometer: EVP steigt leicht an, ansonsten v.a. Bewegung im rechten Lager: ECR legt leicht zu, ENF verliert leicht
- Zudem mehr Fragezeichen (und daher auch mehr Szenarien) aufgrund einer möglichen Brexit-Verschiebung und der Aussetzung der EVP-Mitgliedschaft der ungarischen Fidesz.
Ausblick auf die Europawahlen 2019 - Quintessenz
Basierend auf den aktuellen Umfragen und die jeweiligen Szenarien gewichtend, wäre derzeit pro Fraktion wohl in etwa die folgende Sitzverteilung wahrscheinlich:
- EVP: 180-190 Sitze, ohne Fidesz ca. 168-177 Sitze
- S&D: 140-150 Sitze, ohne Brexit bis etwas über 160 Sitze
- ALDE (plus Macron): 100-110 Sitze
- Grüne/EFA: 50-55 Sitze, mit 5-Sterne-Bewegung ca. 70 Sitze
- ECR: ca. 60 Sitze, mit Fidesz über 70 Sitze
- VEL/NGL: 50-60 Sitze
- ENF: 70-75 Sitze
- 5-Sterne-geführte Fraktion: eher unwahrscheinlich, da mglw. nicht genug Länder vertreten für Fraktionsbildung. Potential bei 25-35 Sitzen, sollte UKIP/Brexit hinzustoßen, auch bei 40 Sitzen