Seit einem Jahr leitet Jair Messias Bolsonaro die Regierungsgeschäfte des größten lateinamerikanischen Landes. Eine mehrjährige Krisenvorgeschichte, bestehend aus der Verschlechterung der öffentlichen Sicherheit, dem Einbruch der Wirtschaft und des monumentalen Lava-Jato Korruptionsskandals, führte im Oktober 2018 zur Wahl des Rechtspopulisten. Dieser verstand es vor allem, die von zunehmender Politikverdrossenheit gezeichneten und mit den traditionellen Parteien unzufriedenen Menschen über die Sozialen Medien zu begeistern. Ebenso kam dem die Militärdiktatur glorifizierenden ehemaligen Hauptmann die massive Unterstützung der evangelikalen Kirchen zugute.
Viele internationale Beobachter hatten bereits vor Amtsantritt der neuen Regierung das völlige Ende der brasilianischen Demokratie herbei beschworen. Dies ist bisher nicht der Fall. Die Institutionen und die Gewaltenteilung in der viertgrößten Demokratie der Welt funktionieren noch. Allerdings hat die Polarisierung im Land weiter zugenommen und sich die politische Debattenkultur verändert. Zudem erschweren Stil und Habitus des Präsidenten eine sachliche Beurteilung der Regierung. Außer Frage steht jedoch, dass Brasilien als viertgrößte Demokratie, neuntgrößte Volkswirtschaft der Welt und noch dazu mit dem größten Anteil am Amazonasregenwald ein außerordentlich wichtiger Partner für Deutschland und Europa ist. Schon deshalb empfiehlt sich weiterhin ein fairer und konstruktiver Umgang mit der Bolsonaro-Administration.
Positiv zu bemerken ist, dass insbesondere die legislative Gewalt den ihr zur Verfügung stehenden Gestaltungsraum im vergangenen Jahr zu nutzen gewusst hat. Bei den verschiedenen Akteuren der Zivilgesellschaft, welche vielfach ein Klima der Angst beschreiben, ist eine stärkere Koordinierung zu beobachten. An Bedeutung gewonnen haben dezentrale Verwaltungseinheiten, in erster Linie die Bundesstaaten, aber auch Kommunen und Gemeinden. Außerhalb der Hauptstadt Brasilia positionieren sie sich als wichtige Player mit dem sichtbaren Willen zu gestalten.
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