Rund 360 Millionen Wahlberechtigte waren vom 06.-09. Juni 2024 aufgerufen, ihre Stimme in der größten länderübergreifenden Wahl weltweit abzugeben und die 720 Mitglieder des 10. Europäischen Parlaments zu bestimmen. Erstmals durften in Deutschland, Belgien, Malta und Österreich auch 16-jährige und in Griechenland 17-jährige wählen. Die Wahlbeteiligung im gesamteuropäischen Kontext ist mit 51 Prozent gegenüber 50,07 Prozent bei der letzten Europawahl 2019 leicht gestiegen.
Die Europawahlen waren vor dem Hintergrund der Zunahme rechtspopulistischer Trends in Europa zu Schicksalswahlen erklärt worden. Es gab Stimmen, die von einem „existentiellen Kampf“ sprachen, d.h. einer Wahl zwischen Demokratie und Freiheit bzw. denjenigen politischen Kräften, die verstehen, dass wir eine stärker integrierte Europäische Union brauchen, um die Interessen der Europäer zu verteidigen auf der einen Seite und den von Ideologie Getriebenen auf der anderen Seite, die weniger Europa wollen oder es gar grundsätzlich ablehnen.
Klare Wahlsiegerin ist die Europäische Volkspartei (EVP) mit Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen und deutlichem Abstand vor der S&D-Fraktion (Sozialdemokraten und Sozialisten). Die liberale Renew- Fraktion verliert kräftig, bleibt aber drittstärkste Fraktion, herbe Verluste gab es bei den Grünen, während die Rechten und Rechtsextremen gestärkt aus dem Urnengang hervorgehen; die Grünen als bislang viertstärkste Kraft fallen hinter die rechtskonservative EKR (Europäische Konservative und Reformer) und die rechtsradikale Fraktion Identität & Demokratie (ID) zurück.
Der prognostizierte dramatische Rechtsruck ist ausgeblieben, wohl aber hat – in weiten Teilen Europas – eine Verschiebung nach rechts stattgefunden. Der politischen Mitte wird allerdings die zentrale Aufgabe zukommen, Mehrheiten zu organisieren, mit denen die großen politischen Prioritäten der EU umgesetzt werden können. Auf der nächsten Seite werfen wir zunächst einen Blick auf das gesamteuropäische Wahlergebnis sowie die voraussichtliche Sitzverteilung in der neuen Legislaturperiode. Dabei sollte betont werden, dass dies eine Momentaufnahme darstellt und sich mit der Konstituierung des Parlaments sowie der Fraktionen noch verändern kann. Im Folgenden werden dann die Wahlergebnisse aus 27 Mitgliedstaaten präsentiert. Auch dabei handelt es sich dabei um eine Momentaufnahme, wie sie für die Parteien und Fraktionen zwei Tage nach der Wahl vorlagen. Neue Parteien, die sich noch keiner europäischen Parteienfamilie angeschlossen haben, werden – ebenso wie Bündnisse zwischen Parteien aus unterschiedlichen europäischen Parteienfamilien – unter „Sonstige“ erfasst.
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