Veranstaltungsberichte
Frank Priess, stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Europäische und Internationale Zusammenarbeit, sagte bei der Begrüßung der Gäste: „Die Konrad-Adenauer-Stiftung möchte mit diesem Format den hohen Stellenwert unterstreichen, den die Ukraine für uns als Schlüsselland in Europa hat“.
Die Schriftstellerin und Rechtsanwältin Larysa Denysenko ging in ihrer Keynote auf die Probleme mit der Einhaltung von rechtlichen Prozeduren im Wahlverfahren ein. Aus ihrer Sicht habe der Missbrauch von Rechtsmitteln während der langjährigen Herrschaft des totalitären Regimes in der Ukraine dafür gesorgt, dass bis jetzt jegliche Regeln und Vorschriften als eine Druckausübung wahrgenommen werden. Diese Einstellung erschwere die Durchführung von notwendigen Kontrollmaßnahmen.
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde, Ruprecht Polenz, kritisierte auch den ukrainischen Wahlprozess: „Eine Wahlrechtsreform ist zwar keine hinreichende Bedingung dafür, dass es in der Ukraine weiter nach vorne geht, aber es ist eine notwendige“. Demokratie sei, wenn man die Ergebnisse von Wahlen nicht vorher kennt. Dabei ist der Wissenschaftler überzeugt, die Ukraine-Frage sei ein permanenter Lackmustest für die europäische Friedensordnung.
Im ersten Panel konzentrierten sich Rebecca Harms MdEP, Olha Aivazovska aus dem Civil Network „OPORA“, Vertreter der Zentralen Wahlkomission Yevhen Radchenko, stellvertretender Chefsredakteur der renommierten Zeitung „Dzerkalo Tyzhnia“ Serhiy Rakhmanin und Osteuropahistoriker Wilfried Jilge aus der DGAP auf die gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen der kommenden Wahlen 2019.
Der zweite Konferenztag wurde vom Gesandten-Botschaftsrat der Ukraine in Deutschland, Rostyslav Ogryzko, eröffnet. Er bedankte sich bei den westlichen Partnern für die anhaltende Unterstützung der Ukraine und betonte, dass sein Land auch weiterhin eine wichtige Rolle in der internationalen Sicherheitsarchitektur spiele.
Die Teilnehmer des zweiten Panels – Yaroslav Yurchyshyn, Vladyslav Zaitsev, Svitlana Matvienko, Oleksandr Solontay und Marieluise Beck – diskutierten unter der Moderation von Gabriele Baumann, der Leiterin des KAS-Auslandsbüros Ukraine, über die Rolle der Zivilgesellschaft in den kommenden Wahlkämpfen. Yaroslav Yurchyshyn (Transparency International Ukraine) schreibt den Kommunalwahlen 2020 eine besondere Bedeutung zu. Seiner Meinung nach seien die lokalen politischen Aktivitäten sichtbarer, als die überregionalen. Die Wahl der Stadträte werde entsprechend bewusster von der Bevölkerung wahrgenommen. Yurchyshyn hat dabei auf die Schwäche der ukrainischen lokalen Institutionen hingewiesen, welche eine Herausforderung für die Dezentralisierung wegen der Unkontrollierbarkeit des Ressourceneinsatzes darstellt und die Gewährleistung eines rechtmäßigen Wahlverfahrens erschwert. Er berichtete vom erfolgreichen Projekt „100 transparente Städte“, das in diesem Fall als Lösung dienen könnte. Die Initiative setze einen Wettbewerb zwischen den ukrainischen Munizipalitäten in ihrer Offenheit, Transparenz und Dialogbereitschaft sowie anschließende Weiterbildung für die Stadtbeamten voraus. Laut Yurchyshyn liege insbesondere in lokaler Politik eine große Verantwortung bei den aktiven Vertretern der ukrainischen Zivilgesellschaft. Diese seien nach der Einschätzung von Yurchyshyn in der Minderheit. Oleksandr Solontay, der Gründer der Partei Syla Ljudey, der auch am Kiewer Institut für politische Bildung tätig ist, hielt dagegen und ist der Meinung, es gäbe schon Tausende von ukrainischen Aktivisten, die einander gar nicht kennen würden. Es sei ein positives Ergebnis der zielorientierten Bildungsarbeit. Der Politiker setzt seine Hoffnung auf die neuen kompetenten Ortskräfte und erwartet mit großem Optimismus „den Neustart der ukrainischen Regierung“ auf allen Verwaltungsebenen in den kommenden zwei Jahren.
Nach der Vorstellung der Kernideen aus drei Arbeitsgruppen, die jeweils die Wahlkampfaussichten für die reformorientierten Akteure, die justizielle Aufarbeitung der Euromaidan-Ereignisse und des russisch-ukrainischen Konflikts sowie die Wachstumschancen in der östlichen Ukraine behandelt hatten, ging es im dritten Panel um die europäische Perspektive des Landes im Kontext der Europa- und Ukraine-Wahlen. Rostyslav Ogryzko und Oleksandr Sushko haben mit drei Bundestagsabgeordneten – Dirk Wiese (SPD), Renata Alt (FDP) und Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) – das Vorankommen der EU-Integration der Ukraine und ihre Rolle in der internationalen Arena besprochen.
Diese zwei Konferenztage haben womöglich keine erhebliche Wirkung auf die Krankheitssymptome des politischen Systems in der Ukraine, sie haben aber sicherlich zur Behebung von Ursachen seines ungesunden Zustands beigetragen, denn eine öffentliche Debatte und Schaffung der Plattforme für den Meinungsaustausch sind die besten Heilmittel auf dem Weg zur Demokratisierung.
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