Veranstaltungsberichte
Vom 22. - 24.10. 2017 besuchte der stellvertretende Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung, Dr. Gerhard Wahlers, den Sahel. Ziel des Dialogprogramms war Niger. Das Land zählt zu den ärmsten der Welt. Momentan sieht es sich existentiellen Bedrohungen ausgesetzt. Illegale Migration, Angriffe extremistischer Terroristen, derer letzter erst zwei Tage zurückliegt und 13 Todesopfer forderte und extreme Armut setzen die Bedingungen, unter denen die Regierung von Staatspräsident Mahamadou Issoufou den territorialen Bestand des Landes und innenpolitische Stabilität garantieren muss.
Die engen deutsch-nigrischen Beziehungen erhielten durch mehrere Besuche der Bundeskanzlerin im Zusammenhang mit der Migrations- und Flüchtlingsproblematik neue Impulse. Der Besuch der KAS - Sahelbeauftragten Julia Klöckner MdL und insgesamt drei Visiten von Mitgliedern des Deutschen Bundestages 2016 /2017 haben hier Kontinuität und gleichbleibendes Interesse der deutschen Seite an der Kooperation mit der Legislative dokumentiert. Das „Regionalprogramm Politischer Dialog in Westafrika“ focussiert sein Engagement im Niger auf die Zusammenarbeit mit den Parlamentariern und politischen Eliten der Partnerpartei MNSD sowie – vor allem in den beiden letzten Jahren – auf die Diskussion der Migrations- und Standortproblematik vor dem Hintergrund der regionalen Entwicklung.
In diesem politischen Kontext waren die Gespräche des stellvertretenden Generalsekretärs vor Ort angesiedelt. Gerhard Wahlers betonte bei seinem Gedankenaustausch mit dem Parlamentspräsidenten Ousseini Tinni die zentrale Rolle des Parlamentes in der Demokratie. Von diesem auf die aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland angesprochen, erläuterte er die Strategie der CDU im vergangenen Wahlkampf und die gegenwärtigen Koalitionsverhandlungen. Hinsichtlich einer Intensivierung der Parlamentszusammenarbeit verwies der Parlamentspräsident auf eine verstärkte Ausbildung der Deputierten mit dem Ziel einer Professionalisierung ihrer Tätigkeit.
Niger investiert im Rahmen des Aktionsplans von La Valetta selbst 500 Mio FCFA (ca. 750 000 €) in den Kampf gegen die illegale Migration. Die Problematik ist für das Land nicht neu. Immer schon war der Niger als strategisches Transitland auf der Mittelmeerroute mit dem Phänomen Migration vertraut. Mit der steigenden Bedeutung der illegalen Migrationsproblematik seit 2015 haben internationale Akteure im Land neue Strategien entwickelt. Dazu gehört die zivile Mission von EU Cap Sahel, die momentan ein Mandat bis zum 15. Juli 2018 hat. Die Mission arbeitet an der Unterstützung zentraler und lokaler Behörden des Landes sowie der Sicherheitskräfte, Strategien, Techniken und Verfahren zur besseren Kontrolle und Bekämpfung der irregulären Migration. Diese Präsenz ist entscheidend für die Unterstützung der Regierung bei Grenz- und Migrationsmanagement sowie bei der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität. Olivier Neola, stellvertretender Missionschef von EUCAP Sahel, verwies in seinem Austausch mit Gerhard Wahlers auf die seit Neuestem angestrebte Regionalisierung ihrer Arbeit, die auch eine Vernetzung mit der G5-Initiative vorsieht. Letztendlich ergäben sich dadurch auch Möglichkeiten zur Kooperation mit dem Militär der Region. Beide waren sich darin einig, dass angesichts vieler teilweise überhöhter Erwartungen seitens der politischen Akteure eine sorgfältiges Management nötig sei.
Die IOM ( International Organisation for Migration ) hat zwei Centren im Niger (Niamey und Agadez). Das Aufnahmecentrum für freiwillige Migranten hilft bei den Formalitäten und leistet Begleitung bei der Rückkehr in die Heimatländer, Migrationswillige werden auf die Reise vorbereitet. Weiterhin überwacht IOM die Zahl der Migranten an verschiedenen Punkten im Land. Die Transitcentren im Niger haben von 2015 bis 2016 12.000 Menschen unterstützt. In den letzten Monaten ist ein Rückgang der Migranten zu beobachten. Die 5000 bis 7000 Migranten, die früher wöchentlich kamen, sind auf die gleiche Zahl, diesmal jedoch in einem Monat, gesunken. Giuseppe Loprete, Chef der IOM-Mission, erläuterte die diversen Ansätze zur Reintegration der zurückkehrenden Migranten. Wesentlich für das Gelingen aller Maßnahmen sei die sorgfältige Abstimmung und Koordinierung mit anderen Akteuren wie dem UNHCR.
Seit mehreren Jahren hat das Regionalprogramm PDWA im Niger die Dialogform des Dîner débat etabliert. Hier diskutieren Vertreter aller im Parlament vertretenen Parteien ohne Öffentlichkeit aktuelle und grundsätzliche Fragen der nationalen Politik. Zentral waren beim Gedankenaustausch mit Gerhard Wahlers Fragen der nationalen Sicherheit, der demographischen Entwicklung und der internationalen Militärkooperation vor Ort. Niger als Avantgarde im Kampf gegen den globalen Terrorismus leide besonders unter der Asymmetrie des gegenwärtigen Krieges im Sahel, so die Parlamentarier. Wahlers stellte in der mit großer Offenheit geführten Diskussion die gemeinsame Verantwortung Europas und Afrikas bei der Bewältigung aktueller Probleme heraus. Er dankte den Deputierten für eine ansonsten selten gewährte Chance: ihre spezielle Sicht auf Herausforderungen wie Demographie und wirtschaftliche Entwicklung sei deutlich geworden. Dass besondere kulturelle und strukturelle Bedingungen den Sahel auszeichneten, die auch den Rahmen für anstehende Veränderungsprozesse setzten, habe er durch sie bereits bei seinem ersten Besuch in der Region erfahren.
Über diese Reihe
Die Konrad-Adenauer-Stiftung, ihre Bildungsforen und Auslandsbüros bieten jährlich mehrere tausend Veranstaltungen zu wechselnden Themen an. Über ausgewählte Konferenzen, Events, Symposien etc. berichten wir aktuell und exklusiv für Sie unter www.kas.de. Hier finden Sie neben einer inhaltlichen Zusammenfassung auch Zusatzmaterialien wie Bilder, Redemanuskripte, Videos oder Audiomitschnitte.