Da das Land selten im Fokus steht, veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung zusammen mit dem Gulf Research Center eine Konferenz in Berlin. „Wir wollen auf die humanitäre Katastrophe hinweisen, den Konflikt erklären und die Chancen des Jemen aufzeigen“, sagte Dr. Gerhard Wahlers, stellvertretender Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung zu Beginn der Tagung.
Im Bürgerkrieg 2014 eroberten die vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen die Hauptstadt Sanaa und trieben Präsident Hadi außer Landes. Seit 2015 versucht eine von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition, die Houthis zu entmachten und Hadi wiedereinzusetzen. Seit Beginn dieser Offensive wurden nach Zählungen des Uno-Menschenrechtsrats mehr als 5.100 Zivilisten getötet, darunter etwa 1.200 Kinder. Mehr als drei Millionen Menschen wurden aus ihren Gebieten vertrieben. Ein großer Teil der Toten und Verletzten geht nach Berichten von Menschenrechtsorganisationen auf Luftangriffe der Militärkoalition zurück, welche die Rebellen bekämpfen sollen. Zugleich behindern die Houthis die humanitäre Versorgung der Bevölkerung in den von ihnen besetzten Gebieten. „Es muss ein neuer Dialog mit den Revolutionären angeregt werden“, forderte Dr. Rashad Alalimi, ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident im Jemen. Der Ball liege nun im Feld der Revolutionäre in der von ihnen besetzten Hauptstadt Sanaa.
Michael Ohnmacht, Leiter des Referats Mittlerer Osten des Auswärtigen Amtes, sicherte der jemenitischen Bevölkerung die Unterstützung Deutschlands zu und sprach sich für einen umgehenden Waffenstillstand aus. Mit medizinischer Unterstützung und der Vermittlungs- und Aufbauarbeit verschiedener Organisationen solle geholfen werden. „Am Ende brauchen wir eine politische Lösung“, betonte Ohnmacht. Er begrüßte die Bemühungen der Vereinten Nationen, in dem Konflikt zu vermitteln. Ohnmacht sieht hingegen das Interesse und die Unterstützung des Irans an den Houthi-Rebellen kritisch. Dr. Abdulaziz Sager, Vorsitzender des Gulf Research Centers, bedankte sich für die Unterstützung und die besondere Verbindung zu Deutschland.
Im März 2015 griff eine von Saudi-Arabien geführte Koalition auf Seiten der international anerkannten Hadi-Regierung militärisch in den Bürgerkrieg ein (Operation „Decisive Storm“, später „Restoring Hope“). Daran beteiligten sich Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Kuwait, Jordanien, Marokko, Senegal und den Sudan. Großbritannien und die USA leisteten Unterstützung. Einige Gebiete konnten mit der neu gegründeten Allianz zurückerobert werden, doch weite Teile des Nordens, einschließlich der Hauptstadt Sanaa, sind immer noch unter Kontrolle der Houthis und ihrer Verbündeten.
Ebenso kontrolliert al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel einige Teile des südlichen Jemen, einschließlich der Gebiete der Provinzen Shabwa und Hadhramaut. Anfang dieses Sommers hat eine Regierungsoffensive in Shabwa mit Hilfe der Vereinigten Arabischen Emirate und amerikanischen Streitkräften versucht, die Militanten auszutreiben. Doch weiterhin ist die Region instabil. Dr. Mustafa Alani, Programmdirektor für Sicherheits- und Verteidigungsstrategien des Gulf Research Centers, forderte bei der Konferenz ebenfalls eine Lösung auf politischer Ebene. Zugleich verteidigte er das militärische saudische Eingreifen im Nachbarstaat, da dieser von einer feindlichen Miliz übernommen zu werden drohte. „Terrorismus, Schmuggel und illegale Einwanderung sind weitere Herausforderungen“, sagte Alani. Er warnte davor, die Grenzen aus dem Blickfeld zu verlieren. Denn sie seien eine Schwachstelle des Landes. Hier sei eine Strategie von Nöten.
Das jemenitische Volk ist von den Folgen des Bürgerkriegs gezeichnet. Der Botschafter von Jemen, Dr. Yahia Mohammed Abdullah Al-Shaibi, machte auf die humanitäre Not im Süden der arabischen Halbinsel aufmerksam. Der Jemen ist abgeriegelt, Hilfsgüter gelangen schwerlich ins Land. 49 Prozent der Wasserversorgung ist in vielen Städten zerstört. Dies sind alles Faktoren, die den Ausbruch der Cholera gefördert haben. Laut Unicef leiden 2,2 Millionen Kinder an Mangelernährung. Ohne ein Ende des Krieges wird die humanitäre Lage jedoch nicht durchgreifend verbessert werden können. Letztlich braucht der Jemen dann neben einer politischen Einigung der internen und regionalen Akteure auch ein Entwicklungsprogramm, welches das Land sozial und ökonomisch wieder stabilisiert.
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