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Die Gründung der CDU in den westlichen Besatzungszonen
Von den Anfängen bis zur Gründung der Bundespartei 1950
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Überall in Deutschland bildeten sich schon wenige Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs unabhängig voneinander christlich-demokratische Parteigruppierungen. Solche „Gründungskerne“ gab es u.a. in Berlin, Köln, Hamburg, Frankfurt, Hannover, Trier, Stuttgart, Würzburg und Kiel. Auch wenn der Name der neuen Partei in den einzelnen Städten unterschiedlich war, z.B. Christlich-Demokratische Partei, Christlich-Soziale Volkspartei oder Christlich-Demokratische Union, wollte man überall eine überkonfessionelle, schichtenübergreifende, demokratische Volkspartei auf der Grundlage christlicher Werte gründen. Die regionalen Gründungsgruppen waren in ihren programmatischen Vorstellungen zunächst unterschiedlich. Unter dem Einfluss des Berliner Gründungsaufrufes (26. Juni 1945) und der Kölner Leitsätze (1. Juli 1945) glichen sich die programmatischen Vorstellungen aber immer mehr an.
Nachdem die Besatzungsmächte im Herbst 1945 – in der französischen Zone etwas später – die Bildung von Parteien auf Zonenebene genehmigt hatten, nahmen die einzelnen Gründungsgruppen Kontakt zueinander auf und schlossen sich zusammen. Bereits am 2. September 1945 wurde die Christlich-Demokratische Partei im Rheinland und in Westfalen gegründet. In Hamburg fand die Gründung des Landesverbandes am 1. Oktober statt. In der Provinz Hannover gründete sich die Christlich-Demokratische Partei am 18. November 1945. Die neue Partei konnte überall dort besonders schnell Fuß fassen, wo das Zentrum in der Weimarer Republik Hochburgen gehabt hatte.
Reichstreffen in Bad Godesberg im Dezember 1945
Der Versuch, die CDU-Verbände aus den einzelnen Besatzungszonen zu einem Reichsverband zusammenzuschließen, scheiterte auf dem Bad Godesberger Reichstreffen vom 14.-16. Dezember 1945. Zum einen nahm die bayerische CSU nicht teil und zum anderen waren der Berliner CDU und den Vertretern aus der französischen Zone die Teilnahme verboten worden. Allerdings einigten sich die Teilnehmer auf den Namen „Christlich-Demokratische Union Deutschlands“. Nur in Bayern hielt die stark föderalistisch ausgerichtete CSU an ihrem Namen fest – auch um sich gegenüber der 1946 gegründeten Bayernpartei zu profilieren.
Der zunehmende Antagonismus zwischen der UdSSR und den Westmächten verhinderte, dass die Vorsitzenden der der CDU in Berlin Andreas Hermes und Jakob Kaiser ihren Führungsanspruch gegenüber den anderen Landesverbänden durchsetzen konnten.
In der britischen Besatzungszone schlossen sich die einzelnen Landesverbände Anfang 1946 zur CDU in der britischen Zone zusammen. Zum Vorsitzenden wurde Konrad Adenauer gewählt. Unter seiner Führung zeichnete sich der Zonenverband durch eine effektive Organisation, zahlreiche Mitglieder und eine einheitliche politische Linie aus. Die von der CDU in der britischen Zone vorgelegten Programme von Neheim-Hüsten (1946) und Ahlen (1947) hatten großen Einfluss auf die programmatische Entwicklung der gesamten CDU. Weil es in der amerikanischen und der französischen Zone keine Parteiorganisation auf Zonenebene gab, entwickelte sich die CDU der britischen Zone nach und nach zur Keimzelle der Bundes-CDU.
Wahlerfolge in den Ländern
Als Klammer zwischen den einzelnen Landesverbänden wurde im Februar 1947 die Arbeitsgemeinschaft der CDU und CSU mit Sitz in Frankfurt gegründet. Den Vorsitz übernahm Adenauer. An den Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft nahmen bis 1948 auch noch Vertreter der CDU aus der Sowjetischen Besatzungszone teil. Die Verschärfung des Ost-West-Konfliktes und der zunehmende Druck, den die Kommunisten ausübten, machte jedoch eine Zusammenarbeit zwischen der CDU in der SBZ und in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands zunehmend unmöglich.
Bei den Landtagswahlen 1946/47 in den westlichen Besatzungszonen etablierte sich die CDU neben der SPD überall als stärkste Kraft. In einigen der neugebildeten Länder konnte sie sogar den Regierungschef stellen, z.B. mit Peter Altmeier in Rheinland-Pfalz, mit Leo Wohleb in Baden und mit Karl Arnold in Nordrhein-Westfalen. Damit war die CDU vor die Aufgabe gestellt, ihre programmatischen Vorstellungen in die Praxis zu übertragen.
Vor allem durch die Bildung des Wirtschaftsrates in Frankfurt am Main am 25. Juni 1947 waren die Vertreter der CDU zu gemeinsamem politischem Handeln gezwungen. Im Wirtschaftsrat setzten CDU und CSU gemeinsam mit der FDP und der niedersächsischen DP ab 1948 ihre marktwirtschaftlichen Vorstellungen gegen die planwirtschaftlichen Ideen der SPD durch. Die vom Direktor für Wirtschaft, Ludwig Erhard, ab 1948 propagierte Soziale Marktwirtschaft, sollte schnell zum Markenkern von CDU und CSU werden.
Beteiligung an der Erarbeitung des Grundgesetzes
Ein weiteres zonenübergreifendes Gremium war der ab dem 1. September 1948 in Bonn tagende Parlamentarische Rat mit seinem Präsidenten Konrad Adenauer. Bei den Beratungen über das Grundgesetz konnten sich die 27 Abgeordneten von CDU und CSU aber häufig nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Insbesondere die Stellung der Länder, die Finanzverwaltung und das Elternrecht waren umstritten. Doch um zu vernünftigen Lösungen zu kommen und den verfassungslosen Zustand zu beenden, suchten sie mit SPD und FDP nach Kompromissen und waren bereit, zugunsten der Sache die eigenen Vorstellungen zurückzustellen.
Die parteipolitischen Auseinandersetzungen im Parlamentarischen Rat gingen nach der Verabschiedung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 nahtlos über in den Wahlkampf für die 1. Bundestagswahl 1949. Mit den Düsseldorfer Leitsätzen vom 15. Juli 1949 setzte die Union dabei ganz auf das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft und sprach sich gegen die Vorstellungen der SPD von Planung und Lenkung der Wirtschaft aus. Die von Erhard verkörperte Marktwirtschaft trug entscheidend zum Wahlerfolg der Union bei. Die Organisation des Wahlkampfes lag bei der Arbeitsgemeinschaft der CDU und CSU in Frankfurt, die jedoch stark auf die Mithilfe der Landesverbände angewiesen war.
Erfolg bei der ersten Bundestagswahl
Die erste Bundestagswahl am 14. August 1949 konnte die Union knapp für sich entscheiden: Für CDU und CSU entschieden sich 31% der Wähler, für die SPD 29,2%. Die FDP erreichte 11,9%, die DP 4% und die Bayernpartei 4,2%. In den Tagen nach der Wahl gelang es Adenauer, die Union auf eine bürgerliche Koalition mit FDP und DP festzulegen. Der frühere Oberbürgermeister von Köln war durch seine Rolle als Präsident des Parlamentarischen Rates und Vorsitzender der CDU in der britischen Zone mittlerweile zur zentralen Persönlichkeit der CDU geworden. Die Fürsprecher einer Großen Koalition mit der SPD innerhalb der Union, wie Karl Arnold und Jakob Kaiser, wurden von ihm ausgebootet. Außerdem brachte sich Adenauer erfolgreich als Kandidat für das Amt des Bundeskanzlers ins Spiel. Bundespräsident sollte Theodor Heuss von der FDP werden. Mit der Wahl von Konrad Adenauer zum 1. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland durch den Deutschen Bundestag am 14. September 1949 begann die „Ära Adenauer“ und die bis 1969 andauernde Regierungsverantwortung der Union.
Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland und die Übernahme der Regierungsverantwortung auf Bundesebene durch die CDU beschleunigte den Prozess des Zusammenwachsens der Partei. Außerdem hatte der Wahlkampf 1949 die Mängel in der Organisation der CDU deutlich gemacht. Im Mai 1950 beschlossen daher die Landesvorsitzenden die Gründung der Bundespartei. Auf dem 1. Bundesparteitag der CDU im Oktober 1950 in Goslar wurde Konrad Adenauer zum Vorsitzenden der CDU Deutschlands gewählt und das Statut verabschiedet. Damit kam die Gründungsphase der Partei zum Abschluss.
Andreas Grau
Literatur:
- Günter Buchstab: Historischer Überblick 1945–1949, in: Lexikon der Christlichen Demokratie in Deutschland, Paderborn/München/Wien 2002, S. 53–64.
- Winfried Becker: CDU und CSU 1945–1950, Mainz 1987.
- Hans-Otto Kleinmann: Geschichte der CDU, Stuttgart 1993.
- Frank Bösch: Die Adenauer-CDU. Gründung, Aufstieg und Krise einer Erfolgspartei 1945–1969, Stuttgart/München 2001.
- Andreas Grau: Goslar 1950. Vorbereitung, Konzeption und Ablauf des ersten Bundesparteitages der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands, in: Historisch-Politische Mitteilungen 18/2011, S. 49–86.