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Bonn wird Sitz des Parlamentarischen Rates

von Christine Brunzel
Mit der Wahl Bonns als Sitz des Parlamentarischen Rates wurde bereits eine Vorentscheidung in der Frage der zukünftigen Hauptstadt der Bundesrepublik getroffen.

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Auf dem Weg zur Rückkehr Deutschlands in die Staatengemeinschaft war kaum ein Schritt so bedeutend wie die Gründung des Parlamentarischen Rates. Die Einberufung dieses Gremiums am 1. September 1948, gleichsam als Konvent, der das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschlands zu beraten und zu verabschieden hatte, leitete den letzten Schritt im Prozess zur politischen Einheit der westdeutschen Besatzungszonen nach dem Zweiten Weltkrieg und damit zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland ein. Mit der Wahl Bonns als Sitz des Parlamentarischen Rates wurde zudem bereits eine Vorentscheidung in der Frage der zukünftigen Hauptstadt der Bundesrepublik getroffen.

 

Deutschlandpolitik der Westalliierten

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs übernahmen die von den Besatzungsmächten eingesetzten Militärregierungen Frankreichs, Großbritanniens, der Sowjetunion und der USA die politische Verwaltung Deutschlands und setzten einen Prozess der Wiederherstellung des politischen Lebens in Gang. In den westlichen Besatzungszonen wurden Länder eingerichtet, Ministerpräsidenten ernannt und nach und nach Parteien zugelassen, die sich ab 1948 auch über Zonengrenzen zusammenschlossen. Auf Länderebene bestanden bereits Verfassungen, so dass 1947 erste Landtagswahlen stattfanden.

Das Ziel der westlichen Alliierten war es, möglichst schnell die politische Selbstverwaltung der Deutschen wiederherzustellen. Da sich jedoch die Beziehung zwischen der sowjetischen Militärregierung und den Westalliierten dramatisch verschlechterte, drängten die Amerikaner und Briten auf der Londoner Sechsmächtekonferenz (23. Februar bis 2. Juni 1948) darauf, eine provisorische westdeutsche Regierung zu installieren. Die auf der Konferenz getroffenen Vereinbarungen vom 2. Juni 1948, die „Londoner Empfehlungen“, enthielten den Auftrag, eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen zur Vorbereitung der Errichtung eines Staates auf dem Gebiet der westlichen Besatzungszonen und die Einbindung in ein europäisch-, atlantisches Staatensystem.

Die Ergebnisse wurden den Ministerpräsidenten der elf Länder der westlichen Besatzungszonen, mit nachträglichen Anpassungen, am 1. Juli 1948 offiziell in Frankfurt am Main vorgelegt. Diese sogenannten Frankfurter Dokumente waren der Gründungsaufruf für einen west-deutschen Nachkriegsstaat und berechtigten die Ministerpräsidenten, bis zum 1. September 1948 eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, um in Deutschland eine föderalistische Regierung zu bilden. Da seitens der Ministerpräsidenten Einwände gegen den Begriff Nationalversammlung bestanden, so lange es ein geteiltes Deutschland gab, einigte man sich auf die Bezeichnung Parlamentarischer Rat. Offen blieb, in welcher Stadt der Parlamentarische Rat zukünftig seinen Sitz haben sollte. Den Suchauftrag gab man in die Hände des hessischen Ministerpräsidenten Christian Stock (SPD).

 

Die Suche nach einem geeigneten Sitz für den Parlamentarischen Rat

Anfangs lag es nahe, Frankfurt am Main zu wählen. Zum einen, da hier in der Paulskirche bekanntlich die erste deutsche Nationalversammlung 1848/49 zusammengekommen war. Zum anderen befand sich hier der Sitz des Wirtschaftsrats der Bizone, also des Vereinigten Wirtschaftsgebiets der britischen und US-amerikanischen Besatzungszone. Allerdings verfügte die Stadt nur über wenige Unterbringungsmöglichkeiten. Die erste formelle Bewerbung ging allerdings Anfang Juli 1948 über den Ministerpräsidenten Nordwürttemberg-Nordbadens, Reinhold Maier (FDP), für Karlsruhe ein. Peter Altmeier, rheinland-pfälzischer Ministerpräsident, schlug wiederum Koblenz vor, wohl vor allem aus dem Grund, Mainz als zukünftige Hauptstadt zu verhindern. Die Stadt Celle wurde vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf (SPD) in das Bewerberfeld eingebracht.

Der nordrhein-westfälische Innenminister Walter Menzel regte hingegen an, den Sitz des Rates nach Bonn zu holen, da hier die günstigeren Voraussetzungen vorherrschten, nachdem Köln und Düsseldorf aufgrund der erheblichen Kriegszerstörungen als wenig geeignet erschienen. Unterstützung erhielt er von Hermann Wandersleb, dem Leiter der Düsseldorfer Landeskanzlei. Begründet wurde dies mit der historischen und kulturellen Bedeutung der Stadt, vor allem aber mit ihrer demokratischen Tradition. Außerdem hatte Bonn weniger im Krieg gelitten als andere Städte und bot deshalb ausreichende Unterkunftsmöglichkeiten und weitere Einrichtungen, wie etwa eine arbeitsfähige Universitätsbibliothek, die den Mitgliedern des Parlamentarischen Rates als Infrastruktur zur Verfügung standen. Auch Konrad Adenauer, der Vorsitzende der CDU in der britischen Besatzungszone und Vorsitzender der christlich-demokratischen Fraktion im Landtag, sprach sich, nachdem er zunächst einen Ort in der französischen Besatzungszone vorgeschlagen hatte, schließlich für Bonn aus, da er hier eine stärkere Verbindung zwischen dem Rheinland und Deutschlands westlichen Nachbarn sah. Außerdem kam ihm dies aus praktischen Gründen entgegen, denn Bonn lag nahe an seinem Wohnsitz Rhöndorf.

Anfang August 1948 sah es dennoch so aus, als ob die Wahl auf Frankfurt am Main fallen würde. Herman Wandersleb gelang es jedoch, nicht zuletzt dank der Hilfe Peter Altmeiers, Stock zu überzeugen, vor einer endgültigen Entscheidung, Bonn als Sitz des Parlamentarischen Rates zumindest in Betracht zu ziehen. Wandersleb hatte folglich großen Anteil daran, dass die Wahl letztlich doch auf Bonn fiel.

Die Wahl Bonns wurde auch in Hinblick auf die zukünftige Hauptstadtfrage getroffen. Hierbei spielte Konrad Adenauer, anders als bei der Wahl um den Sitz des Parlamentarischen Rates, eine aktive Rolle. Zusammen mit Wandersleb warb er frühzeitig für Bonn als Hauptstadt der Bundesrepublik und betonte in der Öffentlichkeit und in privaten Gesprächen immer wieder, dass die Hauptstadt eines deutschen Kernstaates aufgrund der dort bestehenden europäischen Traditionen an den Rhein gehöre. Berlin als frühere Hauptstadt schied aufgrund ihrer Lage in der sowjetischen Besatzungszone und ihrer Aufteilung in vier Sektoren aus. Wäre die Entscheidung für Frankfurt gefallen, dass mit seiner bedeutungsvollen Geschichte zunächst geeigneter erschien, hätte das womöglich bedeutet, auf Berlin als zukünftige Hauptstadt eines vereinigten deutschen Nationalstaates zu verzichten. So, wie die Schaffung eines westdeutschen Staates als Provisorium konzipiert war, sollte auch die Entscheidung für Bonn, als Sitz des Parlamentarischen Rates und später als Hauptstadt der Bundesrepublik im geteilten Deutschland nur vorläufig sein.

 

Entscheidung für Bonn

Anfang August 1948 drängten die Besatzungsmächte aufgrund noch zu treffender organisatorischer Maßnahmen und der nahenden Eröffnungssitzung am 1. September 1948 auf eine rasche Entscheidung über den Tagungsort. Nachdem bereits am 12. August 1948 bei einem Treffen zwischen Alliierten und den Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder die Vorentscheidung auf Bonn fiel, kam es einen Tag später, am 13. August 1948 zu einer offiziellen Abstimmung per Telefon. Abgesehen von Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern, die für Karlsruhe sowie Niedersachsen, das für Celle stimmte, fiel die Wahl mit einer sehr klaren Mehrheit auf Bonn. Am 17. August stand schließlich mit der Pädagogischen Akademie am Rheinufer auch der Tagungsort fest. Diese wurde eilig noch in ein Parlamentsgebäude umgerüstet. Gleichzeitig gelang es, die erforderlichen Bau-, Einrichtungs- und Straßenarbeiten in Bonn rechtzeitig abzuschließen. Am 1. September 1948 fand die Eröffnungssitzung des Parlamentarischen Rates statt. Zum Präsidenten wurde Konrad Adenauer gewählt.

 

Literatur:

  • Benz, Wolfgang: Die Gründung der Bundesrepublik. Von der Bizone zum souveränen Staat. 5., überarb. u. erw. Aufl. München 1999.
  • Buchstab, Günther/Kleinmann, Hans-Otto (Hg.): In Verantwortung vor Gott und den Men-schen. Christliche Demokraten im Parlamentarischen Rat 1948/49. Hrsg. im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Freiburg/Breisgau 2008.
  • Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hg.): Vierzig Jahre Bundeshauptstadt Bonn 1949-1989. Karlsruhe 1989.
  • Görtemaker, Manfred: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von der Gründung bis zur Gegenwart. München 1999.
  • Höroldt, Dietrich/Rey, Manfred (Hg.): Geschichte der Stadt Bonn. Band 4: Von einer Französischen Bezirksstadt zur Bundeshauptstadt 1794-1989. Bonn 1989.

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Christine Brunzel

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