Die christlich-demokratisch-sozial geprägten Parteigruppierungen, die im Sommer 1945 in Berlin, Köln, Frankfurt, München und an vielen anderen Orten Deutschlands unabhängig voneinander entstanden waren, stimmten in den Leitlinien – Zusammenarbeit der Christen beider Konfessionen in einer Partei, christliche Wertvorstellungen als Grundlage des politischen Handelns, Überwindung der Parteienzersplitterung – überein. Aber die Zulassung dieser neuen Parteien war abhängig von der Lizenzierung durch die vier Besatzungsmächte, eine zonenübergreifende Parteiorganisation kam zunächst nicht zustande.
Auf dem „Godesberger Reichstreffen“ im Dezember 1945 einigten sich die anwesenden Vertreter auf den Namen „Christlich-Demokratische Union“ und die Einsetzung eines Zonenverbindungsausschusses. Die Landesgeschäftsführer berieten in diesem Ausschuss über die Vorbereitung des zweiten „Reichstreffens“, das Parteiprogramm und Organisationsfragen. Konrad Adenauer, Vorsitzender der CDU in der britischen Zone, bestritt die Legitimität dieses Gremiums und nahm im Frühjahr 1946 direkten Kontakt zu den Landesvorsitzenden auf, um die Zulassung der CDU auf überzonaler Ebene – man sprach damals noch von „Reichsebene“ – zu forcieren. Aufgrund vielfältiger Schwierigkeiten gelang es den Landesvorsitzenden jedoch nicht, sich auf einen einheitlichen Namen, ein Programm oder einen Vorsitzenden zu einigen. Deshalb beschlossen sie am 28./29. August 1946 in Königstein als Minimalkonsens die Zusammenarbeit in einer „Arbeitsgemeinschaft der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union Deutschlands“.
Der gesamtdeutsche Zusammenschluss wurde erschwert durch die Vorrangstellung, die die Berliner CDU beanspruchte, den vergeblichen Versuch, die wiedererstandene Zentrumspartei zu integrieren, die auf ihrer Eigenständigkeit beharrende CSU, aber auch die ablehnende Haltung der französischen Besatzungsmacht sowie die fortschreitende Sowjetisierung in der Ostzone und nicht zuletzt durch persönliche Rivalitäten. Auch unterschiedliche programmatische Richtungen waren virulent: „sozialistisch und radikal in Berlin, klerikal und konservativ in Köln, kapitalistisch und reaktionär in Hamburg, und gegenrevolutionär und partikularistisch in München“.
Die Tagung am 5./6. Februar 1947 in Königstein mit 41 Vertretern der CDU und CSU aus allen Besatzungszonen gilt als Gründungsdatum der Arbeitsgemeinschaft. Laut Geschäftsordnung bestand die Arbeitsgemeinschaft aus dem neunköpfigen Vorstand (zwei Vertreter je Zone und einer für Berlin) und dem Plenum mit 21 Delegierten (fünf je Zone und einer für Berlin). Der im Februar 1947 gewählte vorläufige Vorstand amtierte de jure bis 1950 (Konrad Adenauer, Friedrich Holzapfel, Hugo Hickmann, Jakob Kaiser, Erich Köhler, Ernst Lemmer, Josef Müller, Ulrich Steiner, Peter Altmeier).
Das Sekretariat der Arbeitsgemeinschaft in Frankfurt unter Leitung von Generalsekretär Bruno Dörpinghaus war die einzige zentrale Organisation der Unionsparteien. Es war zuständig für die Vorbereitung der Sitzungen, den Informationsaustausch zwischen den Parteigremien auf Zonen- und Länderebene sowie den Unions-Fraktionen im Wirtschaftsrat und im Parlamentarischem Rat und erste Kontakte zu christlichen Parteien im Ausland. Ab Juni 1947 gab es einen Pressedienst, den „Union Dienst“, seit 1948 „Deutschland-Union-Dienst“ (DUD) genannt, heraus. An der Organisation des Bundestagswahlkampfes 1949 hatte das Sekretariat, das „gemeinsame Dach“ für 16 Landesverbände und 581 Kreisverbände (1949), maßgeblichen Anteil. Die Finanzierung der „provisorischen Zentrale“ sollte durch Umlagen auf die Landesverbände, Abonnements des DUD und Spenden erfolgen.
Bei den Tagungen von Vorstand und Plenum der Arbeitsgemeinschaft 1947/48 standen die Beratungen über die deutsche Einheit und die gesamtdeutsche Union im Vordergrund, ferner aktuelle Probleme wie Entnazifizierung, Versorgungslage, Verfassung, gesamtdeutsche Repräsentation. Wegen der Repressionen der sowjetischen Besatzungsmacht gegen die CDU, die Ende 1947 zur Absetzung von J. Kaiser und E. Lemmer und schließlich zur Gleichschaltung der CDU in der SBZ führten, kam es im Herbst 1948 zum formellen Abbruch der Zusammenarbeit der Arbeitsgemeinschaft mit der Ost-CDU.
Mit der Übergabe der Londoner Dokumente verlagerte sich das politische Gewicht auf die Vorsitzenden der westdeutschen Landesverbände, die fortan die inhaltlichen Weichenstellungen für die CDU/CSU trafen in Bezug auf den Parlamentarischen Rat, das Grundgesetz, die Bundestagswahl und die Gründung der Bundespartei. Adenauer galt aufgrund seiner politischen Erfahrung und persönlichen Autorität bereits 1948 als „CDU-Vorsitzender“ und wurde von den Landesvorsitzenden, den Hauptträgern der Parteiorganisation, als Verhandlungsführer der CDU mit den Alliierten bestimmt.
Erst nach Gründung der Bundesrepublik und dem Erfolg bei der Bundestagswahl 1949 wurde Bundeskanzler Adenauer im Mai 1950 von den Landesvorsitzenden der CDU zum vorläufigen Vorsitzenden gewählt. Die offizielle Gründung der CDU-Bundespartei und damit die Ablösung der „Arbeitsgemeinschaft“ erfolgte auf dem 1. Parteitag in Goslar am 20./21. Oktober 1950 mit der Unterzeichnung des Statuts durch die Landesvorsitzenden und der Wahl des Parteivorstandes: Zum Vorsitzenden wurde Bundeskanzler Konrad Adenauer gewählt, als Stellvertreter Friedrich Holzapfel und Jakob Kaiser. Die bayerische CSU blieb eigenständige Partei.
In der Literatur wird die Arbeitsgemeinschaft als „lose Verbindung selbständiger Organisationen ohne einheitliche Leitung und … einheitliche Willensbildung“ (Gurland), als ineffektives Führungsorgan ohne Entscheidungskompetenz, das auf aktuelle Ereignisse nicht rasch genug reagieren konnte (Heidenheimer) oder als „Parteiersatz der Uneinigen“ (Müchler) charakterisiert. Der Grund für Adenauers Zögern, eine einheitliche Parteiorganisation zu schaffen, habe darin gelegen, dass die rivalisierenden Landesvorsitzenden, vor allem Werner Hilpert, Jakob Kaiser und Josef Müller, zu schwach waren, um ihren Führungsanspruch durchzusetzen, aber als Konkurrenten stark genug, um Adenauers Wahl auf einem Parteitag zu verhindern (Heidenheimer). Adenauer habe die Konsolidierung der Partei blockiert, nicht nur um seinen Anspruch auf den Parteivorsitz zu festigen, sondern auch um den notwendigen personellen und programmatischen Ausgleich zwischen katholischen und protestantischen Gründerzirkeln, zwischen der föderalen und der zentralistischen Richtung zu schaffen (Bösch).
Literatur:
- Die Unionsparteien 1946–1950. Protokolle der Arbeitsgemeinschaft der CDU/CSU Deutschlands und der Konferenz der Landesvorsitzenden, bearb. von Brigitte KAFF (Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte, 17), Düsseldorf 1991;
- Adenauer, Briefe (Rhöndorfer Ausgabe), bearb. v. Hans Peter MENSING, Bd. 1/2: 1945–1949, 1983f.; *Frank BÖSCH, Die Adenauer-CDU. Gründung, Aufstieg und Krise einer Erfolgspartei, 1945–1969, Stuttgart 2001;
- Hans-Otto KLEINMANN, Geschichte der CDU 1945–1982, Stuttgart 1993.